Laut einem Boeing-Ingenieur passen die Flugzeugteile nicht richtig zusammen

Laut einem Boeing-Ingenieur passen die Flugzeugteile nicht richtig zusammen

© APA/AFP/LOGAN CYRUS

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Whistleblower: Boeing 787 und 777 haben Sicherheitsprobleme

Neue Vorwürfe gegen Boeing werfen erneut ein schlechtes Licht auf den angeschlagenen US-Flugzeugbauer. Sam Salehpour, ein Ingenieur des Konzerns, kritisierte, einige Maschinen der Modelle 777 und 787 Dreamliner hätten eine verkürzte Lebensdauer. Boeing habe sich technische „Abkürzungen“ erlaubt, um die Produktion zu beschleunigen.

Demnach seien Teile des Rumpfs der Maschinen nicht ordnungsgemäß verbunden, berichtet die New York Times. Die Teile würden von verschiedenen Herstellern stammen, aber nicht genau zusammenpassen. Die winzigen Spalte, die deswegen entstanden, seien nicht richtig ausgebessert worden. „Ich habe buchstäblich gesehen, wie Personen auf Flugzeugteile gesprungen sind, damit sie zusammenpassen“, sagte Salehpour laut CNN. „So baut man kein Flugzeug.“

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Boeing-Mitarbeiter montieren 787-Flugzeuge in North Charleston, South Carolina

Boeing-Mitarbeiter montieren 787-Flugzeuge in North Charleston, South Carolina

1.400 Flugzeuge betroffen

Salehpour erklärte, die Geschäftsführung über Probleme mit Bohrungen bei der 787-Produktion informiert zu haben. Das sei ignoriert worden. Anschließend habe man Salehpour zur 777-Produktion versetzt. Dort habe er erneut Fehler entdeckt. Zudem habe man Ingenieur*innen unter Druck gesetzt, grünes Licht für Arbeitsschritte zu geben, die noch gar nicht geprüft wurden.

Der Whistleblower gibt an, dass mehr als 400 777-Maschinen und 1.000 787-Maschinen betroffen sind. Die 787 Dreamliner könnten nach Tausenden Flügen auseinanderbrechen. Sie sind seit 2011 im Einsatz. Laut Boeing sollen sie je 44.000 Flüge absolvieren können. Das entspricht einer Lebensdauer von 50 Jahren. 

Boeing: „Behauptungen sind nicht korrekt“

Boeing räumt zwar ein, dass es bei der Herstellung Änderungen gab, weist Salehpours Vorwürfe aber zurück. Die Behauptungen seien nicht korrekt und bereits unter Aufsicht der US-Luftfahrtbehörde FAA untersucht worden, betonte ein Boeing-Sprecher. Die Vorwürfe waren bereits 2021 aufgekommen. Damals wurde die Auslieferung der 787 für einige Zeit gestoppt.

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787-Produktion

Dennoch kommen auf den Konzern nach Bekanntwerden der Vorwürfe neue öffentliche Debatten über seine Qualitätsaufsicht zu. Ein Unterausschuss des US-Senats plant für Mitte kommender Woche eine Anhörung mit dem ehemaligen Boeing-Mitarbeiter als Zeugen. Der Vorsitzende, der Demokrat Richard Blumenthal, will dazu auch Konzernchef Dave Calhoun einladen. Boeing erkläre dazu, man sei bereit, Stellungnahmen sowie Unterlagen beizusteuern und sei in Gesprächen mit dem Unterausschuss über weitere Schritte.

Pannenserie bei Boeing reißt nicht ab

Die Qualitätsaufsicht bei Boeing steht seit einem dramatischen Zwischenfall Anfang Jänner im Mittelpunkt. Bei einer so gut wie neuen Boeing 737-9 Max der US-Fluggesellschaft Alaska Airlines brach kurz nach dem Start im Steigflug ein Rumpf-Fragment an der Sitzreihe 26 heraus. 

FILE PHOTO: The fuselage plug area of Alaska Airlines Flight 1282 Boeing 737-9 MAX

Im Jänner war mitten im Flug ein Teil herausgebrochen

Die mehr als 170 Menschen an Bord kamen weitgehend mit dem Schrecken davon. Allerdings waren die beiden Sitze in der Nähe des Lochs im Rumpf nur durch einen glücklichen Zufall leer geblieben und das Flugzeug befand sich noch in relativ geringer Höhe.

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Boeing findet wichtige Unterlagen nicht

Die Unfallermittlungsbehörde NTSB geht nach ersten Untersuchungen davon aus, dass 4 Befestigungsbolzen an dem Rumpfteil fehlten. Es gebe Hinweise darauf, dass das Fragment immer weiter hochgerutscht sei, bis es dann beim 154. Flug der Maschine herausbrach, sagte NTSB-Chefin Jennifer Homendy in einer Anhörung im US-Senat. 

Es ist bekannt, dass das Rumpf-Fragment im Boeing-Werk für Nacharbeiten herausgenommen und wieder eingesetzt wurde. Der Konzern konnte bisher jedoch keine Unterlagen dazu finden und den Ermittlern zur Verfügung stellen. Boeing muss nach dem Vorfall einen Plan zur Verbesserung der Qualitätskontrollen vorlegen. Calhoun kündigte vor Kurzem seinen Rückzug an.

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