Russland fängt B-52H Bomber ab: Das ist wirklich passiert
Am Sonntag kam es zu einem Zwischenfall im europäischen Luftraum. Russland leitete einen Alarmstart ein, um 2 strategische Bomber der US Air Force abzufangen.
Aus russischer Sicht war die Operation ein voller Erfolg. Für die Air Force ist es nur eine Randnotiz einer „historischen Mission“.
Konfrontation über der Barentssee
Gestartet sind die 2 B-52H Bomber von der Barksdale Air Force Base in Louisiana, USA. Anstatt direkt zum Zielort in Rumänien zu fliegen, fand ein geplanter Abstecher nach Nordeuropa statt. Der Flug sollte nämlich auch für eine Übung genutzt werden.
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Über der Barentssee, die sich nordöstlich von Finnland befindet, kam es um 8 Uhr früh zur Konfrontation. Russland schickte eine MiG-29 und MiG-31 los, um die Bomber abzufangen. Das russische Verteidigungsministerium beschreibt die Begegnung so: „Als sich die russischen Kampfflugzeuge näherten, korrigierten die amerikanischen strategischen Bomber ihren Kurs, entfernten sich und drehten dann von der russischen Staatsgrenze ab.“
Laut der Air Force fand Folgendes statt: „Die Flugzeuge haben nicht ihren Kurs geändert. Sie sind wie geplant weitergeflogen, um ihre Mission zu erfüllen. Dies inkludierte Flugmanöver mit NATO-Kampfjets, bevor auf der Mihail Kogalniceanu Air Base gelandet wurde.“ Sowohl Russland als auch die USA sagen, dass sich ihre Flugzeuge im internationalen Luftraum befanden und sie jeweils entsprechend der internationalen Gesetze gehandelt hätten.
Luftbetankung und Begleitschutz
In diesem Fall ist der Air Force eher zu glauben. Die USA hatten keinen Grund, mit den B-52H Bombern in russischen Luftraum einzudringen. Und die von der Air Force angesprochenen Übungen fanden auch wirklich statt.
Über Finnland wurden die B-52H-Bomber durch KC-135 in der Luft betankt, die von Air-Force-Stützpunkten in England und Polen aufgestiegen sind. Dabei bekamen sie Begleitschutz von finnischen F/A-18C Kampfjets. Später wurden die Bomber von deutschen Eurofightern und rumänischen F-16s begleitet.
Historische Mission
Für die US Air Force war diese Mission historisch, weil die USA erstmals strategische Bomber in Rumänien stationiert hat. Ebenfalls historisch, aber nicht von der Air Force explizit erwähnt, sind B-52 Bomber im finnischen Luftraum und die Eskorte durch die finnische Luftwaffe. Finnland ist erst seit 2023 NATO-Mitglied.
Außerdem sei noch nie ein B-52-Bomber der Halbinsel Kola so nahegekommen, wie bei diesem Flug, merken politische Beobachter an. Das dürfte auch der Auslöser für das Abfangmanöver gewesen sein.
Auf der zu Russland gehörenden Halbinsel befinden sich etliche Militäranlagen. Dazu gehören Stützpunkte der Nordseeflotte, die ua. für Atom-U-Boote genutzt werden, die mit Nuklearraketen bestückt sind.
Diese Flugzeuge waren involviert: B-52H
Der B-52 wurde 1955 in Dienst gestellt. Damit ist es das älteste noch im Dienst befindliche Flugzeug der US Air Force. Der offizielle Beinamen Stratofortress wird innerhalb der Truppen selten genutzt. Dort hat sich BUFF eingebürgert – Big Ugly Fat Fucker.
Derzeit befinden sich noch 72 der Bomber in der Version B-52H im Dienst. Geplant ist, dass zumindest einige davon noch bis in die 2050er-Jahre fliegen. Noch vor 2030 sollen die ersten davon zur B-52J aufgerüstet werden. Dabei erhalten sie neue Triebwerke und ein verbessertes Radar.
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Der B-52H hat eine Flügelspannweite von 56,4 Metern. Das maximale Startgewicht beträgt 221 Tonnen. Aufgrund der massiven Dimensionen hat der B-52H einen Bremsfallschirm, um nicht über die Landebahn hinauszuschießen.
Die maximale Geschwindigkeit ist 1.050 km/h, die übliche Reisegeschwindigkeit liegt bei 819 km/h. Die Dienstgipfelhöhe beträgt 15.000 Meter. Die Reichweite bei Kampfeinsätzen beträgt bis zu 14.200 Kilometer. Die große Reichweite macht ihn zu einem strategischen Langstreckenbomber.
Strategisch heißt, dass er mit Atomwaffen bestückt werden kann. Der B52 war von Beginn an vorgesehen, um Atombomben auf Russland abzuwerfen. Auch heute ist er noch Teil der US-Atomwaffenstrategie.
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Die bis zu 32.000 kg Waffenlast ermöglichen eine Bestückung mit zahlreichen Waffen, die nukleare oder konventionelle Sprengköpfe haben. So kann er etwa mit einem Rotary Launcher ausgestattet werden, um bis zu 8 Marschflugkörper aus dem internen Waffenschacht abzuwerfen. Unter den Flügen können bei Bedarf weitere 12 Marschflugkörper angebracht werden.
Mig-29
Die Mig-29 ist ein russisches Mehrzweck-Kampfflugzeug, das 1983 in Dienst gestellt wurde. Im Kalten Krieg war sie das Schreckgespenst für US-Piloten. Sie wurde als Antwort auf die F-15 und F-16 entwickelt und galt im Luftkampf als wendiger und damit den amerikanischen Kampfjets überlegen.
Die neueste Version in der russischen Luftwaffe ist die MiG-29SMT. Seit 1998 werden ältere MiG-29 auf diesen Standard hochgerüstet. Dabei werden die Displays im Cockpit erneuert, Triebwerke mit mehr Leistung installiert und das Radar aufgewertet.
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Die Höchstgeschwindigkeit beträgt Mach 2,3, die Dienstgipfelhöhe beträgt 18.000 Meter. Die Waffenlast liegt bei etwa 5.000 kg. Die 30mm-Bordkanone fast 150 Schuss. Zur Bewaffnung an den Hardpoints gehören Luft-Luft-Raketen, ungelenkte Bomben, Gleitbomben, Luft-Boden-Raketen und bei Bedarf nukleare Freifallbomben mit 30 Kilotonnen Sprengkraft.
MiG-31
Die russische MiG-31 ist ein Abfangjäger. Sie wurde speziell gebaut, um strategische Bomber und bei Bedarf Marschflugkörper zu zerstören. Sie wurde 1981 in Dienst gestellt. Mit einer Geschwindigkeit von bis zu Mach 2,83 gilt sie als eines der schnellsten Flugzeuge der Welt.
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Ihre Standardbewaffnung sind 4 R-33 Luft-Luft-Raketen und eine 23mm-Maschinenkanone mit 260 Schuss. Unter den Flügeln kann sie weitere Luft-Luft-Raketen mit höherer Reichweite tragen.
Entgegen dem ursprünglichen Gedanken setzt Russland die MiG-31 mittlerweile für Bodenangriffe ein. Dazu wurden einige MiG-31 angepasst, um Antiradar- und Antischiffsraketen zu starten. In der Variante MiG-31K ist sie modifiziert, um eine Hyperschallrakete des Typs Kinschal zu tragen und abzufeuern. Russland hat damit Ziele in der Ukraine angegriffen.
Bewusste Provokation
Solche Vorfälle, bei denen Maschinen abgefangen werden, sind nicht unüblich. Es gehört zu den Aufgaben der Luftraumüberwachung der jeweiligen Länder.
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Dass bei einem Abfangmanöver B-52H-Bomber über Europa involviert sind, ist schon eher selten. Man kann davon ausgehen, dass die USA bewusst die Flugroute gewählt haben, um nahe an die russische Grenze zu kommen. Dass das mit Bombern gemacht wird, die dafür gebaut wurden, um Atombomben auf Russland abzuwerfen, ist ein deutliches Zeichen. Man kann es als Antwort darauf sehen, dass Russland, seit der Krieg gegen die Ukraine begonnen wurde, regelmäßig mit dem Einsatz von Atomwaffen droht und Übungen dazu abhält.
Auch Abfangmanöver aller Seiten haben seit dem Krieg stark zugenommen. So gab es Zwischenfälle, ua. im Luftraum bei Norwegen, Finnland, Estland und Polen, die alle ohne Kampfhandlungen beendet wurden.
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Im internationalen Luftraum reizt Russland die Grenzen aus. So gibt es mehrere Vorfälle, bei denen russische Kampfflugzeuge versucht haben, amerikanische Aufklärungsdrohnen zum Absturz zu bringen. In einem Fall ist das gelungen.
Eine russische Su-27 hat Treibstoff vor einer amerikanischen MQ-9 Reaper abgelassen, vermutlich um die Kameras oder den Propeller zu verkleben. Dabei wurde die Drohne aber auch gerammt, die daraufhin abgestürzt ist.
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