Netzpolitik

Warum das Ende von Billig-Flügen bevorstehen könnte

Im Flugzeug sitzen viele Menschen. Schon jetzt haben die meisten von ihnen unterschiedliche Preise für ihre Tickets gezahlt. Der kann ordentlich schwanken – je nachdem, wann man bucht, welches Gerät man dafür verwendet oder wo man sich gerade befindet. Diese dynamische Preissetzung ist schon seit einiger Zeit üblich.

Jetzt holen die Fluglinien aber ganz neue Geschütze hervor: Sogenannte generative Preise könnten Flüge insgesamt teurer machen, berichtet Ars Technica. Vorreiter ist die US-Fluglinie Delta. Sie hat damit bereits begonnen und will die Preise künftig stärker an personalisierte Datenprofile anpassen – diese werden von einem KI-Modell ausgewertet und mit anderen Infos wie Wetterdaten oder allgemeinen Luftfahrttrends abgeglichen.

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Delta will alle Flugpreise komplett personalisieren

Vergangene Woche erklärte Delta-Präsident Glen William Hauenstein bei einer Versammlung, dass ihr neues KI-Preissystem bereits bei 3 Prozent aller Inlandsflüge zum Einsatz gekommen ist. Bis Jahresende soll der Anteil schon bei 20 Prozent liegen. Langfristig will Delta das statische Preismodell ganz abschaffen und die Preise individuell festlegen – „für diesen Flug, zu dieser Zeit, für diesen Kunden“.

Konsumentenschützer schlagen jedenfalls Alarm: Sie meinen, dass dieses neue System weit über die bisher übliche dynamische Preissetzung hinausgeht. Wenn andere Fluglinien nachziehen, könnte das ihrer Einschätzung nach sogar das endgültige Aus für billige Flüge bedeuten. Außerdem bestehe die Gefahr, dass Airlines künftig unterschiedliche Preise verlangen – je nachdem, welches Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit oder Einkommen jemand hat.

Fortune fand heraus, dass Deltas neues System bislang vor allem wohlhabenden Kunden die besten Angebote machte. Wirtschaftlich Benachteiligte bekamen hingegen die schlechtesten Deals. Der Verdacht: Wer weniger Auswahl oder Flexibilität hat, kann schlechter ausweichen.

Israelische KI generiert Flugpreise

Wie genau die KI-generierten Ticketpreise funktionieren, verrät Delta nicht. Beim individualisierten Preismodell arbeitet die Fluglinie mit dem israelischen Unternehmen Fetcherr zusammen, das ein spezielles KI-System für dynamische Flugpreise entwickelt hat. Diese KI analysiert eine Vielzahl an Daten – etwa Buchungsverläufe, Wetter, Nachfrage oder aktuelle Trends – und passt die Preise daraufhin in Echtzeit an. Das System soll mit Algorithmen aus dem internationalen Finanzhandel vergleichbar sein und sogenanntes High-Frequency-Pricing ermöglichen. Fetcherr berät übrigens auch andere Airlines.

Delta bestreitet, dass es zu Diskriminierung kommt – mehr Details zum System will das Unternehmen aber dennoch nicht preisgeben. Trotzdem soll die Personalisierung der Ticketpreise in den kommenden Jahren weiter ausgebaut werden. 

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Inzwischen hat sich auch schon die US-Verbraucherschutzbehörde FTC eingeschaltet: Sie untersucht das KI-Preissystem von Delta und denkt laut darüber nach, neue Gesetze gegen derartige Preismodelle einzuführen. Auch politisch wächst der Widerstand: Der US-Senator Ruben Gallego nennt Deltas Pläne „ausbeuterisch“ und „nicht wettbewerbskonform“.

In der EU gelten seit 3 Jahren strengere Regeln für dynamische Preisgestaltung – zumindest auf dem Papier. Ob sie in der Praxis eingehalten werden, ist eine andere Frage. Gut möglich jedenfalls, dass in vielen Teilen der Welt in den kommenden Jahren noch mehr Fluglinien auf KI-gestützte, personalisierte Ticketpreise setzen. Auch eine Ausweitung solcher Systeme auf andere Wirtschaftsbereiche ist durchaus denkbar.

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