Ein Strand ist mit Müll übersät, im Hintergrund ein Verkaufsstand mit zwei Personen.

In Südostasien gibt es neuerdings eine "Müllsaison" (Symbolbild).

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Science

Auf der Erde entstehen gerade neue Jahreszeiten

Winter, Frühling, Sommer und Herbst – das sind jene Jahreszeiten, die wir in unseren Breiten kennen. Dieser gleichmäßige und verlässliche Wechsel von meteorologisch deutlich voneinander unterscheidbaren Jahresabschnitten ermöglicht es auch, Landwirtschaft zu betreiben. 

Darüber hinaus sind sie die Basis für kulturelle Feste und haben in unseren Gesellschaften eine große Bedeutung. Doch die Welt, wie wir sie kennen, verändert sich gerade und das nicht erst seit Gestern. Grund dafür ist der Mensch, wie Forscher der London School of Economics in einer Übersichtsstudie festhalten. 

Neue Jahreszeiten von und für die Menschen 

Wenn man an neue Jahreszeiten denkt, fällt einem vielleicht der scherzhafte Wommer und Sinter ein. Dass einst vertraute saisonale Muster verschwinden und durch andere ersetzt werden, ist aber gar nicht so lustig. 

Denn menschliche Aktivitäten haben nicht nur Auswirkungen auf die Atmosphäre, sondern auch auf Gewässer, Böden und andere physikalische Kreisläufe. Die Forscher argumentieren, dass neue Jahreszeiten entstehen und dieser Wandel vom Menschen verursacht wird. Sie unterscheiden zwischen aufkommenden, ausgestorbenen, synkopierten oder arithmetischen Jahreszeiten.  

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Smog-Jahreszeit und Müllsaison

Als Beispiele für die Jahreszeiten nennen die Wissenschaftler die “Smog-Jahreszeit”. Diese tritt demnach in den trockenen Zeiten des Jahres und hauptsächlich in der nördlichen Hemisphäre oder in Ländern am Äquator auf. Mehrere Wochen lang sei der Himmel in südostasiatischen Länder in dieser Zeit mit Rauch bedeckt, weil Wälder verbrannt wurden, um Platz für Landwirtschaft zu schaffen. 

Ein weiteres Beispiel der Forscher ist die “Müllsaison”, die zwischen November und März in Bali oder Indonesien stattfindet. In dieser Zeit wird überdurchschnittlich viel Plastik durch die Gezeitenströmungen an die Strände der südostasiatischen Inseln gespült. 

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Jahreszeiten, die aussterben 

Neben neu entstehenden Jahreszeiten verschwinden solche, die wir bisher kannten. Beispielsweise müsse man sich in den Alpenregionen damit arrangieren, dass durch den Klimawandel weniger Schnee fallen kann. Traditionelle Wintersportarten wie Skifahren könnten durch diesen Wandel zunehmend rar werden. 

Tiere müssen ihre Wanderungsmuster anpassen oder wandern gar nicht mehr, wodurch sich Ökosysteme verändern. Beobachtbar sei beispielsweise ein Rückgang von Dreizehenmöwen an den Küsten von Nordengland. Stattdessen siedeln sie sich in der Stadt an, was auch Konflikte mit Menschen mit sich bringe. 

Synkopierte Jahreszeiten 

Sogenannte “synkopierte Jahreszeiten” seien laut den Forschern häufiger zu beobachten. Damit sind Jahreszeiten gemeint, die nicht mehr in gewohnten, regelmäßigen Rhythmen ablaufen. Es handle sich dabei um eine wahrgenommene Verstärkung oder Abschwächung bestehender Jahreszeiten. 

Als Beispiele für synkopierte Jahreszeiten nennen die Wissenschaftler die bereits merkbar häufiger auftretenden heißeren Sommer. Auch die milderen Winter in gemäßigten Klimazonen oder die stärkeren Waldbrände in Nordeuropa seien ein Beispiel für synkopierte Jahreszeiten.  

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Arithmetische Jahreszeiten 

Auch arithmetische Jahreszeiten würden zu den neuen, von Menschen geprägten jährlichen Mustern gehören. Damit meinen die Forscher eine Verschiebung von Naturzyklen, die mit dem menschlichen Kalender nicht mehr zusammenpassen. 

Beispielsweise sind damit ein früherer Frühlingsbeginn oder längere Sommer gemeint. Diese Verschiebungen haben auch weitreichende Auswirkungen auf das Tierreich. Sie können zu einer früheren Brutzeit, längeren Vegetationsperioden oder kürzerem Winterschlaf führen. Durch all diese Veränderungen werde aber nicht nur das Gleichgewicht des Tierreichs, sondern auch jenes in der Gesellschaft durcheinander gebracht – mit kulturellen, aber auch wirtschaftlichen Folgen. 

Denn im Norden Thailands wurde etwa die Nahrungs- und Wasserversorgung beeinträchtigt, indem Staudämme die Fischwanderung blockierten, auf die Gemeinden entlang der Nebenflüsse des Mekong angewiesen sind. Der Klimawandel hat darüber hinaus die Niederschlagsmuster verändert und die Trockenzeit verlängert. Dadurch komme es häufiger zu Bränden und Unsicherheiten in diesen Gesellschaften. 

Anpassung an neue Zeiten 

Diese veränderten saisonalen Muster treten laut den Forschern bereits jetzt auf. Deshalb müssten sich Menschen an diese neuen Zeiten anpassen. Die Bewusstseinsbildung für Smog-Jahreszeiten habe in Südostasien beispielsweise zur Installation für Luftfiltern geführt. 

Wichtig sei aber nicht nur eine Symptombehandlung, sondern auch die Ursachenbekämpfung. Die Gefahr bestehe, dass der immer wieder auftretende Smog als normal angesehen werde und Maßnahmen gegen dieses Problem fehlen. 

Ein stärkeres Bewusstsein für diesen stattfindenden Wandel könne zu politischen Maßnahmen führen, die Gesellschaften und Ökosysteme unterstützen. Die Forscher stellen auch das westliche Verständnis von Zeit in Frage und plädieren für eine Berücksichtigung des indigenen Verständnisses von Zeit. 

“Jahreszeiten sind mehr als nur Zeitabschnitte – sie verbinden uns mit der Natur. Die Synchronisation mit den wechselnden Rhythmen der Jahreszeiten ist für den Aufbau einer nachhaltigen Zukunft unerlässlich”, so die Forscher in einem Artikel, der in the conversation erschienen ist. 

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