Symbolbild: Garmin Forerunner 165 Laufuhr

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Verkaufsverbot von Garmin-Uhren: Strava zieht Klage zurück

Anfang Oktober hat Strava überraschend Garmin geklagt. Nicht nur die Techindustrie hat sich über diesen Schritt gewundert: Auch Anwälte zweifelten, ob diese Patentklage wegen der Funktion Heatmaps erfolgreich sein kann und das geforderte Verkaufsverbot für viele Garmin-Geräte, wie Uhren und Fahrradcomputer, durchgesetzt werden kann.

Genauso überraschend wurde die Klage jetzt eingestellt. Wie DC Rainmaker berichtet, wurden die Gerichtsunterlagen am 21. Oktober aktualisiert: „Strava zieht freiwillig seine Klage zurück.“ In der Historie der Gerichtsunterlagen hat Garmin, in den 21 Tagen, seit die Klage eingereicht wurde, keine Stellungnahme hinzugefügt oder Einreichungen als Reaktion getätigt. Das heißt, die Entscheidung für Stravas Rückzug wurde außerhalb des Gerichts gefällt.

Ob Strava einfach aufgegeben oder mit Garmin eine Einigung erzielt hat, ist unbekannt. Bisher haben beide Unternehmen keine Stellung zu dieser Sache abgegeben.

Worum ging es bei dem Streit?

Was auf den ersten Blick wie ein typischer Patentstreit aussah, hat in Wahrheit aber einen ganz anderen Hintergrund. Zuerst sollte man allerdings den Patentstreit verstehen.

Bei Heatmaps handelt es sich um Karten, auf denen man sieht, welche Wege oder Straßen besonders häufig genutzt werden, etwa von Radfahrern oder Läufern. Basis sind Daten, die durch die verschiedenen Aktivitäten der Nutzerinnen und Nutzer gesammelt werden. Will man nun etwa von A nach B radeln, schlägt einem Garmin automatisch eine Strecke vor, die bei Radfahrern beliebt und somit wahrscheinlich auch gut ist.

Strava-Heatmap von der Donaunisel und Wien

Strava-Heatmap von der Donaunisel und Wien

Bei den Segmenten handelt es sich um fest definierte Strecken, auf denen es Bestzeiten zu holen gilt. Ein Segment kann zum Beispiel eine Bergstraße mit definiertem Start (z. B. ganz unten) und Ende (am Gipfel) sein. Auf Strava sieht man etwa, wer diesen Berg dann am schnellsten hinausgelaufen oder geradelt ist und den KOM/QOM (King/Queen of the Mountain) geholt hat.

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Erfolgsaussichten unklar

Experten aus dem Bereich konnten die Klage nicht ganz nachvollziehen. Der bekannte YouTuber DC Rainmaker sah etwa geringe Erfolgsaussichten für Strava, zumindest bei den Heatmaps. Strava berief sich auf ein Patent, das im Dezember 2014 beantragt und im März 2016 genehmigt wurde.  

Allerdings lässt sich nachvollziehen, dass Garmin Heatmaps schon früher in ausgewählten US-Städten angeboten hat – bereits im März 2013 und damit eineinhalb Jahre vor Stravas Patentanmeldung. Auch andere Anbieter und die New York Times experimentierten früh mit ähnlichen Visualisierungen.

Bei den Segmenten sieht die Faktenlage ein bisschen anders aus. Hier ist Garmins System oberflächlich betrachtet tatsächlich mehr oder weniger eine Kopie der Strava-Segmente. 

Strava führte diese Funktion bereits 2009 ein und meldete im Jahr darauf ein Patent an. Garmin veröffentlichte im Juni 2014 sein eigenes Segment-System mit der Edge-1000-Serie an Fahrradcomputern und baute es in nachfolgende Geräte ein, parallel zu den Strava-Segmenten. Man könnte hier allerdings die Frage stellen, warum Strava da erst mehr als ein Jahrzehnt später draufkommt.

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Der wahre Hintergrund

Auslöser für Stravas Unmut dürfte eine Änderung bei Garmins Partner-API gewesen sein. Da Strava selbst keine Fitness-Tracker herstellt, ist der Dienst darauf angewiesen, dass Nutzer ihre sportlichen Aktivitäten von Geräten von Drittherstellern - wie etwa Garmin-Sportuhren - hochladen. Und genau dafür ist Strava auf die API angewiesen. 

Garmin verlangt seit Juli von Partnern wie Strava, dass das Garmin-Logo auf allen Aktivitäten deutlich platziert sein muss. Das gefällt Strava gar nicht, wie Chef-Produktmanager Matt Salazar in einem Reddit-Post erläuterte. Strava habe bis zum 1. November Zeit, diese Vorgabe zu erfüllen, andernfalls drohe Garmin, den API-Zugang zu sperren und so den Upload von Garmin-Aktivitäten zu Strava zu verhindern.

Salazar kritisierte diese Richtlinien als unverhohlene Werbung, die das Nutzererlebnis von Strava und über 150 Millionen Sportlern verschlechtert. Er betonte, dass die aufgezeichneten Aktivitäten den Nutzern gehörten und diese ihre Daten frei übertragen sollten, ohne dass Logos oder Marketingzwänge dies begleiteten. Trotz mehrmonatiger Verhandlungen konnte Strava keine einvernehmliche Lösung mit Garmin finden.

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Andere Reddit-Nutzer orten hier eine eher schwache Argumentation seitens Strava. Denn dass der Dienst selbst sein Logo prominent platziert, wenn man seine Aktivitäten auf Instagram oder anderen Plattformen teilt, erwähnt Salazar nicht. 

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Thomas Prenner

ThPrenner

KURIER-futurezone Chefredakteur. Beschäftigt sich viel mit Dingen, die man täglich nutzt und schreibt darüber. Sitzt außerdem gerne am Fahrrad.

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