Die Maßnahme dürfte wohl kaum Wassereinsparungen bringen.
Mails löschen gegen Wasserknappheit: Tipp sorgt für Verwunderung
Um der in Teilen Englands herrschenden Wasserknappheit entgegenzuwirken, ruft die Umweltbehörde in Großbritannien die Menschen zu ungewöhnlichen Maßnahmen auf. Um Wasser zu sparen, sollen Bürgerinnen und Bürger alte E-Mails und Bilder von ihren Geräten löschen, teilte die Behörde am Dienstag mit. Dahinter steckt demnach, dass Rechenzentren große Mengen an Wasser zur Kühlung ihrer Systeme benötigen. Gibt es weniger Daten zu verarbeiten, muss auch weniger gekühlt werden.
"Die derzeitige Situation ist von nationaler Bedeutung, und wir rufen alle dazu auf, ihren Beitrag zu leisten und den Druck auf unsere Wasserwelt zu verringern", wird Helen Wakeham, die Direktorin für Wasser der Umweltbehörde, zitiert. Was sich zuerst logisch anhört, dürfte allerdings kaum einen Effekt auf den Wasserverbrauch Englands haben.
Rechenzentren verbrauchen Energie und Wasser, aber...
Was stimmt ist, dass Rechenzentren, wo die meisten unserer Daten auch gespeichert sind, einen enormen Energieverbrauch haben und daher auch entsprechend gekühlt werden müssen. Dass ein großer Teil dieses Energieverbrauchs auf den E-Mail-Verkehr zurückzuführen ist, ist allerdings Unsinn. Die Energiefresser sind rechenintensive Anwendungen wie Video-Streaming (etwa über YouTube, Netflix, aber auch Instagram und TikTok) sowie Künstliche Intelligenz. Bei letzterem hat der britische Premierminister erst Anfang des Jahres einen Plan verkündet, um die KI-Entwicklungen im Land zu beschleunigen.
Wie viel Wasser und Energie KI wirklich benötigt, damit sie betrieben werden kann, lässt sich schwer sagen. Studien zu älteren Modellen wie GPT-3 gehen von rund 500 Milliliter für ein 25 bis 50 Anfragen langes Gespräch aus, neuere Modelle sollen noch mehr benötigen. Alte E-Mails, die in den Datenzentren auf Festplatten gespeichert sind und kaum aufgerufen werden, sind im Vergleich dazu knochentrocken.
Unsinnige Sparmaßnahme
Es ist nicht das erste Mal, dass Behörden mit eher fragwürdigen Sparmaßnahmen kommen. Im Sommer 2022, als die Energiepreise in Österreich durch die Decke schossen, riet beispielsweise das Land Kärnten dazu, ebenfalls alte E-Mails zu löschen, um somit “mehr Energie zu sparen, als man glaubt”. Wie eine Berechnung der futurezone zeigte, bringen dabei 1.000 gelöschte E-Mails Einsparungen im einstelligen Centbereich - wenn überhaupt. Denn das Heraussuchen alter E-Mails und das Löschen sind wiederum rechenintensiver als das bloße Speichern und verbraucht damit zusätzlich Strom und auch Wasser.
➤ Mehr lesen: Wie viel Strom spare ich, wenn ich meine E-Mails lösche?
Sinnvoller sind andere Vorschläge der britischen Umweltbehörde. So ruft sie etwa auch dazu auf, kürzer zu duschen, undichte Toiletten reparieren zu lassen und das Wasser beim Zähneputzen und Rasieren abzudrehen.
England verzeichnet aktuell das trockenste Halbjahr seit 1976. Derzeit herrscht nach Angaben der Behörde eine "landesweit bedeutende" Wasserknappheit. 5 Regionen leiden unter Dürre, 6 weitere unter anhaltend trockenem Wetter. Die Wasserstände vieler Flüsse und Stauseen liegen unter dem für diese Jahreszeit üblichen Niveau. Mancherorts führte das bereits zu Einschränkungen: In Yorkshire wurde vor wenigen Wochen die Gartenbewässerung mit Schlauch verboten.
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