Neue Luftschiffe für besseren Internetempfang und malerische Aussichten
Es ist schon ein beeindruckender Anblick, wenn man zum ersten Mal vor einem Zeppelin steht. Dass sich so ein zigarrenförmiger, 75 Meter langer Koloss scheinbar mühelos in die Lüfte erhebt, ist der Helium-Füllung zu verdanken: Das Gas ist leichter als Luft und – im Gegensatz zu Wasserstoff, mit dem die Hindenburg gefüllt war – nicht brennbar.
Seit den 2000er-Jahren werden sie wieder für mehr genutzt als bloß als fliegende Werbeschilder. In Deutschland kann man etwa Rundflüge mit Luftschiffen des Unternehmens Zeppelin NT machen, die in ihren Kabinen Platz für 15 Passagiere haben.
Die möglichen Einsatzzwecke gehen aber über den Tourismus hinaus. Seit 2014 arbeitet das in der Schweiz und den USA ansässige Unternehmen Sceye an einem unbemannten Luftschiff, das für Forschung und Katastrophenschutz eingesetzt werden soll.
Parken in 18 Kilometer Höhe
Der silberfarbene Zeppelin wird von Sceye als HAPS kategorisiert - High-Altitude Platform Station. Zu Deutsch: Eine hochfliegende Plattformstation oder auch Pseudosatellit.
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Das 65 Meter lange Luftschiff startet von einer Art Gestell aus vertikal. Dann „parkt“ es bei Bedarf in einer Höhe von 18.000 bis 19.000 Metern. Dort kann es etwa Internetsignale in unterversorgte Gebiete weiterleiten und so auch schnelle Kommunikation in Gegenden ermöglichen, die durch Naturkatastrophen von der Außenwelt abgeschnitten wurden, etwa weil Handymasten oder Datenleitungen durch Erdbeben, Fluten oder Stürme zerstört wurden.
Es gibt auch Pläne, um Waldbrände zu beobachten und Umweltdaten zu sammeln, wie Methan-Emissionen. Der Vorteil des Luftschiffs: Es ist weit günstiger als ein echter Satellit und kann Daten quasi in Echtzeit übermitteln. Bei Satelliten muss man immer erst warten, bis ein weiterer Überflug über das Waldbrandgebiet stattgefunden hat, um neue Fotos zu erhalten.
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Monatelang in der Luft schweben
Idealerweise kann Sceye HAPS monatelang in so einer Parkposition bleiben – also viel länger, als etwa ein Flugzeug kreisen kann, bevor es nachtanken muss. Dazu hat das Luftschiff Solarzellen, die die Akkus versorgen, die wiederum Strom für die Bordsysteme und den Antrieb liefern, um an die richtige Position zu navigieren.
Kürzlich ist ein Meilenstein dafür gelungen. Erstmals hat der Zeppelin eine Nacht in einer Parkposition in 18 Kilometern Höhe verbracht. Er ist am Morgen gestartet, hat mit den Solarzellen die Akkus geladen und die gespeicherte Energie in der Nacht genutzt. Erst am nächsten Tag zu Mittag ist er wieder gelandet. 2 weitere Testflüge sollen heuer noch folgen, ein Regelbetrieb ist für 2025 angedacht.
Thales plant mit StratoBus ein ähnliches Gefährt, allerdings sollen dessen Motoren mit Wasserstoff betrieben werden. Um Unfälle zu verhindern, wird der nur in kleinen Mengen mittels eines Elektrolyseurs aus einem Wasservorrat an Bord hergestellt – so viel, wie gerade benötigt wird.
China baut Luftschiffe
Auch China entdeckt die Luftschiffe für sich. Der Staatskonzern AVIC baut mit AS700 einen 48 Meter langen Zeppelin, der Platz für 9 Passagiere bietet. Kürzlich wurde ein erfolgreicher Testflug verkündet, bei dem in 12 Stunden fast 1.000 km zurückgelegt wurden.
Noch heuer soll der Regelbetrieb aufgenommen werden, etwa für Touristenflüge. Wenig überraschend für China: Auch ein Behördeneinsatz für die „städtische Sicherheit“ ist angedacht – also Überwachung.
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"Die fliegenden Arschbacken"
Noch auf sich warten lässt das britische Luftschiff Airlander 10. Bisher existiert nur ein Exemplar. Das ungewöhnliche Design hat ihm den Spitznamen „die fliegenden Arschbacken“ verliehen, ermöglicht aber den Transport von 10 Tonnen Fracht oder 48 Passagieren. Diese Kapazität eignet sich für Fähr- und Frachtbetrieb und nicht bloß Touri-Rundflüge.
Mit dem Airlander 50 wird an einer noch größeren Version gearbeitet, die 50 Tonnen Fracht transportieren kann. Allerdings gibt es von Luftfahrtexperten Zweifel an der Umsetzbarkeit eines so riesigen Luftschiffs. Schon die Produktion des Airlander 10 wurde mehrmals verschoben. Aktuell sollen die ersten Exemplare 2028 an Kunden ausgeliefert werden.
Das größte Luftschiff der Welt
Das US-Unternehmen LTA Research, formiert vom Google-Mitgründer Sergey Brin, hat ebenfalls große Pläne. Mit Pathfinder 1 wurde ein Prototyp-Luftschiff gezeigt. Es ist mit 124,5 Metern das derzeit längste Fluggerät der Welt (die Hindenburg war 245 Meter lang).
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Allerdings muss es dazu erst mal fliegen. Bislang fehlt die Bestätigung eines erfolgreichen Jungfernflugs. Dennoch ist mit Pathfinder 3 bereits eine größere Version geplant, die 180 Meter lang werden soll.
Wie bei Airlander sollen auch die Pathfinder-Luftschiffe nicht nur kommerziell Passagiere und Fracht transportieren, sondern auch bei Naturkatastrophen eingesetzt werden können. Durch die Senkrechtstart- und -landefähigkeit können sie Hilfsgüter und medizinisches Personal in Katastrophengebiete bringen, die mit Lkw nicht erreicht werden können und keine ausreichend langen Pisten für Frachtflugzeuge haben.
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Wasserstoff soll Diesel ersetzen
Luftschiffe sind, verglichen mit Flugzeugen, energiesparend unterwegs, weil der Großteil des Auftriebs durch das Helium kommt und sie üblicherweise nur mit Geschwindigkeiten zwischen 60 und 120 km/h unterwegs sind. Grün geht das derzeit allerdings nicht, besonders bei den großen Zeppelinen. Hier dient meist Diesel als Antrieb.
Selbst bei Elektromotoren werden Dieselgeneratoren genutzt, um die Akkus im Flug wieder aufzufüllen. Solarenergie reicht mit den derzeitigen Wirkungsgraden nicht aus, um Luftschiffe mit großer Nutzlast mit Energie zu versorgen. LTA liebäugelt hier etwa mit Wasserstoff, der zuvor mit erneuerbarer Energie hergestellt wurde, um seine Pathfinder „grün“ betreiben zu können.
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