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Xiaomi 12S Ultra im Test: Was kann die Kamera mit Riesensensor?

Das Xiaomi 12S Ultra kommt mit dem größten Kamerasensor. Dafür müssen Kompromisse anderswo hingenommen werden.

Ultra-Smartphones stehen ja nicht unbedingt für Massenprodukte, die zu den meistverkauften Handys zählen. Vielmehr sind es Geräte, mit denen die Hersteller zeigen wollen, zu welchen Meisterleistungen sie fähig sind.

So auch beim Xiaomi 12S Ultra: Es kommt mit absoluten Top-Spezifikationen und einer übergroßen Kamera samt Leica-Zertifizierung. Ich habe das neue Xiaomi-Flaggschiff für kurze Zeit unter die Lupe nehmen können und mich hauptsächlich mit der Kameraqualität beschäftigt.

Nur als Importgerät erhältlich

Warum nur die Foto- und Videoqualität? Weil es sich bei dem Testgerät um ein aus China importiertes Smartphone handelt, dessen Betriebssystem auf den dortigen Markt abgestimmt ist. Insofern sind beispielsweise die Google-Services nur eingeschränkt verfügbar und auch beim Mobilfunk läuft nicht alles glatt.

Die Kamera und dessen Qualität sind aber nicht von den Einschränkungen des Importgeräts betroffen. Außerdem ist die restliche Hardware weitgehend mit dem Xiaomi 12 Pro ident - hier geht's zum futurezone-Test. Ob das 12S Ultra überhaupt in Österreich auf den Markt wird, ist unklar und eher unwahrscheinlich.

Gewöhnungsbedürftiger Formfaktor

Das Xiaomi 12S Ultra ist geprägt von dem riesigen, kreisrunden Kameramodul auf der Rückseite, das sich deutlich und überdurchschnittlich weit vom restlichen Gehäuse abhebt. Die große Kamera trägt wesentlich zum hohen Gewicht von 225 Gramm bei.

Durch den riesigen Klotz am oberen Ende des Geräts, ist das Smartphone nicht ausbalanciert. Als ich es mit einer Hand gehalten habe, hatte ich so manches Mal das Gefühl, es kippt gleich nach vorne über.

Eine reine Geschmackssache ist die Materialwahl der Rückseite. Dort kommt nämlich ein veganer Fake-Lederbezug zum Einsatz, wodurch das Gerät nicht rutschig ist und auch keine fettigen Fingerabdrücke sichtbar werden.

Technische Spezifikationen

Xiaomi 12S Ultra

  • Maße und Gewicht: 163,2 x 75 x 9,1 Millimeter, 225 Gramm
  • Display: 6,73 AMOLED, LTPO2, 120 Hz, Dolby Vision, HDR10+, 1.000 nits (HBM), 1.500 nits (peak), 1.440 x 3.200 Pixel, Corning Gorilla Glass Victus
  • Kamera:
    • 50,3 MP Hauptkamera: f/1.9, 1.00", 1.6µm, PDAF, Laser AF, OIS
    • 48 MP Teleobjektiv: 5-facher optischer Periscope-Zoom, f/4.1, 1/2.0", 0.8µm, PDAF, OIS
    • 48 MP Weitwinkel: f/2.2, 1/2.0", 0.8µm, PDAF
  • Tiefensensor: TOF 3D
  • Video: 8K@24fps, 4K@60fps, 1080p@240fps (max), 720@3840fps (max)
  • Selfie-Kamera: 32 MP, f/2.4, 0.7µm
  • Prozessor: Qualcomm Snapdragon 8 Gen1 (4 nm)
  • Speicher: 8/256 GB, 12/256 GB, 12/512 GB UFS 3.1
  • Akku: 4.860 mAh, 67 Watt Charging, 50 Watt Wireless Charging, 10 Watt Reverse Charging
  • Software: Android 12, MIUI 13
  • Sonstiges: NFC, Wi-Fi 802.11 a/b/g/n/ac/6e, Bluetooth 5.2 (aptX HD, aptX Adaptive), kein Kopfhöreranschluss, kein microSD-Karten-Einschub, keine eSIM, IP68 Wasserschutz
  • Preis: ca. 1.120 Euro (8/256GB-Version), nur über Importhändler verfügbar

Xiaomi 12S Ultra

Spitzen-Display, starke Leistung

Auch wenn das Gerät etwas aus dem Gleichgewicht gekommen ist, gibt es an der sonstigen Hardware nichts auszusetzen. Das 120 Hz OLED-Display ist wunderbar kristallklar und besonders flüssig beim Scrollen. Die Verarbeitung ist top, die Ränder um das Display schmal und der Fingerabdrucksensor funktioniert weitgehend zuverlässig.

Ähnlich sieht es bei der Leistungsfähigkeit aus. Die einzigen Wartezeiten, die beim Fotografieren autreten, sind während der langen Belichtungen im Nachtmodus. Weder beim Abspeichern der Bilder noch bei der Fotobearbeitung in der Kamera-App sind Verzögerungen aufgetreten.

Kameraqualität

Betrachtet man die Kamera-Spezifikationen auf dem Papier, wird auf dem ersten Blick deutlich, dass es sich um eine außergewöhnliche Kamera handelt. Allein mit der Sensor-Größe von einem ganzen Zoll hebt sich das Gerät von den allermeisten Konkurrenzprodukten ab.

Dass diese (nahezu) einzigartige Kamera-Hardware für hervorragende Bilder sorgt, bestätigt sich schon nach den ersten Aufnahmen.

Xiaomi 12S Ultra

Die Leica-Kamera

Die Kooperation zwischen Leica und Xiaomi macht sich im Alltag insofern bemerkbar, dass man bei Fotoaufnahmen grundsätzlich die Wahl zwischen "Leica Authentic" und "Leica Vibrant" hat. Bei Videos gibt es diese Auswahl nicht.

Bereits bei den ersten Aufnahmen ist mir aufgefallen, dass die Voreinstellung "Leica Vibrant" für extrem poppige und teils übersättigte Farben sorgt, auch die Kontraste sind auf Anschlag. In manchen Situationen mag das für die gewünschten Ergebnisse sorgen, mir war das allerdings meist etwas zu viel des Guten.

Bilder mit "Leica Authentic" wirken hingegen natürlicher und nicht derart aufdringlich. Mir persönlich ist das lieber, weil ich ausgewählte Bilder lieber selbst im Nachhinein etwas nachbearbeite und daher nicht auf die Aufhübschungs-Algorithmen angewiesen bin.

Xiaomi 12S Ultra - Fotos mit der Hauptkamera

Aber es ist egal für welche Voreinstellung man sich entscheidet: Die Bilder mit dem Xiaomi 12S Ultra sind in der Regel von extrem hoher Qualität. Die Detailtreue ist mehr oder weniger unerreichbar für Konkurrenzprodukte, auch an der Schärfe gibt es nichts auszusetzen.

Auffallend ist der extrem hohe Dynamikumfang der Bilder. Das macht sich unter anderem bei gemischten Lichtsituationen positiv bemerkbar. Insofern hat das 12S Ultra mit einem Licht-Schatten-Wechsel keine Probleme und kann sowohl die hellen als auch die dunklen Bereiche entsprechend klar darstellen.

Abstriche bei Weitwinkelaufnahmen

Wechselt man auf die Weitwinkelkamera verkleinert sich die Sensor-Größe auf 1/2.0 Zoll, was an der schlechteren Bildqualität deutlich wird. Vor allem dann, wenn das Umgebungslicht abnimmt, schlagen die Schwächen der Weitwinkelkamera durch.

Gegenüber der Hauptkamera müssen nicht nur die üblichen Abstriche bei der Schärfe hingenommen werden, die in erster Linie im Bereich der Ränder auszumachen sind. Auch bei der Farbdarstellung, dem Dynamikumfang und der Detailtreue sind Kompromisse einzugehen.

Im Vergleich mit den Weitwinkelobjektiven anderer Hersteller zeigt sich jedoch, dass das Xiaomi 12S Ultra immer noch eine besonders hohe Qualität liefert.

Xiaomi 12S Ultra - Weitwinkelfotos

5-facher Zoom mit hoher Qualität

Überraschend gute Ergebnisse liefert das Teleobjektiv mit seinem 5-fachen optischen Periscope-Zoom. Im Vergleich mit der Hauptkamera gibt es hier einige Abzüge, etwa kleinere Schwächen bei der Schärfe.

Nichtsdestotrotz eignet sich das Teleobjektiv hervorragend für den alltäglichen Einsatz. Die Darstellung der Details, die natürlichen Farben und die generell hohe Fotoqualität könnte man in diesem Bereich als Alleinstellungsmerkmal des Xiaomi 12S Ultra bezeichnen.

Xiaomi 12S Ultra - Fotos mi 5x optischen Zoom

Nachtmodus mit gemischten Ergebnissen

Der dedizierte Night-Mode kann mit der hohen Bildqualität bei Tageslicht nicht wirklich Schritt halten. Für meinen Geschmack liefert der Standardmodus bei Dunkelheit zum Teil bessere Fotos als der eigentliche Nachtmodus. Nichtsdestotrotz sind mit dem Xiaomi 12S Ultra ausgezeichnete Bilder bei Nacht möglich.

Auffallend ist, dass bei nächtlichen Aufnahmen mit der Hauptkamera die Bildtemperatur extrem warm dargestellt wird. Die Farben sind alle in ein gelb-bräunliches Gemisch getüncht. Einer angenehm nächtlichen Atmosphäre tut dies gut, mir ist es allerdings etwas zu übertrieben.

Im Gegensatz dazu werden nächtliche Weitwinkelaufnahmen wesentlich kälter dargestellt - teilweise sogar zu kalt. Würde sich die Bildtemperatur von Haupt- und Weitwinkelkamera in der Mitte treffen, wäre es ein idealer Kompromiss.

Xiaomi 12S Ultra - Fotos in der Nacht

Darüber hinaus sind bei der Weitwinkelkamera wieder Schwächen bei der Schärfe und in der Folge bei der Darstellung von Details hinzunehmen. Meist sind die Ergebnisse ganz leicht verschwommen, aber immer noch brauchbar.

Das Teleobjektiv liefert bei schlechten Lichtbedingungen durch und durch zufriedenstellende Bilder. Abstriche sind vor allem bei den Details auszumachen, weil sich die Software in einigen Bereichen mit breiigen und grieseligen Flecken weiterhilft.

Porträt-Modus

An der Porträt-Fotografie mit dem Xiaomi 12S Ultra gibt es kaum etwas auszusetzen. Die Person im Vordergrund wird korrekt erkannt und entsprechend freigestellt. Standardmäßig wird mir der Hintergrund etwas zu stark unscharf dargestellt. Allerdings lässt sich die Blendenzahl sowohl vor als auch nach der Aufnahme anpassen.

Auch bei Nacht lassen sich mit dem Porträt-Modus hochqualitative Aufnahmen anfertigen. Auf den Modus, bei dem das Gesicht etwas herangezoomt wird, sollte man bei schlechten Lichtverhältnissen allerdings verzichten: Die Bilder sind hier meist unscharf und nicht wirklich zufriedenstellend.

Xiaomi 12S Ultra - Porträt-Modus

Videoqualität

Wenn es um eine hohe Videoqualität geht, bleibt das iPhone das Maß der Dinge - daran kann auch das Xiaomi 12S Ultra nichts ändern. Im Vergleich mit anderen Android-Phones ist die Videoqualität des Xiaomi-Geräts aber bestimmt in den Top 3 anzusiedeln.

Problematisch bei der Videoaufnahme (getestet bei 1080p@30fps) ist in erster Linie der Bildstabilisator. Hält man das Smartphone extrem ruhig oder man verwendet gar ein Stativ kommt die Videoqualität am ehesten an das iPhone heran.

Nimmt man aber etwa ein Video auf während man geht, zeigen sich teils deutliche Schwächen. Vor allem deswegen, weil durch die Bewegungen des Smartphones der Bildstabilisator regelmäßig für komplett verrauschte Artefakte sorgt. Ebenso bekommen schnelle Schwenke der Videoqualität gar nicht gut.

Schraubt man den Bildstabilisator nach oben - hier gibt es 3 verschiedene Stufen - kann das Bildrauschen der Bewegungen zwar reduziert werden, dafür nimmt aber die Videoqualität im Allgemeinen ab.

Also: Je weniger Bewegung an der Kamera, desto niedriger das Bildrauschen und desto höher die Bildqualität. Gleichzeitig sollte ausreichend Umgebungslicht vorhanden sein. Denn bei Nacht kann die Videoqualität nur bedingt überzeugen.

Fazit

Nach dem kurzen Test ist klar: Das Xiaomi 12S Ultra ist kein Smartphone, das sich viele Leute kaufen werden. Es ist ein Gerät, bei dem es vielmehr darum geht, neue Standards zu setzen. 

Die Hauptkamera mit dem ein Zoll großen Sensor spricht schon am Papier für sich. Mit dem riesigen Kameramodul muss allerdings ein Kompromiss beim Formfaktor hingenommen werden, der sich Alltag wohl als etwas störend herausstellen wird. 

Dafür liefert die Kamera - in erster Linie bei Fotos mit der Hauptkamera - hervorragende Ergebnisse, an die kein Konkurrenzprodukt herankommt. Auch die Bilder mit dem Teleobjektiv sprechen für sich.

Ob die Kamera den Aufpreis zu manch anderem Flaggschiff-Gerät oder gar zu qualitativ hochwertigen Mittelklasse-Phones wert ist, muss jede*r für sich selber entscheiden.

Fällt hier die Antwort auf "Ja" sollte jedoch berücksichtigt werden, dass das Xiaomi 12S Ultra derzeit in Österreich nur als Importgerät für rund 1.120 Euro erhältlich ist, was mit weitreichenden Einschränkungen im Betriebssystem einhergeht.

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Florian Christof

FlorianChristof

Großteils bin ich mit Produkttests beschäftigt - Smartphones, Elektroautos, Kopfhörer und alles was mit Strom betrieben wird.

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