Symbolbild: Solche HiMARS-Raketenwerfer setzt auch die Ukraine ein.
© US Army

Militärtechnik

Crowdfunding-Satellit hilft Ukraine, russische Ziele zu zerstören

Die Ukraine konnte mit einem Satelliten 4.173 Bilder von feindlichen russischen Objekten aufnehmen, der mittels Crowdfunding finanziert wurde. Gut ein Drittel (38 Prozent) dieser Bilder konnte dafür genutzt werden, um Angriffe auszuführen, die Russland Verluste in Milliardenhöhe bescherten. Das berichtet das Direktorat des ukrainischen Verteidigungsnachrichtendienstes.

Exklusiver Zugang zu einem Satelliten

Der finnische Mikrosatellitenhersteller ICEYE gewährte der Ukraine im August 2022 exklusiven Zugang zu einem seiner Satelliten. Zusätzlich konnten die ukrainischen Streitkräfte auch Daten anderer ICEYE-Satelliten nutzen, wodurch sie Ziele häufiger fotografieren konnten, um die Truppenbewegungen besser zu überwachen.

Satellitenbilder

Das Geld dafür stammt aus einer Crowdfunding-Aktion des ukrainischen TV-Moderators Serhiy Prytula, der bereits im Juli 2020 die Serhiy Prytula Charity Foundation ins Leben gerufen hat. Seit dem russischen Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 beschäftigt sich die Organisation mit dem Kauf und der Lieferung von Fahrzeugen, Drohnen, Wärmebildkameras, Funkgeräten, Schulunterkünften, Minenräumgeräten und Medikamenten.

Wichtige Infrastruktur ins Visier genommen

Die Rechte an den Satellitendaten kosteten umgerechnet knapp 14 Millionen Euro. Die Investition hat sich offenbar ausgezahlt, denn mit dem Satelliten konnte die Ukraine ein breites Spektrum an Zielen beobachten und angreifen, die sie sonst nicht hätte sehen können. 

Zu den interessantesten Objekten zählten:

  • 370 Flugfelder
  • 238 Positionen der Luftverteidigung und Funkaufklärung
  • 153 Öldepots und Treibstofflager
  • 147 Lager für Raketen, Luftwaffen und Munition
  • 17 Marinestützpunkte

Wurde ein wichtiges Ziel identifiziert, wird es meist mit Lenkwaffen beschossen. Dazu nutzt die Ukraine etwa die Raketenwerfer HiMARS und die Marschflugkörper Storm Shadow. Diese lenken per GPS-Koordinaten zum Ziel, die vor dem Start einprogrammiert wurden. Wird das GPS blockiert, etwa durch Jammer, kommt die Trägheitsnavigation (INS) der Raketen zum Einsatz.

Statische Ziele unter Beobachtung

Der ICEYE-Satellit beobachtete zudem die Kasernen feindlicher Streitkräfte, ihre Übungsplätze, Lager und Mobilisierungszentren, wie der Verteidigungsnachrichtendienst schreibt. Somit war es möglich, die Truppenbewegungen Russlands zu verfolgen und diese zu stören. 

Eine veröffentlichte Aufnahme zeigt etwa eine Übungsanlage mit Truppen nahe der russischen Stadt Wolgograd.

Übungsanlage mit russischen Truppen nahe der russischen Stadt Wolgograd

Übungsanlage nahe der russischen Stadt Wolgograd

Ein weiteres Satellitenbild zeigt etwa ein Nebo-M-Radarsystem in der russischen Oblast Belgorod. Das Nebo-M gehört zu Russlands wichtigsten Langstreckenradarsystemen und besteht aus bis zu 3 verschiedenen Radareinheiten. Erst kürzlich konnte die Ukraine ein solches System identifizieren und angreifen.

➤ Mehr lesen: Russland verliert offenbar wichtiges Langstrecken-Radar

Das Radarsystem ist im unteren Teil des Bildes zu sehen.

Das Radarsystem ist im unteren Teil des Bildes zu sehen.

Kann auch getarnte Objekte bei Nacht sehen

Die Aufnahmen von ICEYE sind so gut, dass man auch getarnte Fahrzeuge darauf erkennen kann. Anders als optische Satelliten, die auf gute Lichtverhältnisse angewiesen sind, können die ICEYE-Satelliten auch durch Wolken, Rauch und Staub sehen.

Es handelt sich bei ihnen nämlich um SAR-Satelliten (Synthetic Aperture Radar), die das Gelände mit elektromagnetischen Wellen "abtasten". Das funktioniert bei Tag genauso wie bei Nacht.

Ein weiterer Vorteil von SAR-Satelliten ist, dass sie metallische Objekte, aufgrund ihrer reflektierenden Eigenschaften, besonders gut erkennen können - auch wenn sie getarnt sind. Deshalb werden SAR-Satelliten gerne für militärische Zwecke eingesetzt.

So sehen etwa versteckte Ausrüstungsgegenstände und Waffeen aus.

So sehen etwa versteckte Ausrüstungsgegenstände und Waffen aus.

Auch die Krim-Brücke, die die Ukraine bereits mehrmals angegriffen hat, ist auf den Satellitenbildern gut erkennbar. 

Die Krim-Brücke.

Russland arbeitet an Anti-Satelliten-Waffen

Angesichts des Erfolgs, den die Ukraine laut eigenen Angaben mit den ICEYE-Satelliten hat, ist es sehr wahrscheinlich, dass Russland die Konstellation genau beobachtet. Obwohl es bisher noch keine bekannten russischen physischen Angriffe gegen Satelliten gegeben hat, arbeitet das Land aktiv an Anti-Satelliten-Waffen. Das Langstrecken-Flugabwehrsystem S-500 Prometheus kann mit seiner Flughöhe von bis zu 200 Kilometer zumindest theoretisch niedrig fliegende Satelliten abschießen.

➤ Mehr lesen: Russischer “Satelliten-Killer” soll bald seinen Einsatz starten

Gefährlicher wären nukleare Anti-Satelliten-Waffen, an denen Russland laut ranghohen US-Beamten forscht. Diese würden nicht nur einzelne Satelliten ausschalten, sondern eine Gefahr für alle Satelliten im niedrigen Erdorbit werden.

➤ Mehr lesen: Russlands Anti-Satelliten-Atomwaffe wäre eine Katastrophe für den LEO

Hat dir der Artikel gefallen? Jetzt teilen!

Kommentare