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Digital Life

"Man erreicht das analoge Signal nie ganz"

"Die analoge Qualität ist nach wie vor unübertroffen", sagt Heinz Lichtenegger. Der Niederösterreicher ist mit seinem in Wilfersdorf bei Mistelbach ansässigen HiFi-Unternehmen Pro-Ject Audio Systems zum Weltmarktführer bei Plattenspielern aufgestiegen. Er hat also allen Grund, den Vinylklang zu loben. Spricht man etwas länger mit ihm, merkt man aber bald, dass dahinter mehr steckt als nur Geschäftssinn. Guter Klang ist ihm ein echtes Anliegen.  

Gegründet hat Lichtenegger Pro-Ject im Jahr 1991, als die CD zum Siegeszug ansetzte. Das Versprechen eines besseren Sounds durch die digitalen Silberscheiben wollte er nicht glauben: Plattenspieler könnten locker mit CD-Geräten konkurrieren, sagt Lichtenegger. "Die Industrie hat gelogen. Das 16-bit-Format der CD war einfach zu wenig."

Inzwischen ist viel passiert. Die CD wurde zunächst von Downloads in Bedrängnis gebracht und später vom Streaming überholt. Vinyl ist immer noch da und verzeichnete in den vergangenen Jahren wieder satte Zuwachsraten. Zuletzt betrug der Marktanteil in Österreich knapp 6 Prozent. Dominiert wird der Musikmarkt vom Streaming, das mit einem Marktanteil von 80 Prozent das mit Abstand beliebteste Musikformat in Österreich ist.

Wie hat das Streaming das Musikhören verändert?

Streaming erlaube zwar einen irrsinnigen Zugriff auf Musik, man höre sie aber nicht mehr wirklich an. Alles laufe nur noch im Hintergrund. Das spiegle sich auch in den Produktionen wider, meint Lichtenegger: "In den ersten 20 Sekunden spielt sich alles ab. Ich kenne aber viele Songs, die erst nach 2 Minuten richtig spannend werden. Am Handy hat man da schon lange weiter gedrückt."

Als er sein Unternehmen vor mittlerweile mehr als 30 Jahren gegründet habe, sei es ihm nicht nur um analoge Plattenspieler, sondern auch um das bewusste Musikhören gegangen. "Ich kann mich hinsetzen und mir die Musik reinsaugen. Das macht so viel Energie. Das will ich weitervermitteln." Auch mit Streaming könne man bewusst Musik hören. Man tue es aber weniger. Schon gar nicht, wenn der Lautsprecher nur mono könne. 

„Wir sind wieder Mono“

Und das sei immer häufiger der Fall, wie der Pro-Ject-Gründer meint. Denn mit US-Herstellern wie Sonos oder Bose, die den Markt mit ihren von digitalen Signalprozessoren (DSP) gesteuerten Lautsprechern überschwemmten, setzten sich zunehmend Mono-Geräte durch. "Wir sind wieder Mono", sagt Lichtenegger und will das erst einmal einsickern lassen.

Daran würden auch Soundbars nichts ändern, die zwar nominell Stereo-Sound ausgeben könnten, die Stereo-Separation könne sich wegen der geringen Abstände der einzelnen Lautsprecher aber gar nicht einstellen.

Guter Klang mit digitalen Geräten

Aber auch mit digitalen Geräten lasse sich ein guter Klang erzielen, räumt Lichtenegger ein. Mit hochauflösenden Streams (24 bit, 192 Khz), die den Masteraufnahmen entsprechen und von immer mehr Diensten angeboten werden, komme man dem analogen Signal schon näher. Nachsatz: "Man erreicht es aber nie ganz."

Was man auf jeden Fall brauche, seien gute Verstärker, gute Kabel und gute Lautsprecher. Wolle man günstig Hi-Res-Musik beim Streaming hören, empfiehlt Lichtenegger auch die Software Roon, die es nicht nur ermöglicht, Musik aus verschiedenen Quellen am Computer zu streamen, sondern die auch durch andere Programme verursachte Verzerrungen in dem Gerät beseitigt.

Zusätzlich brauche es einen guten DAC (Digital Audio Converter), der das digitale Signal wieder in ein analoges zurückverwandelt, sagt der HiFi-Experte: "Dann ist man wirklich Hi-Res unterwegs."

Musik kennenlernen

Dem Streaming kann Lichtenegger auch viele positive Seiten abgewinnen. Man könne viel Musik kostenlos kennenlernen. Er sehe das auch bei jungen Leuten, die neue Musik über Streaming entdecken und sie sich dann auf Platte kaufen, um sie bewusst zu hören: "Das sind vielleicht 10 oder 15 Platten, nicht viel mehr."

Um gezielt jugendliches Publikum anzusprechen, hat der Unternehmer gemeinsam mit seiner Tochter Nicole Lichtenegger vor 2 Jahren die Marke Tonefactory ins Leben gerufen. Sie bietet farbige Riemen-Plattenspieler, die ausschließlich online vertrieben werden. Die ab knapp 350 Euro erhältlichen Geräte verfügen über eine Bluetooth-Verbindung und einen eingebauten Vorverstärker. Gerade bei 25- bis 35-Jährigen gebe es großes Interesse für Vinyl, sagt Lichtenegger. Im HiFi-Fachhandel bekomme man sie aber nicht mehr.

Kopfhörer

Viele, vor allem junge Leute hätten auch gar keine Lautsprecher mehr, sondern nur mehr hochwertige Kopfhörer.  Auch Pro-Ject, das vor Jahren schon einmal Kopfhörer im Sortiment hatte, will künftig wieder in dem Marktsegment vertreten sein.

"Die Membran und Materialien, die wir heute haben, sind so viel leichter und so viel besser geworden. Man kann heute über Kopfhörer viel mehr Details hören, als noch vor 20 Jahren", sagt der HiFi-Experte.

Bei Aktivlautsprechern will Pro-Ject künftig ebenfalls mitmischen. "Ohne smarte Assistent*innen, aber mit ein bisschen mehr Hirnschmalz und auf das Wesentliche reduziert", wie Lichtenegger ankündigt. Sein Unternehmen, das heute neben Plattenspielern unter anderem auch Verstärker, Vorverstärker und Lautsprecher verkauft, will er zum Gesamtanbieter ausbauen. Allerdings mit Einschränkungen. Lichtenegger: "Nur Stereo, nie Mono. Bei uns wird es keine Soundbars und auch nie einen Streaming-Lautsprecher nur in Mono geben."

Hinter der Geschichte

Es war ein Nebensatz der Heinz Lichtenegger auf den Plan rief. In einem Artikel zu Hi-Res-Streamingdiensten auf der futurezone , war am Rande zu lesen, dass die hochauflösenden Files in Amazons Music Unlimited auch von Sonos-Systemen unterstützt würden.

Das will Lichtenegger so nicht stehen lassen. Er denke, er könne einige zusätzliche Inputs geben, ließ er die Redaktion wissen. "Kein Sonos-Lautsprecher ist Hi-Res", sagt der Pro-Ject-Gründer, der auch den HiFi-Vertrieb Audio Tuning leitet. Mit den Geräten könne man zwar Hi-Res-Daten empfangen, ausgegeben würden sie aber nicht. Die Daten würden herunterskaliert, damit sie für den Multiroom-Einsatz vom digitalen Signalprozessor (DSP) verarbeitet werden könnten, sagt Lichtenegger.

Auch Sonos weist darauf hin, dass die maximale Samplingrate bei seinen Geräten 48 kHz betrage. HiRes steht üblicherweise für eine Abtastrate von mindestens 96 kHz und einer Bittiefe von mindestens 24 Bit. Letztere wird von Sonos zumindest auf dem Papier auch erreicht. Im Vergleich dazu betragen Samplingtiefe und -rate bei einer CD 16 Bit und 44,1 kHz. Darüber, was über 44,1 kHz hinausgehende Samplingraten bringen, streiten selbst HiFi-Experten.

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Patrick Dax

pdax

Kommt aus dem Team der “alten” ORF-Futurezone. Beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Innovationen, Start-ups, Urheberrecht, Netzpolitik und Medien. Kinder und Tiere behandelt er gut.

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