Der Plejaden-Cluster ist ein offener Sternenhaufen.
© Michael Borland Attribution 2.0 Generic (CC BY 2.0)

Science

Sternencluster scheinen die Gesetze der Schwerkraft zu ignorieren

Ein internationales Team an Astronom*innen rätselt über das seltsame Verhalten bestimmter Sternenhaufen. Ihre Analyse fordere sogar die Newtonschen Gravitationsgesetze heraus, schreiben die Forschenden in ihrer Studie. Federführend ist Pavel Kroupa vom Helmholtz-Institut für Strahlen- und Kernphysik der Universität Bonn. Er gilt als Vertreter der "modifizierten Newtonschen Dynamik".

Alternative Theorie zu Dunkler Materie

Die "modifizierte newtonsche Dynamik" (MOND) oder auch Milgromsche Dynamik wurde 1983 als Alternative zur Dunklen Materie vorgeschlagen. Laut der Hypothese sei nicht die Dunkle Materie für die höher als erwartete Rotationsgeschwindigkeit von Galaxien verantwortlich. Stattdessen sei das Newtonsche Gravitationsgesetz nicht für die extrem großen Massen von Galaxien geeignet und müsse daher angepasst werden. Die Hypothese wird in Fachkreisen allerdings kontrovers diskutiert.

Die Forscher*innen untersuchten nun sogenannte offene Sternenhaufen, die entstehen, wenn in einer riesigen Gaswolke innerhalb kurzer Zeit Tausende Sterne geboren werden. Bei ihrer "Zündung" blasen die galaktischen Neuankömmlinge die Reste der Gaswolke fort, wobei sich der Haufen erheblich ausdehnt. Einzig die Gravitationskräfte zwischen den Sternen halten den Haufen zusammen.

Offene Sternenhaufen trotzen der Physik

"Meist überleben offene Sternhaufen nur einige hundert Millionen Jahre, bevor sie sich auflösen", wird Pavel Kroupa in einer Aussendung der Uni Bonn zitiert. Denn sie verlieren regelmäßig Sterne, die sich in 2 sogenannten "Gezeiten-Armen" ansammeln. Dabei entscheidet nach den Newtonschen Gravitationsgesetzen der Zufall, in welchem Arm ein verlorener Stern landet. Beide Arme müssten also eine ähnliche Anzahl an Sternen enthalten.

Studienautor Pavel Kroupa vom Helmholtz-Institut für Strahlen- und Kernphysik der Universität Bonn

Studienautor Pavel Kroupa.

Die Forscher*innen konnten in ihrer Arbeit aber erstmals nachweisen, dass der vordere Arm stets mehr Sterne enthält als der hintere. Dafür entwickelte das Team extra eine neue Methode der Sternenzählung, wobei die Vermessungsdaten der ESA-Weltraummission Gaia eine wichtige Rolle gespielt haben.

Ergebnisse stimmen mit MOND-Theorie überein

Stattdessen würden die Ergebnisse erstaunlich gut mit den MOND-Berechnungen übereinstimmen. Für detailliertere Analysen der Milgromschen Dynamik fehle aber noch das "mathematische Rüstzeug". Es gebe jedoch noch einen weiteren Hinweis, dass das Newtonsche Gravitationsgesetz im Weltall nicht ausreicht: Die Sternenhaufen sind deutlich kurzlebiger, als Newtons Gesetze voraussagen.

Für die Astronomie hätte das weitreichende Konsequenzen. Die Newtonsche Dynamik und die Existenz Dunkler Materie gelten als angesehen, obwohl noch kein Beweis für Dunkle Materie geliefert werden konnte. "Andererseits löst die MOND-Theorie viele Probleme, mit denen die Kosmologie heute zu kämpfen hat", ist Kroupa zuversichtlich.

Die Forscher*innen versuchen daher, neue mathematische Methoden für noch exaktere Simulationen zu entwickeln. Mit ihnen könnten sich dann weitere Belege dafür finden, ob die MOND-Theorie zutrifft oder nicht.

 

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