B-21 Raider
Air Force: Stealth-Bomber mit „Dutzenden“ Raketen für Luftkampf gegen China
Die US Air Force hat mit dem Air & Space Forces Magazine (A&SF) über das Konzept eines „Arsenal Plane“ gesprochen. Die Air Force versteht darunter ein Kampfflugzeug, das randvoll mit einem bestimmten Waffentyp beladen ist.
In diesem Fall soll es ein Nurflügler mit Stealth-Fähigkeiten sein, der laut der Air Force „Dutzende“ Luft-Luft-Raketen an Bord hat. Dieses Konzept klingt so, als würde man aus dem kommenden Stealth-Bomber B-21 Raider ein Luftkampf-Flugzeug machen wollen.
Tatsächlich wurde darüber bei den US-Luftstreitkräften schon mal diskutiert. „Allerdings gab es kein überzeugendes Argument“ für die Luftkampf-Variante der B-21, so ein Sprecher der Air Force gegenüber A&SF. Die Lage habe sich jetzt aber geändert, weil China seine Luftwaffe massiv ausbaut.
China setzt auf Stealth-Jets und Drohnen
China hat innerhalb eines Jahres mit der J-35A einen neuen Stealth-Fighter für normale Landebahnen vorgestellt und mit der J-35 eine Variante für Flugzeugträger. Diese wird auf der Fujian zum Einsatz kommen und vermutlich auch beim neuen Superflugzeugträger Typ 004, der gerade gebaut wird.
Mit der J-36 erprobt China ein schweres Kampfflugzeug mit Stealth-Eigenschaften, das womöglich ein Kampfjet der 6. Generation ist. Bisher wurde es noch nicht offiziell vorgestellt.
Die J-50, auch als J-XDS bekannt, absolviert ebenso seit Ende 2024 Testflüge und ist offiziell noch „geheim“. Es ist ein kleineres Stealth-Flugzeug, das ebenfalls ein Gen-6-Jet sein könnte. Womöglich wird auch die J-50 von Flugzeugträgern starten können.
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Hinzu kommen etliche Stealth-Drohnen in verschiedenen Bauformen. Diese wurden auf Satellitenbildern und bei Testflügen gesichtet und schließlich auch bei Chinas Militärparade am 3. September gezeigt.
China könnte zahlenmäßig überlegen sein
Sollte es zu einem Konflikt im Pazifik kommen, weil China Taiwan erobern will und die USA Taiwan helfen, werden Air Force und Navy diesen Jets, unbemannten Kampfflugzeugen und Drohnen gegenüberstehen. Dabei geht es nicht nur um Qualität, sondern auch Quantität.
Bis dahin hat China vielleicht nur 4 vollwertige Flugzeugträger, aber trotzdem den Heimvorteil. Kampfjets können vom Festland und den vielen Militärbasen starten, die China auf Inseln im Pazifik angelegt hat. Zudem schätzen Militärexperten Chinas Produktionskapazitäten für gewisse Rüstungsgüter mittlerweile als größer als die der USA ein – gerade bei unbemannten Kampfjets und Drohnen könnte deshalb die zahlenmäßige Überlegenheit bei China liegen.
Was bedeutet Kampfjet der 6. Generation?
Kampfjets werden in Generationen eingeteilt. Die aktuellste, die im Einsatz ist, ist die 5. Generation, die sich durch vor allem durch Tarnkappeneigenschaften auszeichnet. Dazu gehören etwa die F-22, F-35, Su-57, J-20 und J-35.
Zu den derzeit noch lose definierten Fähigkeiten eines Kampfjets der 6. Generation gehören:
- Tarnkappeneigenschaften und interner Waffenschacht
- Für Luftkämpfe und Bodenangriffe geeignet
- Geeignet für elektronische Kriegsführung
- Erweiterte Datenübertragungsfähigkeiten für das vernetzte Schlachtfeld und Datenübertragung direkt zu Satelliten
- Kann optional ferngesteuert und mindestens teilautonom mittels KI agieren
- Helm-Display ist mit Außenkameras verbunden, damit der Pilot „durch das Flugzeug“ durchschauen kann und so eine 360-Grad-Rundumsicht hat
- Adaptives Triebwerk
- Erweiterte Gegenmaßnahmen, wie Jammer, Infrarot-Blender und optional Energiewaffen – etwa um anfliegende Raketen per Laser zu zerstören
„Leistbare Masse“ auch ohne CCAs
Das Konzept der Air Force eines Arsenal Planes, um gegen diese Übermacht anzukommen, befindet sich noch in einer frühen Phase. Die B-21 für die Luftkampfrolle anzupassen, sei nur eine Richtung, in die überlegt werde. Die Air Force ziehe auch in Betracht, ob andere Hersteller und andere Flugzeuge für dieses Projekt geeignet sind.
Interessant ist, dass die Air Force das Arsenal Plane als mögliche Ergänzung oder gar Alternative zu den eigenen, unbemannten Kampfflugzeugen des CCA-Programms (Collaborative Combat Aircraft) sieht: „Es gibt andere Wege, um ,leistbare Masse‘ zu erzielen, außer den Himmel mit CCAs zu verdunkeln.“
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Derzeit testet die Air Force 2 Modelle in der ersten Phase von CCA: Andurils YFQ-44A und General Atomics YFQ-42A. Beide sollen sowohl für Luftkämpfe als auch Bodenangriffe eingesetzt werden können, haben keinen Fokus auf Stealth-Eigenschaften und gelten als „optional verzichtbar“. Bei 20 Millionen US-Dollar pro Stück für die unbemannten Kampfjets, die als Loyal Wingman zusammen mit bemannten Fliegern agieren sollen, geht das ziemlich ins Geld, wenn sie wie Einweg-Drohnen behandelt werden.
Weitreichende Raketen aus der zweiten Reihe
Das Arsenal Plane könnte so viel Feuerkraft wie eine ganze Staffel CCAs haben und in sicherer Entfernung agieren. Die Stealth-Fighter F-22, F-35 und später auch die F-47 fliegen voran. Sie nehmen mit Radar und optisch-elektronischen Sensoren die Feinde ins Visier und klassifizieren die Prioritätsziele. Das im sicheren Abstand fliegende Arsenal Plane feuert dann Luft-Luft-Raketen mit hoher Reichweite auf die feindlichen Flugzeuge und Drohnen, bevor diese in Reichweite kommen, um die F-22s, F-35s und F-47s unter Beschuss zu nehmen.
Die Stealth-Fighter können so ihre eigenen Munitionsvorräte für weitere Luftkämpfe schonen. Piloten der F-22 und F-35 haben sich in der Vergangenheit immer wieder beschwert, dass zu wenig Luft-Luft-Raketen an Bord ihrer Flugzeuge sind. Das liegt an den internen Waffenschächten der Stealth-Jets, die nur begrenzt Platz bieten.
Zwar könnten Raketen auch auf Hardpoints unter den Flügeln montiert werden, allerdings vergrößert das den Radarquerschnitt und reduziert damit die Stealth-Eigenschaften deutlich. Diese Volllastkonfiguration, die wegen der geringeren Tarnkappenfähigkeiten üblicherweise nur genutzt wird, wenn Luftherrschaft besteht, wird auch Beast Mode genannt.
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F-35I im Beast Mode
© Israeli Air Force
Die Air Force versucht das Problem zu lösen, indem sie günstige Raketen, die nur halb so groß sind wie die AIM-120 AMRAAM (3,6 Meter lang, 17,8 cm Durchmesser) entwickeln lässt. Davon würden zwar mehr Stück in die Waffenschächte passen, aber die Raketen hätten auch eine geringere Reichweite. Selbst mit diesen Mini-Luft-Luft-Raketen wäre das Konzept des Arsenal Planes also valide.
Arsenal Plane könnte unbemannt sein
Ob das Arsenal Plane bemannt oder unbemannt sein soll, ist noch nicht bekannt. Für das B-21-Programm war zumindest schon mal eine unbemannte bzw. optional bemannte Variante angedacht. Außerdem gab es Pläne für eine spezielle Wingman-Drohne, die als Bomb Bus dienen sollte – also ein Arsenal Plane, aber für Bodenangriffe. Es könnte sein, dass die Air Force diese Pläne aufgreift und überlegt, ob die Drohne auch für Luft-Luft-Raketen genutzt werden kann.
Eine solche Drohne könnte für die Air Force mehr Sinn machen als eine Luftkampf-B-21. Der normale Stealth-Bomber wird nämlich dringend benötigt und der Hersteller Northrop Grumman könnte in Verzug geraten, wenn nebenbei eine neue Variante entwickelt und gebaut werden soll. Die Air Force will mindestens 100 Stück der Raider kaufen – aktuell existieren 2, die gerade Probeflüge absolvieren. Anfang der 2030er-Jahre soll eine Produktionskapazität von 10 Stück pro Jahr erreicht werden.
Das erste Foto, das beide bisher produzierten B-21 Raider zusammen zeigt
© Edwards Air Force Base
Zudem wird die B-21 kein Schnäppchen sein: Aktuelle Berechnungen gehen davon aus, dass die Maschine 700 bis 900 Millionen US-Dollar pro Stück kosten wird. Das wäre ziemlich teuer dafür, dass lediglich ein „fliegendes Magazin“ benötigt wird. Eine abgespeckte Version, die aufs Wesentliche reduziert wird, weil sie etwa bestimmte Sensoren und Langstrecken-Kommunikation nicht benötigt, könnte weit günstiger sein.
Verzichtet man auf die Piloten, würde das noch mehr Geld sparen. Und wenn so viele Änderungen am Grundgerüst der B-21 vorgenommen werden, könnte man womöglich ohnehin gleich einen anderen Hersteller mit der Entwicklung und dem Bau beauftragen.
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