
Reolink Altas PT Ultra im Test: Überwachungskamera mit Riesen-Akku
Überwachungskameras werden hierzulande immer beliebter. Laut dem Kuratorium für Verkehrssicherheit haben 44 Prozent der Österreicher eine private Videoüberwachung installiert, 20 Prozent überwachen damit den Außenbereich ihres Hauses, wie etwa die Eingangstür.
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Der chinesische Anbieter Reolink hat sich in den vergangenen Jahren zu einem der Marktführer in diesem Bereich entwickelt. Ihre neueste Kamera Altas PT Ultra ist die erste akkubetriebene Außenkamera des Unternehmens, die monatelang ein Auge auf Hab und Gut werfen soll, ohne aufgeladen werden zu müssen. Die futurezone hat sie getestet.

Die Reolink Altas TP Ultra.
© Marcel Strobl
Die Altas PT Ultra wird oft als PTZ-Kamera beschrieben, was allerdings nicht ganz richtig ist. PTZ steht dabei für “Pan Tilt Zoom”: “Pan” gibt an, dass die Kamera horizontal (also nach links und rechts) geschwenkt werden kann, “Tilt” gibt die Beweglichkeit in der Vertikalen (oben, unten) an. Zoom fehlt bei der Altas PT Ultra jedoch, was man auch aus dem Namen schließen kann.
Unboxing
Die Überwachungskamera deckt in der Horizontalen ein Sichtfeld von 360 Grad ab (lässt sich 355 Grad drehen), in der Vertikalen lässt sie sich um 90 Grad kippen. Da die Kamera in der Regel erhöht montiert wird, ist das ausreichend. In der Box befinden sich Schrauben bzw. ein Montageaufsatz, durch den die Kamera sowohl an einer Mauer als auch an der Decke montiert werden kann.
Auch eine Art Spanngurt ist darin enthalten, um die Kamera an Pfosten oder Baumstämmen zu montieren. Hier ist darauf zu achten, dass diese etwas dicker sein sollten. Die Kamera selbst wiegt etwa 850 Gramm, mit dem Montageaufsatz kommt man auf ein gutes Kilo.

Auch Warnsticker sind in der Box enthalten.
© Marcel Strobl
Die Kamera ist über die App schnell eingerichtet, kann aber auch mit dem Computer-Client eingerichtet und gesteuert werden. Verbunden habe ich die Reolink Altas PT Ultra mit meinem 5 GHz WLAN, es ist allerdings auch eine Verbindung mit einem 2,4 GHz WLAN nötig. Einen SIM-Kartenslot besitzt die Reolink Altas PT Ultra nicht, sie kann also nicht über Mobilfunk betrieben werden.
Kein Abo nötig
Hervorzuheben ist, dass für den Betrieb der Kamera kein Abo nötig ist (aber trotzdem angeboten wird). Die Bedienung der Security-Kamera per App ist sehr intuitiv. Es ist auch möglich, die App auf mehreren Geräten zu installieren und die Kamera für andere Personen freizugeben. So können diese ebenfalls auf die aufgenommenen Videos zugreifen oder die Kamera nach Belieben steuern.

Die App ist übersichtlich und bietet viele Einstellungsmöglichkeiten.
© Screenshot
Wer die Kamera außerhalb der App verwenden möchte, wird enttäuscht sein. Die Kamera kann zwar mit Google Home verbunden werden, es benötigt allerdings ein Smart Display oder einen Chromecast, um Aufnahmen zu streamen.
Die Kamera ist nicht mit Apples HomeKit-Software kompatibel, kann allerdings mit dem Reolink Hub in die beliebte Smarthome-Anwendung Home Assistant integriert werden. Der Hub wird ebenso benötigt, um die Protokolle und Standards ONVIF und RTSP nutzen zu können. Für 0815-Nutzer sind diese nicht von Bedeutung.
Startschwierigkeiten mit der SD-Karte
Die aufgezeichneten Videos lassen sich auf einer microSD-Karte (nicht im Kauf enthalten), dem Reolink Hub, NAS oder FTP-Server speichern. Ich habe mich für erstes entschieden, wobei die erste microSD-Karte kurz funktionierte, dann allerdings eine Fehlermeldung generierte. Auch das Formatieren der Karte brachte keine Besserung. Der Betrieb mit einer anderen microSD-Karte funktionierte allerdings.
Die aufgenommenen Videoclips können am Handy oder Computer heruntergeladen werden, sofern die Kamera auch online ist. Auf der SD-Karte selbst werden sie je nach Einstellung zwischen einen und 30 Tage lang gespeichert (verschlüsselt oder unverschlüsselt). Man kann auswählen, dass nur die ältesten Dateien überschrieben werden sollen, wenn der Speicherplatz voll ist. Je nach Speichergröße kann man somit auch ältere Videos abrufen. Es sei allerdings angemerkt, dass datenschutzrechtlich nur eine Speicherung von 72 Stunden als zulässig erachtet wird.
Verschiedene Aufzeichnungmodi
Es gibt verschiedene Aufzeichnungsmodi: Die akkuintensive Daueraufzeichnung zieht etwa ein Prozent Akku pro Stunde, hält also etwa 4 Tage. Man kann allerdings auch auswählen, dass die Kamera nur zu bestimmten Zeiten (etwa nachts oder am Wochenende) dauerhaft aktiviert sein soll, um Akku zu sparen.
Bei der Daueraufzeichnung entstehen viele 2 Minuten lange, aneinandergereihte Clips, die man einzeln herunterladen kann. Sollte in dieser Zeit irgendein Ereignis stattgefunden haben, wird dies farblich und durch ein Symbol markiert. Als Ereignis gelten Bewegungen von Menschen, größeren Tieren, Autos und laute Geräusche. Die Daueraufnahme beansprucht etwa ein Gigabyte Speicherplatz pro Stunde. Auf der microSD-Karte werden die Clips als MP4-Datei oder als verschlüsselte Datei gespeichert.
In diesem Modus lassen sich auch Vögel aufzeichnen, die von der Kamera normalerweise nicht erfasst werden - außer wenn sie dicht an der Kamera vorbeifliegen.
Beim Modus “Voraufzeichnung” wird ebenfalls dauerhaft gefilmt, allerdings mit einer niedrigeren Framerate (5 FPS, also 5 Bilder pro Sekunde) anstelle der maximalen 15 FPS. Erst wenn ein Ereignis stattfindet, filmt die Kamera mit voller Framerate weiter.
Gespeichert werden nur Clips mit Ereignissen, zusätzlich zu den 5 Sekunden, die vor dem Ereignis aufgenommen wurden. Das spart nicht nur Akku (in dem Modus hält die Kamera ca. eine Woche durch), sondern auch Speicherplatz auf der microSD-Karte. Diesen Modus kann man auf Wunsch nur an bestimmten Zeiten aktivieren. Wenn der Akkustand unter einen gewissen voreingestellten Wert fällt, deaktiviert sich der Modus zudem automatisch.
Wer sich eine akkubetriebene Überwachungskamera anschafft, hat allerdings kein Interesse, seine Kamera wöchentlich aufzuladen. Der stromsparendste Modus nimmt nur Videos auf, wenn Bewegungen oder Geräusche erkannt werden. Laut Unternehmen kommt man damit bis zu 500 Tage aus (basierend auf 300 Sekunden, also 5 Minuten Aufzeichnungen pro Tag).
Das ist realistisch. Im Test hatte ich einen Akkuverbrauch von etwa einem Prozent pro Woche. Damit könnte ich die Kamera sogar rund 700 Tage mit einer Akkuladung betreiben, wobei ich allerdings auf weniger Aufzeichnungen pro Tag komme. In einem belebteren Eingangsbereich muss man damit rechnen, dass man deutlich weniger lange mit dem Akku auskommt.
Beim Laden des 20.000-mAh-Akkus stieß ich auf ein Problem. Als ich eine 5-Volt-Powerbank an die Kamera angeschlossen habe, bewegte sich die Akkuanzeige keinen Prozentpunkt nach oben. Auch nach einigen Stunden - die Powerbank war bereits leer - gab es keine Änderung. Die Außentemperatur lag dabei bei etwa 5 Grad Celsius, im Handbuch der Reolink Altas PT Ultra wird darauf hingewiesen, dass Ladungen bei Temperaturen zwischen 0 und 45 Grad durchgeführt werden sollen. Nachdem ich die Kamera in meiner Wohnung angesteckt hatte, funktionierte das Laden allerdings (auch mit der Powerbank). Ich vermute daher, dass die Kälte die Ladeleistung extrem gedrosselt hat - was auch mehrere Amazon-Käufer in ihren Bewertungen berichten.
Reolink bietet die Altas PT Ultra auch in Kombination mit einem kleinen, 6 Watt starken PV-Modul an. Dieses kann man etwa neben der Überwachungskamera an der Hausmauer installieren. 10 Minuten direkte Sonneneinstrahlung auf das Modul sollen laut Hersteller reichen, um die Kamera einen Tag lang zu betreiben.
Auto-Tracking dank PIR-Sensor
Ein kleiner Motor sorgt dafür, dass sich die Kamera zum Ort des Geschehens hindreht. Menschen sowie größere Tiere erkennt sie durch einen sogenannten PIR-Sensor, der auf Veränderungen der Infrarot-Wärmestrahlung reagiert. So wird kein Alarm ausgelöst, wenn sich Objekte etwa durch starken Wind bewegen. Da ich die Kamera im Winter getestet habe, ist der Wärmeunterschied zwischen der Umgebung und einem Menschen natürlich besonders groß. Ob der Sensor auch im Sommer so gut funktioniert, wird sich erst zeigen.
Die Erkennung funktioniert zumindest im Winter sehr gut. Sie erkennt mich zuverlässig und hat auch schon Vögel aufgenommen, die in der Nähe meiner Terrasse nach Würmern suchten. Dabei ist allerdings unklar, ob die Kamera auf die Bewegungen oder die Geräusche der Vögel reagiert hat. Durch die integrierte Geräuscherkennung nimmt sie nämlich auch Videos auf, wenn ein Vogel laut zwitschert.
Automatische Zielverfolgung
Bei der automatischen Zielverfolgung (Auto-Tracking) hakt es allerdings. Sie ist oft etwas träge. Es kann sein, dass sich schnell bewegende Objekte nicht zuverlässig verfolgt werden. So kann man sich manchmal direkt unter der Kamera verstecken, ohne dass sich die Kamera nach unten bewegt. Man muss allerdings dazusagen: In diesem Fall war der Akku der Kamera bereits unter 5 Prozent gefallen. Bei vollerem Akku funktioniert das Tracking deutlich besser.
Nachdem das Ziel verfolgt wurde und aus dem Aufnahmebereich tritt, kehrt die Kamera wieder zum ursprünglichen Bereich zurück. Das Tracking lässt sich auch deaktivieren, wodurch die Kamera nur auf einen fixen Ort gerichtet ist.
Das Tracking scheint nachts Schwächen zu haben. Sobald es für die Kamera so dunkel ist, dass sie ihr Licht anschalten muss (mehr dazu weiter unten), wird das Tracking deutlich schlechter. Es funktioniert dann nur, wenn man sich nahe bei der Kamera befindet (etwa 3 bis 5 Meter).
Bei der Kamera können sogenannte Privatzonen eingerichtet werden. Hier lassen sich bestimmte Zonen des Bildausschnitts schwärzen - etwa, wenn ein Teil des Nachbargrundstücks oder der Straße aufgenommen wird. Privatzonen machen beim Auto-Tracking allerdings keinen Sinn, da sie sich mit der Kameraausrichtung mitbewegen. So kann es im schlimmsten Fall sein, dass ein Eindringling gerade so steht, dass er von der schwarzen Fläche der Privatzone überdeckt wird. Privatzonen sollten außerdem nicht mit Nichterkennungszonen verwechselt werden. In diesen Bereichen schlägt die Kamera nicht an, auch wenn dort ein Ereignis stattfindet.
Eigenen Alarm eingeben
Apropos anschlagen: Sobald die Kamera eine Bewegung erkennt, kann eine Push-Benachrichtigung oder eine E-Mail-Benachrichtigung ausgeschickt werden. Hier kann man einstellen, ob Mensch, Tier und Auto erkannt werden sollen bzw. auch Optionen kombinieren. Die Push-Benachrichtigung kommt etwa 5 bis 10 Sekunden zeitverzögert am Handy an. Über die App kann man dann auf das Livebild zugreifen, bzw. die entsprechende Aufnahme abrufen (es vergehen nochmal 5 bis 10 Sekunden). Ist der Eindringling immer noch im Bild, hat man die Möglichkeit, manuell eine Sirene auszulösen. Es ist auch möglich, dass die Sirene automatisch angeht, sobald eine Bewegung erkannt wird. Wem das zu schrill ist, kann 5-sekündige Sprachnachrichten als Alarmton abspielen lassen.
Die Kamera funktioniert auch als Außenteil einer Gegensprechanlage, das Smartphone ist dabei das Innenteil. Der Lautsprecher könnte dabei lauter sein. Er ist laut genug, dass man ihn innerhalb von ca. 5 Metern gut hört. Installiert man die Kamera sehr hoch am Haus und hat einen großen Garten, kann das allerdings zum Problem werden. Auch die Sirene ist nicht übermäßig laut, jedoch schrill. Das Mikrofon ist deutlich besser, es zeichnet auch leise Geräusche auf und verstärkt sie.
Gute Bildqualität - auch bei Nacht
Die Reolink Altas PT Ultra nimmt mit 3.840 x 2.160 Pixel auf, also UltraHD, oft als 4K bezeichnet. Solche Zahlen sagen bei Überwachungskameras wenig aus und sind überwiegend Marketing-Sprech. Richtigen Einblick erhält man nur, wenn man sich entsprechende Aufnahmen der Kamera anschaut.
Was bei der Altas PT Ultra heraussticht, sind die Nachtaufnahmen. Diese sind auch bei schwachem Umgebungslicht in Farbe. ColorX nennt Reolink das, und die Ergebnisse überzeugen. Gerade bei Dämmerung und der "blauen Stunde" sehen die Aufnahmen immer noch so aus, als hätte man sie etwa am frühen Vormittag aufgenommen.
Die Kamera hat oberhalb der Linse Lichter montiert, die als Scheinwerfer dienen. Die maximale Helligkeit kann man in der App regeln. Es ist auch möglich, sie durchgängig eingeschaltet zu lassen, was natürlich den Akkuverbrauch erhöht. Normalerweise schalten sie sich nur an, wenn nicht genug Umgebungslicht für die Farbaufnahmen der Kamera vorhanden ist.
Über eine Infrarotkamera verfügt die Altas PT Ultra nicht. Ist es daher sehr dunkel und der Scheinwerfer der Kamera wegen des niedrigen Akkustands ausgeschaltet, funktioniert auch das ColorX nicht sehr gut. Insgesamt wird die Aufnahmequalität heruntergeregelt, wenn der Akku nicht ausreichend geladen ist.
Fazit
Mit einem Preis von rund 150 Euro (160 mit PV-Modul) gehört die Reolink Altas PT Ultra sicher nicht zu den günstigsten Überwachungskameras am Markt. Berücksichtigt man die Bauqualität, die Ausstattung und die Laufzeit, ist der Preis allerdings gerechtfertigt. Auch dass für den Betrieb der Überwachungskamera kein Abo benötigt wird, um die Videos in der Cloud zu speichern, ist positiv.
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Für eine durchgehende Aufzeichnung ist die Kamera meiner Meinung nach nicht geeignet - außer man möchte sie alle paar Tage laden. Ein weiterer Negativpunkt: die etwas lahme und manchmal fehlerhafte Autoverfolgung. Auch wenn Objekte meistens sehr gut erkannt werden, bleiben sie nicht immer im Bild.
Wer mit diesen Einschränkungen leben kann und einfach eine Kamera sucht, die bei Bewegung anspringt und aufzeichnet, was z. B. im Garten los ist, kann mit der Reolink Altas TP Ultra nichts falsch machen. So eine gute Aufnahmequalität und so gute, farbige Aufnahmen bei wenig Licht findet man nicht bei vielen Konkurrenten. Wer einen Bereich allerdings durchgängig aufnehmen will, sollte sich um eine kabelgebundene Alternative umsehen.
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