Links das Z Flip halbgefaltet, rechts ein nicht faltbares S10

Links das Z Flip halbgefaltet, rechts ein nicht faltbares S10

© Thomas Prenner / futurezone

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Samsung Galaxy Z Flip im Test: Falten, um aufzufallen

Es ist für Samsung auch ein Stück Ehrensache. Nach dem Fiasko rund um dem Galaxy Fold musste das Unternehmen schnell nachlegen, um zu zeigen, dass man sehr wohl faltbare Handys bauen kann - die länger als einen Tag halten. 

Das Ergebnis ist das Galaxy Z Flip (1.480 Euro), das gleichzeitig mit dem Galaxy S20 vorgestellt wurde. Das Handy verfügt nicht nur über ein faltbares Haupt-Display mit einer Diagonale von 6,7 Zoll, sondern auch über ein kleines Außendisplay. Dieses kommt zum Einsatz, wenn das Handy zusammengeklappt ist. 

Aufgeklappt sieht das Handy wie ein normales Smartphone aus. Zusammengeklappt wird es halb so groß, aber doppelt so dick. Samsung setzt hier auf denselben Formfaktor wie Motorola mit dem Razr. Die futurezone hat das Samsung Galaxy Z Flip getestet.

Vorsichtiges Falten

Auch wenn es Samsung geschafft hat, den Faltmechanismus stabiler als beim Fold zu machen, sollte man mit dem Z Flip dennoch vorsichtig umgehen. Damit niemand zu Samsung sagen kann, “Das habe ich nicht gewusst”, klebt bereits beim Auspacken auf dem Handy ein großer, schwarzer Sticker, der sagt, was man machen darf und was nicht.

So wird etwa davon abgeraten, mit spitzen Gegenständen auf dem Screen herumzukratzen (sagt bloß) oder irgendetwas zwischen den zusammengeklappten Screen einzuklemmen. Außerdem darf man keine Displayschutzfolien (oder andere Sticker) auf den Bildschirm kleben.

Der Faltmechanismus selbst wirkt deutlich langlebiger als beim Fold (futurezone Hands-on). Das Scharnier macht einen ausreichend stabilen Eindruck. Dennoch hatte ich in den ersten Stunden mit dem Handy ständig das Gefühl aufpassen zu müssen, es nicht kaputt zu machen. Das liegt unter anderem auch daran, dass das Gerät relativ hart zusammenklappt und dabei ein anfangs gewöhnungsbedürftiges Geräusch macht. Laut Samsung ist das Z Flip für 200.000 mal auf- bzw. zuklappen konzipiert.

Streicht man mit dem Finger über das Display, bemerkt man, dass es keine ebene Fläche ist. Dort, wo das Display zusammenklappt, ist eine Mulde spür- und im richtigen Winkel auch sichtbar. 

Rund um das Display befindet sich beim Flip ein relativ dicker Rahmen, der auch etwas vorsteht. Das ist zwar nicht schön, aber notwendig, damit beim Zusammenklappen Rahmen auf Rahmen und nicht Display auf Display stößt. 

Der vorstehende Rahmen schließt zusammengeklappt nicht vollständig ab. So ist beim Handy auch zugeklappt immer ein Spalt sichtbar. Das birgt immer die Gefahr, dass sich dort Staub oder anderer Dreck sammelt.

Glas oder Plastik

Darüber, woraus die Displayoberfläche des Z Flip besteht, scheiden sich die Geister. Samsung behauptet, es sei Glas, auf dem eine Folie klebt. Andere meinen, es handle sich maximal um eine Mischung aus Glas und Kunststoff. Schlussendlich läuft es auf die Frage hinaus, ab wann man etwas als “Glas” bezeichnet. 

Wie auch immer man es nennt, das Display des Z Flip fühlt sich in der Praxis weicher an, als von gewöhnlichen Smartphones. Das spürt man nicht nur, man hört es auch, wenn man mit dem Fingernagel darauf klopft. 

Wie anfällig das Display für Kratzer ist, sollte im Rahmen dieses Tests aber nicht auf die Probe gestellt werden. Nach einigen Tagen im Alltagseinsatz war zumindest kein offensichtlicher Kratzer erkennbar. 

Anders übrigens die Außenseite. Der Klavierlack, mit dem jene überzogen ist, erweist sich als sprichwörtlicher Magnet für kleine Kratzer. 

Darstellungsqualität und Seitenverhältnis

Der OLED-Screen löst mit 1.080 x 2.636 Pixel auf und kommt damit bei 6,7 Zoll auf eine Pixeldichte von 425 PPI. Das geht in Sachen Schärfe in Ordnung. Auch Darstellungsqualität ist okay, spielt aber im direkten Vergleich nicht in einer Liga mit dem Galaxy S20 Ultra oder dem Note 10. Die Farben sind zwar strahlend, wirken aber im Vergleich zu den anderen High-End-Handys fast schon übersättigt. Negativ ins Gewicht fällt, dass das Handy dazu neigt, stark zu spiegeln.

Ebenfalls gewöhnungsbedürftig ist das Seitenverhältnis von 21,9:9. Der etwas langgezogene Screen ist zum vertikalen Browsen oder Lesen von Texten praktisch. Für das Betrachten von Fotos oder Videos hat man oben und unten aber sehr viel toten Schwarzraum. Gleiches gilt, wenn man sich etwa Stories auf Instagram ansieht.

Im Alltag

Ist das Galaxy Z Flip aufgeklappt, fühlt es sich (bis auf die horizontale Mulde) wie ein normales Smartphone an. Zusammengeklappt ist kleiner, aber dicker. Nachdem ich mich jetzt viele Jahre an große aber dünne Handys gewöhnt habe, erfordert der Umgang mit dem Z Flip ein Umdenken. Mehrmals ist es mir etwa am ersten Tag passiert, dass ich das Handy aufgeklappt eingesteckt habe.

In manchen Situationen ist es durchaus praktisch, dass das Handy kleiner ist. Allerdings sind Kleidung und Taschen oft gar nicht dafür ausgelegt. Das Smartphone-Fach in meinem Rucksack ist etwa für klassische Smartphones gemacht. Das zusammengeklappte Z Flip passt zwar rein, sorgt aber für eine ungewohnte Ausbuchtung.

Neben voll auf- und zugeklappt kann man das Z Flip auch in einem Winkel von 90 Grad aufklappen. So kann man auf der oberen Seite etwa ein Video abspielen und das Handy mit der Unterseite auf den Tisch stellen. 

Unterstützt wird dieser 90-Grad-Modus aktuell noch von so gut wie keiner App. Lediglich Systemanwendungen wie die Kamera und der interne Videoplayer registrieren, dass das Handy halb aufgeklappt ist und passen die Anzeige entsprechend an.

Damit man das Handy nicht ständig auf- und zuklappen muss - etwa um auf die Uhr zu schauen, verfügt das Z Flip über ein kleines Zweitdisplay an der Außenseite. Mit einer Diagonale von 1,1 Zoll ist der AMOLED-Screen aber wirklich sehr klein ausgefallen. 

Neben der Uhrzeit kann man auch die letzten 3 Notifications per Icon und eine Vorschau per Laufschrift anzeigen. 

Das Zweitdisplay hat noch eine wesentlich amüsantere Funktion. So kann man per Power-Button zugeklappt die Hauptkamera aktivieren und die kleine Anzeige als Sucher verwenden. So kann man Selfies machen. Das funktioniert in der Praxis gut und ist zumindest ein Hingucker.

Spezifikationen, Akku und Kamera

Beim Innenleben des Galaxy S Flip merkt man, dass das faltbare Handy mit Vorlaufzeit konzipiert wurde. Die Spezifikationen lesen sich so, wie die eines Android-Spitzenmodells des vergangenen Jahres. Als Chip kommt ein Snapdragon 855 mit Adreno 640 Grafikchip zum Einsatz, Arbeitsspeicher sind  8 Gigabyte vorhanden. Das reicht aus, um aktuell so ziemlich jede App, Spiel und Webseite flüssig zu bedienen. Auch Multitasking ist mit der Hardware kein Problem.

Der Fingerabdrucksensor befindet sich nicht unter dem Display, sondern im länglichen Power-Button an der Seite. In Sachen Präzision konnte mich der Sensor nicht überzeugen. Zumeist brauchte es 2 oder mehr Versuche, um das Handy erfolgreich zu entsperren.

Aus konstruktionstechnischen Gründen verfügt das Z Flip über 2 Akkus, die zusammen auf eine Kapazität von 3.300 mAh kommen. Das sind 100 mAh weniger als das S10 und 700 mAh weniger als das S20. In der Praxis reichte die Kapazität des Akkus aus, um relativ problemlos über einen durchschnittlichen Tag zu kommen.

Nach etwas mehr als 2 Stunden Screentime hatte ich noch rund 50 Prozent übrig. Herausragend ist diese Akkulaufzeit nicht. Bei intensiver Nutzung inklusive Navigation und häufigem Fotografieren - etwa auf Reisen - wird man um ein Akkupack nicht herumkommen.

Bei den Kameras setzt Samsung auf eine reguläre Weitwinkel- sowie eine Ultraweitwinkellinse. Mit einer maximalen Blende von f/1.8 und einer Pixelgröße von 1.4µm liefert die Weitwinkelkamera erwartungsgemäß bessere Ergebnisse als die Ultraweitwinkelkamera mit f/2.2 und 1.12µm.

Zwar merkt man anhand der Fotos, dass die Kameras beim Z Flip nicht im Mittelpunkt stehen, sie liefern aber brauchbare Ergebnisse. Mit den Kameras der Samsung-Spitzenmodelle können sie aber nicht mithalten. Auch Samsungs Vorjahresmodell Galaxy S10 - das ich die Wochen vor dem Flip vorwiegend genutzt habe - kann das Z Flip nicht das Wasser reichen. Die Kamera des Z Flip fokussiert etwa langsamer und liefert unterm Strich weniger prächtige Fotos.

Fazit

Dass man das Samsung Galaxy Z Flip zusammenklappen und dadurch kleiner machen kann, ist in manchen Situationen praktisch. Lebensverändernd ist das allerdings nicht, vor allem nachdem man sich jahrelang an große, dünne Handys gewöhnt hat. Auch Smartphone-Fächer in Taschen oder Rucksäcken sind eher für solche klassischen Geräte und weniger für kleine quadratische Klotze ausgelegt.

Etwas mehr hätte ich mir bei der Software gewünscht. Sogar die System-Apps, die sich den Klappmechanismus irgendwie zunutze machen, kann man an einer Hand abzählen. Hier hätte ich mir gewünscht, dass Samsung zumindest ein paar mehr Showcase-Apps und Funktionen mitliefert, einfach nur um ein Statement abzuliefern.

Das kleine Display auf der Außenseite ist gut gedacht, müsste aber eine Spur größer sein, um wirklich sinnvoll eingesetzt werden zu können. Wie ein Rückschritt wirkt der Fingerabdrucksensor. Nicht nur, dass er nicht unter dem Display ist, er funktioniert auch weniger zuverlässig, als ich das von anderen Handys gewohnt bin. 

Nichtsdestotrotz ist das Galaxy Z Flip ein Handy, das mit dem traditionellen Formfaktor Smartphone bricht und alleine deswegen schon ein Hingucker ist. Wem das reicht, wer auffallen möchte und 1.480 Euro übrig hat, kann bei dem Handy zuschlagen. Alle anderen sollten sich gedulden. Faltbare Displays stehen erst am Anfang.

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Thomas Prenner

ThPrenner

Beschäftigt sich mit Dingen, die man täglich nutzt. Möchte Altes mit Neuem verbinden. Mag Streaming genauso gern wie seine Schallplatten. Fotografiert am liebsten auf Film, meistens aber mit dem Smartphone.

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