
Freeskier wie Matej Svancer sind bei „Big Air“ in der Luft. Forscher steuern Algorithmen zur Leistungsanalyse bei.
Wie Wearables den Skisport verändern
Mit dem legendären Hahnenkammrennen in Kitzbühel erreicht die Wintersportsaison diese Woche einen Höhepunkt. Doch neben traditionsreichen Disziplinen wie Abfahrt und Skispringen werden alternative Skistile seit einiger Zeit beliebter. Schon 1992 war Freestyle olympisch, seit 2022 ist auch Big Air Teil der Spiele.
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Unabhängig von der Disziplin müssen alle Sportler für ihre Erfolge sehr hart trainieren. Sie halten sich an Ernährungspläne und verwenden die beste Ausrüstung. Immer wichtiger wird auch die digitale Dokumentation ihrer Leistung. Mit Apps und Fitnesstrackern wie Fitbit, Polar oder Garmin überwachen die Athleten ihre körperlichen Metriken.
Maßgeschneiderte Technik für den Skisport
Neben allgemeinen Trackern gibt es für den Profi-Skisport noch Spezial-Gadgets. Smarte Skibrillen zeigen etwa Tempo, Sprunghöhe, Sprungdistanz, GPS-Position und Seehöhe auf einem in der Skibrille integrierten Bildschirm an.
Manchmal wünschen sich Sportler und ihre Teams aber speziellere Auswertungen, die verfügbare Geräte nicht bieten. Diese Anwendungen muss man dann erst entwickeln. Denn Messen kann man grundsätzlich viel: Gesammelte Daten sind aber nutzlos, wenn man keine Möglichkeit hat, sie schnell und sinnvoll zu interpretieren. Es braucht erst die passenden Algorithmen.
Sprünge zählen
Salzburger Forscher haben kürzlich gemeinsam mit dem Red Bull Athletes Performance Center einen solchen für Sprunganalysen im Freestyle entwickelt und eine Studie dazu veröffentlicht. „Die Athletinnen wollten, dass man die Anzahl der Sprünge detektieren kann“, erklärt der Forscher Stefan Kranzinger, der auf digitale Bewegungsanalysen spezialisiert ist. „Es hört sich trivial an, aber wenn die Leute trainieren, wollen sie am Ende vom Tag wissen, wie viele Sprünge sie gemacht haben.“
Momentan werden Sprünge manchmal mit Videokameras gezählt, die neben einer Schanze aufgebaut werden. „Beim Video muss ich etwa immer schauen, ob Licht und Perspektive passen. Denn der Algorithmus wird auf eine bestimmte Perspektive trainiert“, sagt Kranzinger. Das Red Bull Athletes Performance Center wollte Sprünge einfacher zählen und wandte sich daher an ihn und seine Kollegen von Salzburg Research.
Manschette am Skischuh
Die Daten werden während der Fahrt von einer Manschette am Skischuh aufgezeichnet. Aus diesen Messwerten ermittelt der Algorithmus dann, wann jemand gerade in der Luft ist.
Der Feldversuch zeigte, dass das Messgerät 100 Prozent der Big-Air-Sprünge, 94 Prozent der mittleren und etwas weniger als die Hälfte der Sprünge detektierte, die 500 Millisekunden oder kürzer dauerten. „Im weiteren Schritt kann man damit ein Trainingsprotokoll erstellen, das direkt an die Trainer übermittelt werden kann“, erklärt Kranzinger.
Zukünftig wollen die Forscher eine Sprungtypanalyse ermöglichen. Die soll dann automatisch erkennen, wie viele 360, Flips und Kicks jemand gemacht hat. Zusätzlich will man die Flugdauer messen.

Um den Skischuh wird eine Manschette geschnallt, in der sich Sensoren befinden. Darunter ist auch ein Trägheitssensor.
© Salzbug Research
Fakten
Messmanschette
Das Gerät wird am Skischuh fixiert. Für das Messen der Sprünge sind u. a. Trägheitsmesssensoren (IMUs) entscheidend, die aufzeichnen, wie schnell ein Skifahrer gerade unterwegs ist. Mit anderen Sensoren darin, wie dem Gyroskop, kann man die Sprungrichtung feststellen und sagen, welcher Sprungtyp das war
Big Air
ist eine Disziplin im Freestyle-Skifahren und bei Snowboard, bei der man von einer großen Schanze springt und in der Luft Tricks macht. Sportler bekommen Punkte für Flughöhe und Ausführung
44 Prozent
der Sprünge, die 500 Millisekunden oder kürzer waren, wurden erkannt. Die Forscher wollen ihren Algorithmus verbessern, damit er diese kurzen Sprünge zukünftig besser erkennt

Die Forscher entwickelten einen Algorithmus, der erkennt, wann ein Skifahrer abhebt.
© Salzburg Research
Freizeitsportler erfahren, wie gut sie fahren
Laut Kranzinger sind solche Trackingtechnologien fürs Skifahren nicht nur für Profis interessant, sondern auch für Freizeitsportler. Eine Manschette soll in etwa 150 Euro kosten. Skilehrer könnten damit zum Beispiel den Fortschritt der Schüler überwachen, weil man damit noch viel mehr messen könne als bloß Sprünge.
Mit der Manschette kann man bereits einen „Carving Score“ berechnen, der bei einem Vorgängerprojekt entwickelt wurde. Damit lässt sich etwa die Beschleunigung in der Kurve und der Aufkantwinkel messen. „Nach dem Skifahren sieht man eine Bewertung von 1 bis 10. Wer öfter Skifahren geht, verbessert sich und man sieht die persönliche Entwicklung“, erklärt Kranzinger.
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Daten allein machen allerdings keinen Athleten zum Olympiasieger. Es bleibt eine körperliche Spitzenleistung und im Falle von Freestyle sogar eine fast künstlerische Ausdrucksart, wie Martin Premstaller, Cheftrainer des österreichischen Freestyle-Teams, kürzlich in der Kleinen Zeitung meinte. Letztendlich gehe es in den Wettbewerben nämlich nicht um die Anzahl der Sprünge, sondern darum, wie cool diese aussehen.
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