
Symbolbild: Pazifik
Radioaktive Anomalie tief im Pazifik entdeckt
Ein Forschungsteam des Helmholtz-Zentrums Dresden Rossendorf berichtet von einem spannenden Fund. Tief im Pazifik konnte eine radioaktive Anomalie entdeckt werden.
Dazu hat ein Forschungsschiff geologische Proben aus mehreren Kilometern Tiefe geborgen. Die Proben waren Ferromangankrusten, die zum Großteil aus Eisen und Mangan bestehen. Diese Krusten bilden langsam im Verlauf von Millionen von Jahren.
Um zu erfahren, wie alt die jeweiligen Proben sind, wurde der Gehalt von Beryllium-10 analysiert. Das Ergebnis überraschte die Forscher: Bei Proben, die rund 10 Millionen Jahre alt sind, war die Menge des radioaktiven Isotops fast doppelt so hoch, wie sie eigentlich sein sollte.
Das war den Forschern suspekt. Sie nahmen deshalb weitere Proben aus dem Pazifik. Schließlich könnte es sein, dass die ursprünglichen Proben verunreinigt wurden. Das Ergebnis wurde aber bestätigt. Bei der Anomalie handle es sich um ein reales Phänomen.

Schematische Darstellung der Produktion und der Ablagerung von Beryllium-10 in Ferromangankrusten
© HZDR / blrck.de
Radiokarbondatierung zur Altersbestimmung
Beryllium-10 in Proben ist an sich nichts Ungewöhnliches. Ganz im Gegenteil: Weil es allgegenwertig ist, hilft es den Forschern beim Bestimmen des Alters von Proben. Bei lebenden Organismen geschieht das mittels dem radioaktiven Isotop Kohlenstoff-14. Mit dem Tod des Organismus, wird die Aufnahme von Kohlenstoff-14 gestoppt. Danach zerfällt das Isotop mit einer Halbwertszeit von etwa 5.700 Jahren. Deshalb kann aus dem Verhältnis zwischen Kohlenstoff-14 und dem stabilen Kohlenstoff-12 das Sterbedatum ermittelt werden. Das nennt man Radiokarbondatierung.
Weil aber eben Kohlenstoff-14 zerfällt, kann damit das Alter von zB. Knochen und Holz nur etwa bis zu 50.000 Jahre bestimmt werden. Dann kommt Beryllium-10 ins Spiel. Das hat eine Halbwertszeit von 1,4 Millionen Jahre, wodurch geologische Datierungen möglich werden, die über 10 Millionen Jahre hinausgehen.
Beryllium-10 entsteht, wenn kosmische Strahlung auf Sauerstoff und Stickstoff der oberen Atmosphäre der Erde trifft. Das heißt, es sollte relativ gleichmäßig auf der Erde verteilt sein. In den Ozeanen landet es durch Regen und lagert sich dort am Meeresgrund ab.
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Mögliche Erklärungen für die Anomalie
Eine exakte Erklärung für die radioaktive Anomalie haben die Forscher noch nicht, aber mehrere Hypothesen. Bei einer wird angenommen, dass sich die ozeanische Zirkulation vor 10 bis 12 Millionen Jahren drastisch verändert hat. Die Meeresströmungen könnten dadurch das Beryllium-10 ungleichmäßig verteilt haben, wodurch der Pazifik eine höhere Ladung abbekommen hat.
Eine zweite Hypothese geht von einer Ursache im Weltraum aus. Eine Sternenexplosion in der Nähe der Erde könnte dafür gesorgt haben, dass die kosmische Strahlung für einige Zeit zunahm. Mehr kosmische Strahlung bedeutet mehr Beryllium-10. Ebenfalls denkbar: Vor mehr als 10 Millionen Jahren ist eine interstellare Wolke durch das Sonnensystem gezogen. Dadurch wurde die Heliosphäre der Sonne blockiert, die die Erde vor kosmischer Strahlung schützt.
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Anomalie könnte zum Zeitmarker werden
Um zumindest eine dieser Hypothesen auszuschließen, wollen die Forscher mehr Proben auf der ganzen Welt sammeln. Ist die Anomalie gleichmäßig über den Planeten verteilt, ist eine höhere Menge Weltraumstrahlung die plausiblere Erklärung. Tritt das Phänomen nur in manchen Regionen auf, spricht das eher für die veränderten Meeresströme.
Die genaue Bestimmung der Anomalie hat einen möglichen Zusatznutzen. Sie kann als Zeitmarker dienen. Damit können Datenarchive abgeglichen werden, so ähnlich, als würde man einen Uhrenvergleich machen. Für Zeiträume im Bereich von Jahrmillionen gibt es solche Zeitmarker, die auf kosmischer Strahlung basieren, derzeit nicht. Wenn die Beryllium-Anomalie genau erforscht wurde, könnte das als ein Ankerpunkt für Datensätze dienen, um präziser das Alter von Proben zu bestimmen.
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