Chinesisches U-Boot zerstört Landungsschiff mit Torpedo
Im chinesischen Onlinenetzwerk Weibo macht ein neues Promo-Video der chinesischen Marine die Runde. Darin werden die U-Boot-Kräfte hervorgehoben.
Neben den üblichen Bildern sticht eine Szene darin hervor: Ein Schiff wird torpediert. China ist üblicherweise verhalten, wenn es um Waffentests seiner U-Boot-Flotte geht. Das macht die Szene zu einem seltenen Anblick.
Versenkübung mit eigenem Schiff
Da hier die chinesische Marine ein eigenes Schiff beschossen hat, dürfte es sich bei den Aufnahmen um eine Versenkübung handeln, im Militärjargon SINKEX (sinking exercise) genannt. Dabei werden ausgemusterte Schiffe beschossen, um Daten zur Effizienz der Waffen zu erhalten. Auch die USA halten regelmäßig SINKEX ab:
Interessant ist, dass das Schiff in Bewegung war. Üblicherweise werden bei SINKEX stillstehende Schiffe beschossen. Das deutet darauf hin, dass bei diesem Test ein Wake-Homing-Torpedo zum Einsatz gekommen ist, berichtet twz.com.
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Torpedo verfolgt das Kielwasser
Dieser visiert das Schiff über das Kielwasser an. Und Kielwasser gibt es nur, wenn sich das Schiff bewegt. Vermutlich wurde das Schiff von einem anderen Schiff gezogen. Theoretisch könnte es auch mit eigener Kraft gefahren sein. Das wäre allerdings ein erhebliches Risiko. Sollte bei dem Test etwas schiefgehen, könnte das Schiff außer Kontrolle weiterfahren – da ja niemand an Bord ist, um es zu steuern oder den Antrieb zu stoppen.
Ein weiteres Indiz auf einen Wake-Homing-Torpedo ist der Einschlag von hinten, ohne einer sichtbaren Torpedo-Spur vor der linken oder rechten Seite des Schiffs. Die Wucht der Explosion drückt das Heck des Schiffs aus dem Wasser, was auf einen großen Gefechtskopf hindeutet. Diese Kräfte sorgen üblicherweise dafür, dass der Rumpf des Schiffs bricht und es sinkt.
Flugzeugträger-Killer
Bei größeren Schiffen würde der Einschlag eines Wake-Homing-Torpedos zumindest die Schrauben des Antriebs und das Ruder beschädigen. Das getroffene Schiff wäre dann regungslos im Wasser, wodurch es nur noch bedingt am Kampf teilnehmen kann und weiteren Attacken ausgeliefert ist.
Wake-Homing-Torpedos haben auch den Ruf, Flugzeugträger-Killer zu sein, da sie meist sehr groß sind und schwere Gefechtsköpfe haben. Russlands Typ-65-Torpedo gibt es etwa mit Gefechtsköpfen mit 450kg und 557kg Gewicht.
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Die Größe hängt auch mit der Sucher-Technologie zusammen. Um das Ziel lange und schnell genug zu verfolgen, muss der Torpedo nämlich genug Treibstoff haben. Der russische Typ 65-76A kann 100 Kilometer mit einer Geschwindigkeit von 56 km/h zurücklegen. Das gibt ihm eine Einsatzdauer von mehr als 1,5 Stunden.
Schwer zu kontern
Sollte so ein Torpedo schon ein Schiff verfolgen, wird es sehr schwierig und langwierig, ihn mit Ausweichmanövern abzuschütteln. In dieser Zeit kann sich das U-Boot neu positionieren und bei Bedarf eine weitere Attacke starten, sollte der erste Torpedo das Ziel nicht treffen.
Die eigentliche Stärke dieser Waffe ist jedoch, dass das Ziel nicht aktiv anvisiert werden muss. Ein U-Boot kann etwa 30 Kilometer von dem Gebiet entfernt sein, indem es feindliche Marine-Aktivität gibt und ist damit ziemlich sicher. Es schießt den Torpedo in Richtung Zielgebiet und dreht dann ab, um später nicht von U-Boot-Jägern entdeckt zu werden.
Sobald der Torpedo das Kielwasser eines Schiffs kreuzt oder Spuren eines Kielwasser entdeckt, etwa in der Form von Luftbläschen im Wasser, nimmt er die Verfolgung auf. Er schwimmt dabei ein Zickzack-Muster im Kielwasser. Immer, wenn er den Rand des Kielwassers erreicht, ändert er die Richtung. Das geht so lange, bis er das Schiff erreicht und explodiert.
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China baut eigene Wake-Homing-Torpedos
Welcher Torpedo bei der SINKEX im Video genutzt wurde, ist nicht bekannt. China hat noch ein paar ältere, russische Wake-Homing-Torpedos des Typ 53-65KE, die in den 90er-Jahren zusammen mit 4 U-Booten der Klasse Projekt 877 Paltus gekauft wurden.
Wahrscheinlich war es aber ein Yu-6, den China selbst baut. Der Torpedo wurde 2005 in Dienst gestellt. Er hat eine Reichweite von bis zu 45 Kilometern und erreicht für den Angriff eine Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h. Er ist zur Bekämpfung von U-Booten und Schiffen gleichermaßen ausgelegt. Neben Wake Homing kann er Ziele auch mit aktivem oder passivem Sonar ansteuern.
Mit dem Yu-9 gibt es eine Weiterentwicklung des Yu-6, der einen rein elektrischen Antrieb nutzen soll. Dieser hat angeblich einen neuen Gefechtskopf, der bei der Explosion Natrium-Pulver und andere Chemikalien in großer Menge freisetzt. Die Mischung reagiert mit dem Salzwasser und soll für kurze Zeit Wasserstoff mit einer Temperatur von über 2.000 Grad Celsius entstehen lassen. Der reagiert wiederum mit dem Sauerstoff der Luft und soll so in einem Radius von etwa 30 Metern für Zerstörung sorgen – selbst, wenn das Ziel nicht direkt getroffen wurde. Genaue technische Angaben oder Belege für die Wirkung dieses Gefechtskopfs gibt es nicht.
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Landungsschiff nicht zufällig als Ziel gewählt
Das Ziel der SINKEX dürfte nicht zufällig gewählt sein. Denn China modernisiert gerade seine Flotte mich Hochdruck und hätte deshalb genug Auswahl an ausgemusterten Schiffen. Die Wahl ist mit der Typ-074-Klasse aber auf ein Landungsschiff gefallen.
Dieses läuft an der Küste an, öffnet die Frontklappen im Bug und lädt so Panzer und Infanteristen über eine Rampe aus. Solche Schiffe wird China einsetzen, wenn die Drohung wahrgemacht wird, Taiwan zu erobern. Sollten dann die USA ihr Versprechen einlösen und Taiwan beistehen, würden sie selbst Landungsschiffe nach Taiwan und zu den umgebenden Inseln schicken, auf denen China Stützpunkte und Flughäfen hat.
Da diese Landungsschiffe meist nur gegen Luftangriffe einigermaßen bewaffnet sind, sind sie ein leichtes Ziel für Wake-Homing-Torpedos. Und werden diese Torpedos eben aus sicherer Distanz abgefeuert, können die Begleitschiffe womöglich nicht rechtzeitig auf die U-Boot-Bedrohung reagieren.
Dass das Video der SINKEX jetzt veröffentlicht wurde, wo die Spannungen zwischen den USA und China zunehmen und wöchentlich neue Drohungen beider Seiten hinzukommen, ist Absicht. China will den USA damit zu verstehen geben, dass man für eine amerikanische Intervention vorbereitet ist und ein Versuch, einem umkämpften Taiwan beizustehen, nicht erfolgreich sein wird.