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Digital Life

Mundl und Häupl in der Blockchain: NFT-Kunst aus Österreich

„Non Fungible Tokens“ (NFTs) gelten in der Kunstszene gerade als neuer Trend. Sie bieten Künstlern Möglichkeiten, ihre Werke digital zu verkaufen. NFTs kann man sich dabei am ehesten als Zertifikat vorstellen, das in einer Blockchain existiert. Das bedeutet: Man besitzt ein Original-Dokument eines Kunstwerks, auch wenn das Abbild davon im Internet für alle sichtbar zur Verfügung steht.

Ein Wiener Künstler-Kollektiv namens „CryptoWiener“ hat bereits vor einigen Jahren damit begonnen, Kunst in die Blockchain zu bringen. „Wir waren da, bevor der Hype da war“, sagt Jan Leitenbauer alias Jandreas im Gespräch mit der futurezone. Er ist einer der Artists, Zeichner und Gestalter, die hinter den lustigen und teils skurrilen, pixeligen Figuren der CryptoWiener stehen.

Die CryptoWiener sind auch im virtuellen Museum ausgestellt

Promi-Figuren

Das Künstler-Kollektiv hat bisher rund 200 prominente Figuren als digitale Kunstwerke erstellt und veröffentlicht. Darunter befinden sich Persönlichkeiten wie der ehemalige Wiener Bürgermeister Michael Häupl, Kaiser Franz Josef, Hundertwasser, die ORF-Moderatoren Armin Wolf und Ingrid Thurnher, sowie die Autorin Christine Nöstlinger oder Ute Bock.

Julia Staudach alias Tschuuuly, die auf der Angewandten digitale Kunst studiert hat, zeichnet etwa bevorzugt Wienerinnen, wie sie erzählt. „Jede Wienerin und jeder Wiener wird mit viel Liebe digital handgezeichnet.“ David Lang, bekannt unter dem Künstlernamen Ross, hat 2018 den Häupl und den Mundl entworfen. Von ihm stammt auch die ursprüngliche Idee, originelle Wiener digital zu verewigen.

Das gesamte Team der CryptoWiener von links nach rechts: Andreas Humpel aka "ahinga", Stefan Schierhuber aka "sted",  Jan Leitenbauer aka "jandreas",  David Lang aka "ross", Julia Staudach aka "tschuuuly" und Bernhard Nessler aka "nissla"

Käufer stammen aus den USA

Neben bekannten Persönlichkeiten gibt es auch ein paar Figuren, die man aus den Alltagsgeschichten oder Sendungen wie Am Schauplatz kennt. „Wiener Originale“, wie es Bernhard Nessler alias Nissla nennt. „Wir wollen damit echte digitale Sammelstücke schaffen, die man tauschen und verkaufen kann“, sagt Nessler.

Bisher sind von der ersten Serie der CryptoWiener bereits zwei Drittel verkauft. Die ersten Figuren wechselten für 0,5 ETH (Ethereum) den Besitzer. Umgerechnet entspricht das aktuell einem Wert von rund 1.012 Euro. Enrico wurde kürzlich für 1,5 ETH verkauft. „Die meisten Sammler von unseren Werken kommen aus den USA. Sie fragen uns, was das bedeutet, was sie erworben haben und kaufen es nicht nur, weil sie damit spekulieren wollen“, erzählt Nessler.

Virtuelle Welten und Partys

Rund um die Figuren entstehen im digitalen Universum viele Dinge: Man kann die lustigen Figuren etwa in der virtuellen Welt Cryptovoxels platzieren. Dort sind sie etwa in einem Museum ausgestellt. Besucht der Besitzer dieses, sieht er einen goldenen Rand rund um sein Werk, der ihm zeigt, dass es ihm gehört. „Wir kriegen es bei jeder einzelnen Figur mit, wenn sich der Besitzer ändert“, sagt Nessler.

Zudem gibt es erste CryptoWiener-Songs und virtuelle Partys. Bei diesen virtuellen Partys werden Gäste von den CryptoWienern gerne auch mal auf ein virtuelles Bier eingeladen: Eine Transaktion, die umgerechnet vom Ethereum-Betrag derzeit bereits rund 60 Euro wert ist.

Es geht nicht ums Geld

Interessierte können die CryptoWiener auf Opensea, der bekanntesten Marktplattform für Digitale NFTs, erwerben. Dort werden mittlerweile richtig fette Umsätze in Millionenhöhe gemacht. OpenSea gilt als größter Marktplatz für digitale NFT-Kunst. Doch ums Geld verdienen geht es dem Kollektiv gar nicht, wie die Künstler mehrfach betonen.

„Es ist nie darum gegangen, über die Nacht mit den Figuren 100.000 Euro zu machen“, sagt Leitenbauer. Stattdessen will das Kollektiv darauf aufmerksam machen, das man mit Blockchain-Technologie viele spannende, kreative Dinge anstellen kann. „CryptoWiener versteht sich als Kulturprojekt, das die wienerische und österreichische Kultur humorvoll auf der Blockchain festhält“, heißt es. Das Kollektiv wurde für seine CryptoWiener bereits mit dem Austrian Blockchain Award ausgezeichnet.

Die Pixel Rebels mit ihren Schildern

Pixel Rebels mit Schildern

Doch die NFTs der Wiener Promis blieben nicht das einzige Projekt des Kollektivs. Sie starteten etwa das Projekt der „Pixel Rebels“. Das sind ebenfalls pixelartige Figuren, die allerdings keine bekannten Persönlichkeiten darstellen. „Das Besondere: Von denen hält jede ein kleines Schild in der Hand, auf dem etwas klassisch Wienerisches drauf steht“, erzählt Lang. Das können Wörter wie „Oida!“, „Beidl“ oder „Gusch“ sein.

„Wir wollen damit den Wiener Schmäh verewigen, der zunehmend in Vergessenheit gerät, weil die Jugendkultur heutzutage durch YouTube-Influencer aus Deutschland geprägt wird“, sagt der Künstler. Anders als bei den CryptoWiener-Figuren handelt es sich bei den Pixel Rebels aber nicht um Unikate, sondern die Figuren existieren mehrfach.

Verein gegründet

Das Kollektiv hat mittlerweile auch einen Verein zur Verknüpfung und Förderung von Blockchain, Kunst und Kultur (VRON) gegründet. „Im Laufe der Zeit wurde unser Projekt immer größer“, erklärt Lang. „Und wir brauchten etwas Offizielles. Wir vertreiben schließlich auch Merchandise mit unseren Figuren und organisieren virtuelle Partys. Wir wollen auch junge Künstler aus Österreich fördern, die im NFT-Bereich Fuß fassen wollen und ihnen die Einstiegshürde erleichtern“, sagt Lang.

Als grundlegende Technologie für die Blockchain-Projekte hat das Künstler-Kollektiv Ethereum gewählt. „Als wir mit unseren Projekten begonnen haben, war der Kurs von Ethereum überschaubar. Mittlerweile ist dieser in die Höhe geschossen“, erklärt Nessler. Damit müssten Einsteiger anfangs viel investieren, wenn sie jetzt in der Blockchain-Welt mitspielen möchten. So würde eine Transaktion in der Regel mittlerweile rund 30 US-Dollar kosten. „Ethereum hat eine große Community und es macht am meisten Spaß, sich dort zu bewegen“, sagt der Blockchain-Experte.

In der virtuellen Welt gibt es auch ein traditionelles Wiener Kaffeehaus im Museum

Community ist gewachsen

Von dem NFT-Hype habe man aber nur am Rande profitiert, etwa darin, dass die eigene Community ordentlich gewachsen sei, heißt es. „Wir finden es außerdem nicht schlecht, dass NFTs endlich mehr Aufmerksamkeit bekommen und respektiert werden. In unserem Umfeld haben viele in den vergangenen Jahren nicht verstanden, was wir da eigentlich machen. Dass wir Unikate schaffen mit Echtheitszertifikat haben viele nicht sofort verstanden“, sagt Nessler.

Neben den Pixel Rebels haben die Blockchain-Enthusiasten noch ein weiteres Projekt gegründet, das aber vor allem anderen Blockchain-Kenner anziehen dürfte: „Proof of History“ dokumentiert sämtliche Anspielungen aus der historischen Welt der Blockchain-Geschichte im Pixel-Stil. „Hier haben wir die ersten 16 Werke fertig gestellt“, heißt es. Das Künstler-Kollektiv will bisherige Einnahmen, die sie mit ihren CryptoWiener-Werken erzielt haben, vor allem in neue Projekte wie dieses stecken. Das habe freilich nicht nur steuerliche Gründe, sondern diene auch dem Erhalt der Freude und des Spaßfaktors des Projekts, erklärt Lang.

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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