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© REUTERS / DADO RUVIC

Netzpolitik

Das sagt Telegram-Gründer zum Ukraine-Krieg

Sowohl in der Ukraine als auch in Russland ist Telegram ein beliebter Messenger zum privaten Austausch zwischen Freunden und Familien, wird aber auch als Informationskanal genutzt, um sich über Gruppen über das aktuelle Geschehen am Laufenden zu halten. Telegram wird von beiden Seiten außerdem dazu genutzt, Propaganda zu verbreiten und etwa Siege zu vermelden, aber auch die Invasion Russlands zu verleugnen.

Gegründet wurde Telegram vom Russen Pawel Durow, der selbst kaum an die Öffentlichkeit tritt und sich generell sehr zurückhaltend gibt. Er lebt allerdings schon seit 2014 nicht mehr in Russland und meldete sich nun auf seinem eigenen Telegram-Kanal erstmals zur aktuellen Situation zu Wort. Seine Mutter sei aus Kiew und ihr erster Familienname (Ivanenko) sei ukrainisch, schreibt Durow. „Bis zum heutigen Tag habe ich viele Verwandte, die in der Ukraine leben. Deshalb ist dieser tragische Konflikt persönlich für mich und für Telegram“, so Durow.

Kein Verrat an die russischen Geheimdienst

In der Ukraine war es zuletzt zu einem starken Wechsel der Nutzer*innen weg von Telegram hin zu Signal gekommen, weil man nicht wusste, wie verlässlich der Messenger in weiterer Folge des Kriegs sein werde. Viele Tech-Konzerne hatten anlässlich des Kriegs auf die eine oder andere Weise reagiert und es war befürchtet worden, dass das auch bei Telegram der Fall sein könnte, nachdem der Dienst von einem Russen gegründet wurde.

Durow erklärt nun, dass er „für seine Nutzer*innen einstehen“ werde und dass ihr Recht auf Privatsphäre sicher sei. „Jetzt mehr als je zuvor“. Das bedeutet in dem konkreten Fall aber nur, dass er aktiv keine privaten Nutzer*innen-Daten von ukrainischen Staatsbürger*innen aus verschlüsselten Chats an den russischen Geheimdienst weitergeben wird. Die Gruppen-Chats auf Telegram sind nämlich zur Gänze unverschlüsselt und können somit von diesem auch so mitgelesen werden.

Durow erzählt, wie er von Russland fliehen musste, als er von dem russischen Geheimdienst FSB aufgefordert worden war, private Daten von ukrainischen Bürger*innen weiterzugeben, die gegen den pro-russischen Präsidenten protestiert hatten. Das war im Jahr 2013 und er war Gründer des sozialen Netzwerks Vkontakte (VK). Er habe diese Aufforderung verweigert und wurde kurz darauf als Geschäftsführer und Gründer von VK aus seinem Unternehmen gedrängt und musste fliehen.

"Würde es wieder tun"

Der 37-Jährige sagt: „Ich habe damals mein Unternehmen verloren und meine Heimat, aber ich würde es wieder tun, ohne darüber nachzudenken.“ Er sei stolz darauf, damals der Aufforderung nicht nachgekommen zu sein und keine ukrainischen Bürger*innen hintergangen zu haben, so Durow. Aktuell habe er weder Mitarbeiter*innen, noch Unternehmen in Russland.

In der Ukraine nutzt derzeit auch die „IT-Armee“ den Messenger Telegram, um sich zu organisieren. Kritik an Telegram war zuletzt vom Signal-Gründer Moxie Marlinspike gekommen, der einmal mehr darauf hinwies, dass die Inhalte auf Telegram nicht standardmäßig verschlüsselt seien.

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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