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Science

Gas aus dem eigenen Biomüll statt aus Russland

Alexander Krajete ist gelernter Industriechemiker. Er hat vor 10 Jahren seine eigene Firma gegründet, um Technologien zu entwickeln, mit denen man unabhängig von großen Energielieferanten ist und dabei auch noch Emissionen reduzieren kann. Gelernt wird dabei direkt von der Natur. Die jahrelange, intensive Forschung und Entwicklung trug Früchte, allerdings zuerst im Industriesektor.

„Wir haben in langjähriger Zusammenarbeit mit großen europäischen Kfz-Herstellern Technologien zur Aufreinigung von Abgasen entwickelt“, erzählt Krajete der futurezone. „Stickoxide und andere Verunreinigungen können wir mit einer eigens entwickelten Adsorptionstechnologie entfernen.“ Große Autohersteller wie VW und Audi sind hier seine Kund*innen. Doch die Technologie ist vielseitig einsetzbar, und zwar auch bei der neuesten Idee des Chemikers aus Pasching in Oberösterreich.

Methanogenese zur Herstellung von Erdgas

Seine Vision: Hausbesitzer*innen sollen aus Garten- und Küchenabfällen ihr eigenes Gas herstellen können, um so die Abhängigkeit von russischen Gasimporten zu reduzieren. Dabei macht man sich die sogenannte „Methanogenese“ zunutze. Das ist ein biologisches Verfahren basierend auf Urmikroorganismen zur Herstellung von Erdgas.

Das oberösterreichische Unternehmen entwickelte dazu einen sogenannten „Fermenter“, der für einen normalen Familienhaushalt mit Garten konzipiert ist. Der Fermenter sieht aus wie ein schwarzer Sack und passt praktisch in jeden Garten. Er ist rund 2 x 1 x 1 Meter groß und kann im Jahr bis zu 1.000 Kilogramm Küchen- und Gartenabfälle verarbeiten. Die Kompostierung ist ressourcenschonend und nachhaltig. Man „füttert“ den Fermenter täglich mit etwa 3 bis 4 Kilogramm Abfällen.

So sieht der „schwarze Sack“, also der Fermenter für den Garten, derzeit aus. Er steht beim Entwickler, der die Methode gerade verfeinert

Bio-Booster mit Mikroben

Doch der „schwarze Sack“ alleine reicht nicht, um aus Rüben- und Karottenschalen und dem gemähten Gras aus dem eigenen Garten Biogas in der Qualität herzustellen, in der man es benötigt, um Erdgas zu ersetzen. Denn das Gemisch, das im Sack entsteht, besteht zu 50 Prozent aus Methan und zu 50 Prozent aus CO2. Um den Anteil an Methan zu erhöhen, müssen die Fermentationsprozesse angeregt werden.

Dabei kommt eine Bio-Booster-Technologie von Krajete zum Einsatz. In der Praxis bedeutet das, dass man als Anwender*in ein Flüssigkeitsgemisch in den Fermenter kippt. Mit der Hilfe von darin enthaltenen Mikroben kann der Anteil von Methan in der Biogasmischung im Fermenter erhöht werden, weil das natürliche Gleichgewicht des Prozesses verändert wird.

Reinigungstechnologie zur Adsorption

Dann ist noch ein dritter Schritt notwendig und hier kommt die Adsorptionstechnologie ins Spiel, die zu allererst für die Autoindustrie entwickelt wurde. „Unsere Advanced Adsorption-Technologie kann für die Aufreinigung von Gas aus Fermentern verwendet werden“, so Krajete. Dadurch bekommt das Biogas den Reinheits- und Qualitätsgrad, der notwendig ist, um es als Erdgas zu nutzen und etwa für die eigene Stromversorgung zu verwenden.

So sieht die Adsorptionsanlage zur Biogas-Aufbereitung aus

Noch in Entwicklung und einige Hürden

Bis zu 1000 kWh Gas in bester Qualität lassen sich mit dieser Heimanlage herstellen. „Das ist etwa ein Drittel des Gasverbrauchs eines Einfamilienhaushalts“, rechnet Krajete vor. „Auch die Anschaffungskosten halten sich in Grenzen. Derzeit würden sie etwa 10.000 Euro betragen, aber am Ende könnten sie auf zirka 3.000 Euro sinken“, sagt der Experte. Das Wort „würde“ heißt: Die Anlage gibt es so noch nicht zu kaufen, sondern ist gerade noch in Entwicklung. Ein halbes Jahr wird es noch in etwa dauern, bis aus dem Prototypen mehr wird.

Der Zeitpunkt für eine solche Entwicklung war jedenfalls nie besser als jetzt, wie Krajete selbst betont. „Bisher sind solche Projekte daran gescheitert, dass Erdgas zu billig war. Diese Rahmenbedingungen ändern sich nun.“ Der Unternehmer sieht aber immer noch Hürden. „Die Leute sind das Hantieren mit Gas nicht gewohnt. Außerdem müsste der Gesetzgeber erst die geeigneten Rahmenbedingungen schaffen.“ 

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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