2005 wurde die Performance im Rahmen der Nordamerika-Tournee "Experience the Experience" zum ersten Mal gezeigt. Im Ausstellungskatalog ist dazu vermerkt: "Die Besucher_innen unserer 'Being Buried Alive'-Happenings haben die Gelegenheit, sich 20 Minuten lang eingraben zu lassen, und die Medien die Chance, sich darüber zu echauffieren."
2005 wurde die Performance im Rahmen der Nordamerika-Tournee "Experience the Experience" zum ersten Mal gezeigt. Im Ausstellungskatalog ist dazu vermerkt: "Die Besucher_innen unserer 'Being Buried Alive'-Happenings haben die Gelegenheit, sich 20 Minuten lang eingraben zu lassen, und die Medien die Chance, sich darüber zu echauffieren."
© Peter Temel/KURIER

Netzpolitik

Algorithmus sagt Tod von vorerkrankten Älteren voraus

Kanadische Forscher*innen haben ein Online-Tool basierend auf einem Algorithmus entwickelt, welches den Tod eines Menschen vorhersagen soll, wenn dieser bereits krank ist und sich in häuslicher Pflege befindet. Das Tool heißt „Elder-Life Calculator“ und kann von jedem Menschen für sich selbst, einen Angehörigen oder Patient*innen durchgeführt werden. Entwickelt wurde es vom Project Big Life Team in Ottawa (Kanada), welches Patient*innen und Pflegekräfte beinhaltet. Das Spital in Ottawa war an der Entwicklung genauso beteiligt wie das Bruyère Research Institute, die Universität in Ottawa sowie das Institute for Clinical Evaluative Sciences (ICES).

Der „Elder-Life Calculator“ fragt dabei bestimmte, fixe Kriterien ab, um einen möglichen Todeszeitpunkt eines Patienten zu eruieren. Kriterien sind etwa Alter, Geschlecht, Bildungsabschluss sowie diverse Vorerkrankungen wie Diabetes, Demenz oder Krebs. Dann möchte das Tool noch wissen, ob sich eine Person noch selbst Essen zubereiten kann, sich selbst wäscht, wie oft sie als Notfall ins Krankenhaus gebracht wird oder ob diverse Symptome wie Kurzatmigkeit etc. vorliegen. Danach rechnet das Tool den voraussichtlichen Todeszeitpunkt aus.

Daher stammt der Datensatz

Dahinter steckt ein Algorithmus namens RESPECT, abgekürzt für Risk Evaluation for Support: Predictions for Elder life in the Community Tool. Die Daten, die zur Entwicklung verwendet worden sind, basieren auf 491.277 älteren Menschen über 50 aus Ontario in Kanada und stammen aus den Jahren 2007 bis 2013. Diese waren standardisiert erhoben worden von Krankenschwestern und Pflegekräften. Laut Angaben der Entwickler*innen soll RESPECT dazu dienen, besser kalkulieren zu können, wie lange eine Person noch zu Hause gepflegt werden muss, oder andere Maßnahmen notwendig werden. Das menschenwürdige Lebensende soll besser planbar werden, heißt es.

Bevor man das Tool verwendet, wird man mehrfach darauf hingewiesen, ob man dies wirklich möchte. Auch, dass es nur für pflegebedürftige Personen über 50 Jahren gedacht ist, poppt beim „Elder-Life Calculator“ mehrfach auf. Die Befragung dauert laut netzpolitik.org rund drei Minuten, bis man ein Ergebnis sieht: den voraussichtlichen Todeszeitpunkt. 25 Prozent der Vergleichsgruppe sei ein Jahr davor, und 25 Prozent der Vergleichsgruppe sei zwei Jahre später gestorben, heißt es.

Fraglich, ob dieses Tool mehr nützt als schadet

Netzpolitik.org stellt in Frage, ob man so einen Algorithmus, der den Tod von Angehörigen oder Patient*innen berechtigt, wirklich benötigt. „ Ein Algorithmus ist nicht einfühlsam, er reagiert nicht flexibel auf außergewöhnliche Konstellationen“, heißt es. Da das Tool völlig offen im Netz steht und es praktisch jeder bedienen kann, können auch Kranke selbst „nachsehen“, wann sie voraussichtlich sterben. Das wiederum könnte zur selbsterfüllenden Prophezeiung werden, wenn jemand dadurch Ängste oder Depression bekommt, wenn ein bestimmtes Ergebnis in naher Zukunft prognostiziert wird.

Dabei ist der Algorithmus aus Sicht von Fachpersonal aus Europa keineswegs über Ländergrenzen hinweg nützlich. Weder weiß man, unter welchen Bedingungen die Personen zu Hause gepflegt worden sind, noch kennt man die näheren Lebensumstände. Stefan Lange, stellvertretender Leiter des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, hält die Daten nicht 1:1 für übertragbar. Zudem sei ein Nutzen - außerhalb kommerzieller Interessen diverser Einrichtungen - nicht erkennbar, heißt es im Bericht.

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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