X-62A: KI-Flieger mit Menschen als Notfallsicherung

X-62A: KI-Flieger mit Menschen als Notfallsicherung

© US Air Force

Militärtechnik

KI gegen Mensch: Erster Dogfight in der Luft

Künstliche Intelligenz ist ein heißes Thema in der militärischen Luftfahrt. Als Benchmark für Piloten-KIs gilt, wenn sie Dogfights, also Luftkämpfe bei naher Distanz, autonom gegen Menschen bestreiten können.

Solche Durchbrüche wurden schon mehrfach vermeldet, nicht nur von den USA, sondern etwa auch von China. Allerdings ist die KI dabei immer nur in Simulatoren gegen menschliche Pilot*innen angetreten. Jetzt haben weltweit erstmals solche Dogfights in der Luft stattgefunden, berichtet twz.com.

KI wurde erst in Simulationen trainiert

Der Test hat schon im Vorjahr stattgefunden. Details dazu wurden jetzt durch ein Video bekannt, das die DARPA, die Forschungsabteilung der US-Streitkräfte, veröffentlicht hat.

Das KI-Projekt läuft unter dem Namen ACE – Air Combat Evolution. Daran ist auch das Unternehmen Shield AI beteiligt, das wiederum Heron Systems 2021 gekauft hat. Die von Heron entwickelte KI gewann 2020 den von der DARPA veranstalteten Wettbewerb AlphaDogfight. Dabei traten KIs in Simulationen zuerst gegeneinander an. Die beste KI trat dann gegen einen F-16-Piloten in einem Simulator an – und gewann haushoch.

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Es hat bis 2023 gedauert, bis ein Trainings-Luftkampf tatsächlich in der Luft ausgetragen werden konnte. Zuerst fanden noch 21 Testflüge statt, Dazwischen wurden die KI-Agenten, also die Machine-Learning-Komponenten der KI, fast täglich neu programmiert.

Immer wieder Unfälle bei Dogfights

Dann musste der KI noch beigebracht werden, dass es ein Trainings-Dogfight ist, bei dem bestimmte Sicherheitsregeln eingehalten werden müssen. Ohne denen würde die KI bis ans Limit des Flugzeugs und darüber hinaus gehen, um zu gewinnen.

Durch waghalsige Flugmanöver könnte sie auch das menschliche Gegenüber gefährden. Dass selbst Trainings-Dogfights riskant sind, zeigt die Statistik: Zwischen 2000 und 2016 wurden bei Übungs-Luftkämpfen mit F-16s und F-18s 32 Flugzeuge zerstört und 12 Menschen getötet.

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X-62A gegen F-16

Nachdem das Regelwerk fertiggestellt war, fand im September 2023 der erste Dogfight statt. Die KI steuerte völlig autonom eine X-62A. Als Sicherheitsmaßnahme war ein menschlicher Pilot im Cockpit. Die KI trat im Übungs-Luftkampf gegen einen F-16-Piloten an.

Geflogen wurden defensive und offensive Manöver. Auch „Nose-to-Nose“-Manöver wurden gemacht, bei denen die Jets direkt aufeinander zufliegen – ein besonders riskantes Manöver. Diese wurden mit bis zu 1.900 km/h durchgeführt.

X-62A: Ein fliegendes Labor

Bei der X-62A handelt es sich um eine stark modifizierte, 2-sitzige F-16 der US Air Force. Das Flugzeug wurde so umgebaut, dass es in der Luft die Systeme und Flugeigenschaften von nahezu jedem anderen Flugzeug simulieren kann. Das Projekt ist auch als Variable-stability In-flight Simulator Test Aircraft (VISTA) bekannt.

VISTA wurde bereits mit Schnittstellen für KI designed, wodurch es sich gut für die Integration von ACE eignet. Chris Cotting, Forschungsdirektor der US Air Force, beschreibt VISTA so: „Stell dir ein Simulatorlabor in einer Forschungseinrichtung vor. Wir haben das ganze Labor genommen und in eine F-16 gepackt.“

Nächste Stufe: F-16 VENOM

Neben der X-62A hat die US Air Force weitere Pläne für autonome Flugzeuge, um KI zu erproben. Im Rahmen des Projekts VENOM soll 6 F-16s umgebaut werden, um KI zu unterstützen. Hier sollen die Arbeiten und Fortschritte von ACE einfließen, die mit X-62A gemacht wurden. VISTA seit als eine Art Testbett mit zusätzlichen Absicherungen zu verstehen, um KI kontrolliert erproben und entwickeln zu können. VENOM habe mehr Sensoren und sei der nächste Schritt der Evolution, um dem Ziel näher zu kommen, einen auf dem Schlachtfeld autonom agierenden Kampfflieger zu bauen.

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Außerdem soll mit VENOM die Zusammenarbeit zwischen von Menschen und Maschinen gesteuerten Kampfjets getestet und verbessert werden. Die Erfahrung daraus sollen auch in „Loyal Wingman“-Konzepte einfließen. Dabei agiert ein unbemannter Kampfjet zwar selbstständig, hört aber auf die Befehle der Pilot*in, die er als Wingman in den Kampfeinsatz begleitet. Speziell für die Erprobung solcher Einsätze haben die USA etwa eine Kratos XQ-58A gekauft.

Dogfights sind nur der Anfang

In dem Video wird betont, dass KI-Dogfights in der Luft zwar ein wichtiger Meilenstein sind, aber bei weitem nicht das Ziel. „Dogfighting war ein Problem, das wir lösen mussten, um mit autonom agierender KI Tests in der Luft durchführen zu können“, sagt der Air-Force-Testpilot Bill Gray.

Zukünftig sollen KI-Flugzeuge völlig selbstständig Missionen durchführen können – ohne Fernsteuerung, ohne Kommunikation zur Basis, ohne GPS. Dabei sollen sie mit von Menschen gesteuerten und mit anderen KI- Flugzeugen dynamisch zusammenarbeiten, aufeinander und auf das Schlachtfeld reagieren – etwa ob Bedrohungen auftauchen oder Zivilisten am Boden sind.

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Mittels Machine Learning sollen die Kampferfahrungen dieser KI-Flugzeuge genutzt werden, um die KI für die gesamte Flotte stetig weiterzuentwickeln und zu verbessern. Im Idealfall würde etwa die KI eines autonomen Kampfhubschraubers auch von Erfahrungen eines unbemannten Kampfjets profitieren, ebenso wie ein KI-gesteuerter Marschflugkörper.

Wer den Dogfight gewonnen hat, wurde bisher nicht verraten. Die DARPA hat jedoch angekündigt, in Kürze mehr zum aktuellen Entwicklungsstand von ACE in der X-62A bekannt zu geben.

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