
Ein chinesisches U-Boot der Jin-Klasse (Symbolbild)
China entwickelt Schalldämpfer, der U-Boote viel leiser macht
Ein getauchtes U-Boot ist zwar nicht sichtbar, aber nicht unhörbar. Je mehr Geräusche ein U-Boot bei der Fahrt von sich gibt, umso leichter kann es mit einem passiven Sonar, das eines oder mehrere Unterwasser-Mikrofone (Hydrophone) nutzt, aufgespürt werden.
Chinesische Forscher der Universität Shanghai Jiao Tong haben deshalb untersucht, was die lauteste Geräuschquelle bei einem U-Boot ist und wie man diese reduzieren könnte. Herausgekommen ist eine Technologie, mit der die Distanz, ab der ein Hydrophon das U-Boot wahrnehmen kann, mehr als halbiert wird, berichtet scmp.

Chinesisches U-Boot Typ 094
© via REUTERS/China Stringer Network
Ein Schalldämpfer für den Motor
Die Technologie ersetzt die starre Halterung der Motoren im U-Boot. Stattdessen wird ein „hybrides aktiv-passives Vibrations-Isolationssystem“ installiert. Dieser fungiert wie ein Schalldämpfer. Die Motorgeräusche, die durch die Hülle des U-Boots nach außen dringen, könnten damit laut Berechnung um bis zu 26 dB reduziert werden.
Laut der Studie würde schon eine Reduktion um 10 dB ausreichen, um die Entfernung, in der ein passives Sonar das U-Boot hören kann, um 32 Prozent zu reduzieren. Bei einer Reduktion von 24 bis 26 dB würde die Entfernung mehr als halbiert werden. Das Hydrophon könnte das U-Boot also nicht mehr aus zB. 30 km Entfernung hören, sondern erst, wenn das U-Boot näher als 15 km ist.
Ein chinesisches U-Boot mit dem System wäre also doppelt so schwer aufzuspüren. Entweder wird ein Hydrophon mit der doppelten Leistung benötigt, oder ein engmaschigeres passives Sonarnetzwerk, mit doppelt so vielen Mikrofonen, damit das U-Boot nicht nur das Netz „schlüpfen“ kann.
Aktive und passive Dämpfung
Der passive Teil der Dämpfung ist ein 3-lagiger Zylinder: Stahl-Gummi-Stahl. Dieser soll die Vibrationen zerstreuen. Der aktive Teil sind 12 Piezomotoren, die ringförmig um den Motor angeordnet sind. Diese sollen Bewegungen im Mikrometer-Bereich des Motors ausgleichen. Dazu erzeugen sie die Gegenbewegung der Vibration, um diese so weit wie möglich zu eliminieren.
Laut der Studie ist dieses System vor allem darauf ausgelegt, die niedrigen Frequenzen zu reduzieren. Diese sind nämlich die Hauptgeräuschursache, wenn ein U-Boot langsam, um eben leiser zu sein, navigiert. Diese niedrigen Frequenzen unterscheiden sich, je nach U-Boot, und werden deshalb auch genutzt, um akustische Signaturen zu erstellen. Dadurch lässt sich mit einem passiven Sonar etwa unterscheiden, ob ein U-Boot der USA oder eines von China zu hören ist. Teilweise lässt sich sogar die U-Boot-Klasse und das individuelle U-Boot identifizieren.
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Der Schalldämpfer hilft also nicht nur, die Erkennung der U-Boote zu verhindern, sondern verschleiert auch deren Signatur. Wird das System in bestehende U-Boote eingebaut, können westliche Länder die neue Tonsignatur vorerst nicht zuordnen. Das erschwert zusätzlich, mehrere U-Boote im Meer zu verfolgen und etwa zu unterscheiden, welches ein Jagd-U-Boot ist und welches ein U-Boot mit Atomraketen ist.
Erfolge im Labor
Die Forscher haben das System im kleinen Maßstab im Labor getestet. Dabei erreichten sie eine Reduktion von 24 dB im Frequenzbereich von 100 Hz (12 dB aktiv und 12 dB passiv), sowie 26 dB bei 400 Hz. Insgesamt wirkte sich der Effekt der Dämpfung auf den Frequenzbereich 10 bis 500 Hz aus. Der aktive Teil des Systems würde außerdem in Echtzeit reagieren, um die Vibrationen zu dämpfen, wodurch eine hohe Effizienz selbst bei Geschwindigkeitswechseln des U-Boots möglich sein sollte.

Prototyp des Motor-Schalldämpfers
© Shanghai Jiao Tong University
Von einer Einsatzfähigkeit ist das System aber noch weit entfernt. Wie die Forscher anmerken, müssen Hürden genommen werden, die etwa die Materialien des Schalldämpfers betreffen. So verändert sich zB. die Steifigkeit des Gummis der passiven Schicht bei unterschiedlichem Druck und Temperaturen, was die Effizienz des Systems reduziert. Außerdem kann er spröde werden und brechen. Auch bei den Piezomotoren müssten erst Langzeittests zeigen, ob diese für den militärischen Einsatz geeignet sind, ohne ständig gewartet oder ausgetauscht werden zu müssen.
Nutzung für unbemannte U-Boote
Diese Bedenken werfen die Frage auf, ob die Weiterentwicklung des Systems überhaupt sinnvoll ist, oder ob Zeit und Geld lieber in andere Lösungen gesteckt werden sollten. Spezielle Beschichtungen bzw. Platten an der Außenhülle können etwa nicht nur nach außen gehende Töne reduzieren, sondern auch ankommende Sonarstrahlen abdämpfen. Mit weniger Aufwand könnte man auch ältere U-Boote damit nachrüsten und so vor aktivem und passivem Sonar, wenn auch vielleicht nicht ganz so effektiv wie mit dem Motor-Schalldämpfer, geschützt werden.
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Das heißt aber nicht, dass das System zum Scheitern verurteilt ist. CSSC, einer der großen U-Boot-Bauer in China, war an der Studie beteiligt. Womöglich könnten Ansätze des Systems in eine neue U-Boot-Klasse einfließen bzw. neue Motoren, die von vornherein designt werden, um mit dem Dämpfer zu arbeiten.
Auch ist denkbar, dass das System bei kleineren U-Booten sinnvoller eingesetzt werden kann, die für eine geringere Lebensdauer ausgelegt sind. Das könnten etwa unbemannte U-Boote und Unterwasserdrohnen sein, die zur Aufklärung, aber auch für Angriffe auf Schiffe oder andere U-Boote genutzt werden könnten. Diese würden von zusätzlichen Stealth-Eigenschaften profitieren, um näher ans Ziel zu kommen und etwa unbemerkt die Unterwasserüberwachung des Feindes zu überwinden, um Kriegsschiffe in einem Hafen zu attackieren.
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