Durch die Solid-State-Bauweise sollen Elektroautobatterien mehr Reichweite ermöglichen oder bei gleicher Kapazität weniger Platz benötigen

Durch die Solid-State-Bauweise sollen Elektroautobatterien mehr Reichweite ermöglichen oder bei gleicher Kapazität weniger Platz benötigen

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Science

Neuer Festkörperakku könnte Ende der Reichweiten-Angst bedeuten

Elektromotoren und Batterien sollen maßgeblich dazu beitragen, dass die hohen Emissionen im Straßenverkehr abgebaut werden. Faktoren, die viele Menschen noch davon abhalten, E-Autos zu nutzen, sind Reichweite, Ladegeschwindigkeit und Preis.

Das Forschungsprojekt SUBLIME (Solid state sUlfide Based LI-MEtal) zielt darauf ab, all diese Fliegen mit einer Klatsche zu schlagen. Eine so genannte Festkörperbatterie soll auf gleichem Raum mehr Strom speichern können, leistungsstärker und sicherer als bisherige Lithium-Ionen-Akkus sein.

15 Unternehmen aus ganz Europa arbeiten an dem Projekt mit. Das Austrian Institute of Technology (AIT) nimmt eine Schlüsselrolle dabei ein, die richtige Zusammensetzung von Materialien im Inneren der Batterie herauszufinden.

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Schwefel und Metall

Festkörperbatterien unterscheiden sich von den heute gebräuchlichen Li-Ion-Akkus vor allem dadurch, dass sie keinen flüssigen Elektrolyt haben. Der Elektrolyt ist für den Transport von geladenen Lithium-Ionen zwischen Anode und Kathode – den Elektroden der Batterie – verantwortlich. Vor etwas mehr als einem Jahrzehnt gelang es Forscher*innen erstmals, einen festen Elektrolyten herzustellen, der leitfähiger war als flüssige. Seitdem wird rund um die Welt intensiv an "Solid State Batteries" geforscht.

Feste Elektrolyten können aus unterschiedlichen Materialien bestehen. Als besonders vielversprechend haben sich Sulfide (Schwefel-Metall-Verbindungen) erwiesen. Sie könnten bewirken, dass ein Festkörperakku mit dem selben Volumen wie ein gewöhnlicher Li-Ion-Akku doppelt so viel Kapazität aufweist. In einem E-Auto würde das die Verdoppelung der Reichweite bedeuten.

Die Herausforderungen für Solid-State-Batterien und Lösungsansätze dafür

Diese Grafik aus einer Studie von 2021 zeigt Herausforderungen für Solid-State-Batterien und Lösungsansätze dafür

Bisher eher kurzlebig

Solid-State-Akkus auf Sulfidbasis haben aber auch Nachteile. Durch chemische Reaktionen zwischen dem festen Elektrolyt und den Elektroden beim Be- und Entladen kommt es relativ rasch zu einem Kontaktverlust zwischen Partikeln und der Bildung von so genannten Dendriten. Dabei handelt es sich um wachsende Lithiumfasern zwischen den Elektroden. Durchlöchern die wachsenden Dendriten den Separator, der die Elektroden trennt, kommt es zu einem Kurzschluss. Die Bildung von Dendriten kommt auch bei herkömmlichen Li-Ion-Akkus vor, wodurch auch Brände ausgelöst werden.

Festkörperbatterien sind zwar weniger hitzeempfindlich und mechanisch stabiler als Batterien mit flüssigem Elektrolyt. Doch die geschilderten Probleme führen dazu, dass ihre Lebenszeit vergleichsweise kurz ist. An Lösungen wird deshalb fieberhaft getüftelt. Die Schnittstellen von Partikeln im Inneren der Batterie zu optimieren, sei ein Lösungsansatz, erklärt Artur Tron, SUBLIME-Projektverantwortlicher beim AIT. "Wir wenden dabei verschiedene Techniken an, um Strukturen zu verändern und probieren unterschiedliche Materialverbindungen aus. Wir erzielen damit schon gute Resultate."

Fakten

500 Wattstunden
pro Kilogramm Gewicht sollen Festkörperakkus künftig aufweisen. Die so gemessene Energiedichte soll jene von Li-Ion-Akkus (derzeit bis zu 240 Wh/kg) weit übertreffen.

Varianten
Solid-State-Akkus gibt es in vielen verschiedenen Bauformen. Der feste Elektrolyt kann abgesehen von Sulfiden u.a. aus Glas oder Keramik bestehen. Beim Schichtaufbau von Batterien gibt es ebenso unterschiedliche Varianten. Auch Semi-Solid-State-Akkus existieren. Elektroden erhalten dabei unterschiedliche Elektrolyte. Reine Festkörperakkus werden All-Solid-State-Battery (ASSB) genannt.

Europäische E-Autos

Die Partner des AIT setzen die gewonnenen Erkenntnisse um, bauen kleine Prototypen von Batteriezellen und testen diese. Schritt für Schritt sollen auch größere Einheiten entstehen und Tests unterzogen werden, die von großen Autoherstellern stammen. Am Ende des Projekts soll eine Batterie herausschauen, die dem Technologiereifegrad 6 (TRL 6) entspricht, also in einem industriell relevanten Umfeld getestet wurde. Die Hoffnung des Projektkonsortiums ist es, dass die bei SUBLIME entwickelte Technologie künftig speziell europäischen Fahrzeugherstellern zugute kommt.

Worauf auch gehofft wird, ist eine Lösung für das besonders schnelle Aufladen der Festkörperbatterie zu finden. In dem Punkt gibt es laut Tron noch keine großartigen Fortschritte.

Unklar ist auch noch die Preisfrage. Bestimmte Bauformen von Soild-State-Akkus erfordern einen geringeren Materialeinsatz als herkömmliche Lithium-Ionen-Batterien. Die Inhaltsstoffe des festen Elektrolyts kommen auf der Erde in großen Mengen vor. Lithium, das weltweit heiß begehrt ist, benötigt man für die Festkörperbatterie aber immer noch.

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David Kotrba

Ich beschäftige mich großteils mit den Themen Mobilität, Klimawandel, Energie, Raumfahrt und Astronomie. Hie und da geht es aber auch in eine ganz andere Richtung.

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