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SocialAI im Test: Mit KI-Bots zum eigenen sozialen Netzwerk

Auf SocialAI ist viel los - dank Künstlicher Intelligenz.

Die Theorie des toten Internets hat in den letzten Jahren deutlich an Fahrt aufgenommen. Die These, dass der Großteil der Interaktionen im Internet mit und zwischen Bots stattfindet, hat vor allem durch Künstliche Intelligenz neue Anhängerinnen und Anhänger gefunden. Ob Twitter, Reddit oder Facebook, Bot-Accounts sind überall vorzufinden und oft auch ein Problem. Die neu erschienene App SocialAI verfolgt hier einen anderen Ansatz. Sie beherbergt nämlich nur Bots und möchte uns damit helfen.

Ein Spiegel der antwortet

SocialAI wurde vom US-Amerikaner Michael Sayman entwickelt. Mit Stationen bei Facebook, Instagram, Google und zuletzt auch Twitter bringt er einige Erfahrungen im Bereich Social Media mit. Mit den genannten Plattformen lässt sich die App aber trotzdem nur oberflächlich vergleichen. SocialAI soll keine App zum Austausch mit Menschen sein. Stattdessen soll sie eher als Spiegel dienen, mit dem wir reden, der aber in diesem Fall auch zurück redet. Reflexion und Anreize zum Nachdenken waren laut Entwickler die treibende Idee hinter der App, die dank des Fortschritts bei Künstlichen Intelligenzen nun in die Wirklichkeit umgesetzt werden konnte.

Zuerst gilt es unser Follower-Typen auszuwählen.

Hater auf Knopdruck

Um mit Social AI durchzustarten, braucht es zuallererst die App. Mickrige 25 Megabyte sind notwendig, um die momentan nur für iOS verfügbare Anwendung herunterzuladen. Starten wir SocialAI zum ersten Mal, braucht es einen Account. Dieser lässt sich lediglich über das Single-Sign-On von Apple registrieren, mehr als zwei Klicks braucht es zum Anmelden also nicht.

Nach der Registrierung kommen wir zu einem kurzen Onboarding. Hier wählen wir aus, welche Art von Follower wir wünschen. Standardmäßig gibt es hier zehn Typen bzw. Persönlichkeiten zur Auswahl, darunter „Unterstützer“, „Skeptiker“, „Fans“, „Optimisten“ oder „Denker“. Darunter scheinen außerdem noch weitere Typen auf, die aber mit einem Schloss versehen sind. Teilen wir SocialAI mit fünf Freundinnen und Freunden, lassen sich dann Optionen wie „Troll“, „Hater“, „Nerd“ oder „Brutal ehrlich“ freischalten.

Haben wir mindestens drei Typen ausgewählt, gilt es noch unser Profil zu erstellen. Nickname, Benutzername und Bio können wir nach unseren Wünschen hinterlegen. Mit echten Menschen müssen wir hier nicht um Benutzernamen konkurrieren.

Plötzlich Superstar

Wer auf Twitter und Co. schon einmal mit einem neuen Account und ohne Follower gepostet hat, weiß, wie still ein soziales Netzwerk sein kann. SocialAI ist hier das komplette Gegenteil. Haben wir unser Profil angelegt, können wir sofort den ersten Post absetzen. Die Reaktionen müssen nur ein paar Sekunden auf sich warten lassen.

Auf meinen ersten Post mit der Frage „Was treibt ihr so?“ trudeln direkt mehrere Reaktionen ein, die von „ich liebes es, nach den Sternen zu schauen“ bis „ich checke aktuelle Stats zu Sportereignissen und Klimaaktionen durch“ reichen. SocialAI generiert hier anhand meiner gewählten Follower-Typen unterschiedlichste Antworten die, wenn ich es nicht besser wüsste, so auch auf Twitter zu lesen wären. Sämtliche Antworten stammen von Profilen mit Profilbild und Namen, die Oberfläche ist quasi eine Kopie von Twitter

Von kurzen nichtssagenden Antworten bis zu umfangreichem Geschwafel ist hier alles vertreten. Auffällig ist dabei, dass die künstlichen Follower gerne Fragen zurückwerfen, was wohl die gewünschte Selbstreflexion fördern soll. Antworten lassen sich teilen, liken und mit Lesezeichen markieren. Aber auch zitieren und antworten ist möglich.

Reagieren wir auf einen Post, startet eine neue Kommentarkette, dessen Kontext die KI-Follower berücksichtigen. Theoretisch lässt sich sogar unendlich wischen, zum jeweils ausgewählten Post werden laufend neue Reaktionen geladen. Geantwortet wird Großteils in jener Sprache, in der wir geschrieben haben. Hin und wieder mischen sich aber auch englische Antworten dazwischen. In welcher Sprache wir schreiben, scheint keine Rolle zu spielen. Im Test reagierte SocialAI auf Deutsch und Englisch aber auch auf Spanisch, Russisch oder Arabisch.

Das ein oder andere Rezept lässt sich entlocken.

Viele Fragen, wenige Antworten

Wie fruchtbar eine Diskussion wird, hängt bei SocialAI aber auch vom Inhalt unserer Frage ab. Sind wir auf der Suche nach dem Sinn des Lebens, hat man nicht das Gefühl, hier gerade mit Bots zu plaudern. Etwas anders sieht es aber aus, wenn wir Aktualität in unsere Fragen einbauen. Auf die Frage „Welche Parteien treten eigentlich am Sonntag bei der Wahl an“ kam nicht eine nützliche Reaktion.

Weder konnte SocialAI erkennen, dass in Österreich eine Wahl stattfindet, noch konnte mit dem Verweis auf die Wahl in Österreich die richtige Antwort produziert werden. Ein einziges Mal wurden überhaupt Parteien genannt, dann aber „CDU, SPD, Grüne, FDP und Linke“. Auch eine spezifische Frage zu kleinen Parteien, die in Österreich antreten, förderte eine Antwort mit „Neos und Liste Pilz“ zutage. Da laut EULA Technologie von OpenAI im Hintergrund werkelt, besteht aber hier Hoffnung, dass sich dieser Umstand in Zukunft noch ändert.

So ungenau das Wissen über aktuelle Ereignisse ist, so faszinierend ist aber auch, wie sehr die App Leere füllt. Social AI wirkt tatsächlich lebendig, weil die Postings extrem breit gefächert sind. Wenn nicht SocialAI.co am oberen Bildschirmrand stehen würde, ließe sich die App kaum von Twitter unterscheiden. Am auffälligsten sind hier noch die fehlenden Medieninhalte, die sich derzeit weder posten lassen noch in Reaktionen vorhanden sind. 

Die Frage zur Wahl führt zu hitzigen Diskussionen. Und absurden Antworten.

Und dann setzt die Langeweile ein

Nach ein paar Bot-Gesprächen kommt aber bei mir die Frage auf „Und jetzt?“. So unterhaltsam es ist, Fragen in die Bot-Welt zu werfen und hunderte Reaktionen dazu zu lesen, setzt doch am Ende des Tages eine gewisse Langeweile ein. Während andere soziale Netzwerke stundenlanges Scrollen ermöglichen, tagesaktuelle Informationen liefern und umfangreiche Diskussionen anfachen, bleiben wir hier mit dem Gefühl zurück, nichts neues gelernt zu haben. Frühere Konversationen können wir uns noch einmal durchlesen, in dem wir auf unser Profil gehen und unsere Posts ansehen, mehr gibt es aber dann auch nicht in der App. Damit wir die App nicht sofort vergessen, schickt uns SocialAI auch regelmäßig Reaktionen als Push-Benachrichtigung.

Während das Konzept von SocialAI durchaus interessant ist, ist der Motor im Hintergrund, die Künstliche Intelligenz, noch etwas zu schwach. Auch die Frage nach der Finanzierung der momentan vollkommen kostenlosen App wird noch eine Rolle spielen. So ist SocialAI derzeit tatsächlich nur ein Tagebuch, das viele Fragen stellt. Und in Zukunft hoffentlich mehr Antworten liefert.

SocialAI ist kostenlos für iOS erhätlich.

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Amir Farouk

Early-Adopter. Liebt Apps und das Internet of Things. Schreibt aber auch gerne über andere Themen.

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