So sieht der Bio-Prozessor aus.

So sieht der Bio-Prozessor aus.

© FinalSpark

Science

Erster “Bio-Prozessor” aus menschlichen Gehirnzellen hergestellt

Das Schweizer Start-up FinalSpark soll laut eigener Aussage einen "Bio-Prozessor" hergestellt haben, der aus 16 menschlichen Hirn-Organoiden besteht. Verbaute Bio-Prozessoren wie diese sollen "eine Million Mal weniger Strom verbrauchen als herkömmliche digitale Prozessoren", so das Unternehmen.

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Organoide werden aus einem Haufen Stammzellen hergestellt und so gestaltet, dass sie die Struktur und Funktionalität eines Organs wie etwa eines Gehirns imitieren können. Laut FinalSpark ist ihre Neuroplattform in der Lage, Informationen zu erlernen und zu verarbeiten - und das äußerst effizient.

Elektronen stimulieren Zellen und zeichnen Signale auf

Die wichtigste Innovation des Unternehmens besteht aus 4 Multielektroden, die das lebende Gewebe beherbergen. Jede dieser Multielektroden enthält 4 Organoiden, die jeweils wieder mit 8 einzelnen Elektroden verbunden sind. Diese Elektroden können die Gehirnzellen sowohl stimulieren als auch elektrische Signale daraus aufzeichnen.

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Die Organoiden befinden sich dabei in einer Nährlösung, die sie am Leben hält. Während digitale Computerchips allerdings Jahre und Jahrzehnte halten, können die Bio-Prozessoren lediglich etwa 3 Monate genutzt werden.

Noch am Anfang der Forschung

"Stell dir den Forschungsstand mit Quantencomputer vor 20 Jahren vor - das ist der Stand, wo wir heute mit Bio-Computer stehen", beschreibt es Co-CEO Fred Jordan in einem Podcast. Es gebe momentan nur 3 Unternehmen auf der Welt, die sich mit Bio-Prozessoren beschäftigen.

Bio-Prozessoren sollen künftig den immer größer werdenden Energiehunger von IT-Systemen entgegenwirken. Allein das Training von einem Sprachmodell wie GPT-3 benötigt etwa 10 Gigawattstunden, was ungefähr dem 6.000-fachen Energieverbrauch eines durchschnittlichen Europäers entspricht. Mit Bio-Prozessoren wäre dieser Energieaufwand vernachlässigbar.

Künstliche Gehirne müssen trainiert werden

Bis dahin ist es allerdings noch ein weiter Weg. Ähnlich wie bei KI-Modellen müssen auch die Neuronen in Organoiden trainiert werden, um nützliche Outputs zu liefern. Bislang arbeite FinalSpark mit mehreren Universitäten zusammen, um Forschung in diesem Bereich voranzutreiben.

Interessant findet Jordan, dass man mit klassischer KI versucht habe, biologische Prozesse in unserem Gehirn nachzubilden - Stichwort "neuronale Netze". Nun versuche man hingegen wieder, Computerprozesse auf biologische Zellen zu übertragen.

Gleichzeitig gibt es allerdings auch Bemühungen, Hardware mehr an biologische Neuronen anzupassen. Sogenannte neuromorphe Chips verfolgen denselben Ansatz wie FinalSparks Bio-Prozessoren, allerdings ohne die biologische Komponente. Auch sie müssen je nach Anwendung trainiert werden und versprechen im besten Fall enorme Energieeinsparungen sowie deutlich schnellere Berechnungszeiten. 

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