Die argentinische San Juan verschwand 2017 spurlos.

Die argentinische San Juan verschwand 2017 spurlos.

© APA/AFP/NOTICIAS ARGENTINAS/STR

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Die größten U-Boot-Unfälle der Geschichte

Seit über 24 Stunden gilt das kleine Touristen-U-Boot "Titan" von OceanGate Expeditions, mit 5 Menschen an Bord, als verschollen. Bei einem Erkundungstauchgang zum Wrack der Titanic verlor das Mutterschiff an der Meeresoberfläche den Kontakt zu Titan.

Vor der Ostküste Nordamerikas suchen die Küstenwachen Kanadas und der USA seither fieberhaft nach dem verschollenen Gefährt. Die Hoffnung besteht, die Besatzung sowie die Tourist*innen erfolgreich zu bergen, falls die Titan schnell gefunden wird.

Das kleine OceanGate-U-Boot ist zwar kein U-Boot im herkömmlichen, militärischen Sinne – als Forschungsgefährt ist es auf ein Schiff angewiesen, das es zu seinem Einsatzort bringt. Es reiht sich allerdings in eine Reihe von Unfällen und gefährlichen Rettungsaktionen ein, die sich seit Beginn der Unterwasser-Seefahrt weltweit zugetragen haben.

Von der USS Thresher bis zur San Juan: Wir haben die 7 bemerkenswertesten U-Boot-Unfälle zusammengetragen.

  1. USS Thresher
  2. USS Scorpion
  3. Kursk
  4. HMS Thetis
  5. USS Squalus
  6. Nanggala
  7. San Juan

1. USS Thresher: Größtes U-Boot-Unglück aller Zeiten

Der Untergang der nuklearbetriebenen USS Thresher (Thresher-Klasse, 3.770 Tonnen Verdrängung bei Tauchgang) im April 1963 ging als das schwerste U-Boot-Unglück aller Zeiten in die Geschichte ein. 129 Menschen kamen bei einer Tauchübung des US-U-Boots, etwa 350 Kilometer vor Cape Cod an der Ostküste der Vereinigten Staaten, ums Leben.

Als Grund für den Unfall wird ein Rohrbruch vermutet. Untersuchungen der US Navy am Wrack zeigten, dass dieser an Bord einen Kurzschluss verursacht hatte, der wiederum den Reaktor und den Antrieb des U-Bootes ausfallen ließ. Die Thresher sank in gefährliche Tiefen, woraufhin der Wasserdruck zu groß wurde und die Schotten unter dem Druck zusammenbrachen.

Noch heute liegt das Wrack der knapp 85 Meter langen und 9,8 Meter breiten Thresher am Meeresgrund in 2.500 Metern Tiefe. Von ihren verstrahlten Trümmerteilen gehe laut US-Behörden keine Gefahr aus. Sie gilt als erstes jemals verunglücktes U-Boot mit Nuklearantrieb.

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2. USS Scorpion: Verstrahltes Wrack

Nur 5 Jahre später versank ein weiteres Atom-U-Boot der US Navy, die USS Scorpion (Skipjack-Klasse, 3.500 Tonnen), mit 99 Mann Besatzung. Was sich genau am 22. Mai 1968 am Unfallort im Nordatlantik zutrug, ist nicht vollständig geklärt. Es wird angenommen, dass eine Explosion an Bord die Scorpion zerstörte. Als mögliche Ursachen wurden von den Behörden Gaslecks, Feuer oder der Beschuss durch ein feindliches U-Boot angeführt.

Heute wird aufgrund neuer Informationen davon ausgegangen, dass eine brennende Torpedobatterie des Typs Mark 46 für die Detonation verantwortlich war. Wie Journalist*innen der New York Times 1998 herausfanden, waren die Batterien der besagten Torpedos bereits bei zuvor durchgeführten Vibrationstests der US Navy explodiert, was auf einen Fehler an den Akkus hindeuten könnte.

Anders als die USS Thresher ist die Scorpion ein Risiko für die Umwelt. Die US Navy untersucht regelmäßig die Umgebung des in mehreren Tausend Metern Tiefe liegenden Wracks auf nukleare Kontamination.

Die USS Scorpion bei ihrer Einweihung.

3. Kursk: Putins erster Test

Im August 2000 sank das russische Atom-U-Boot Kursk (Oscar-II-Klasse, 24.000 Tonnen) auf den Grund der Barentssee. 118 Mann kamen dabei ums Leben. Als Ursache für die Tragödie konnte rasch eine Explosion an Bord der Kursk ausgemacht werden. Der genaue Unfallhergang galt lange als ungeklärt. Um die Kursk rankten sich zahlreiche Verschwörungstheorien. Es wurde gemutmaßt, der russische Panzerkreuzer "Pjotr Weliki" habe versehentlich die Kursk bei einer Übung getroffen oder sie sei von einer deutschen Seemine aus dem Zweiten Weltkrieg zerfetzt worden. Das russische Militär beharrte hingegen monatelang auf der Theorie, dass ein US-U-Boot auf Spionagemission an dem Unglück schuld gewesen.

2 Jahre vergingen, bis der Unfall von einer Regierungskommission rekonstruiert wurde. Auf der 154 Meter langen Kursk war ein Übungstorpedo explodiert, wie aus einem Bericht hervorging. Wladimir Putin, der damals erst vor wenigen Monaten vom Geheimdienstchef zum Präsidenten Russlands aufgestiegen war, bezeichnete den Kursk-Untergang als „schreckliche Tragödie", den Tod der Offiziere als „eine Schande“. Trotz der mitfühlenden Worte wurde der Vorfall zur Feuerprobe für Putin. Denn unter die Trauer um die Besatzung mischte sich bald die Wut der Bevölkerung, da Rettungsaktion und Aufklärung nur schleppend vorangingen. Auch die Ermittlung der Aufklärungskommission wurde angezweifelt. Die Unterlagen der Kommission bleiben noch bis mindestens 2027 unter Verschluss.

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Die Kursk im Hafen von Vidyayevo. Das U-Boot galt für Russland als imperialistisches Symbol.

4. Nanggala: Größter Unfall der jüngeren U-Boot-Geschichte

Der Untergang der Nanggala (Klasse 209-300, 1.395 Tonnen) ist eines der größten U-Boot-Unglücke der jüngeren Vergangenheit. Das indonesische Militär-U-Boot verschwand im April 2021 im Zuge einer Routinemission rund 100 Kilometer nördlich der Urlaubsinsel Bali. Nachdem am Tag des Verschwindens ein Ölfleck von indonesischen Behörden entdeckt worden war, begann die Suche nach dem Verbleib der Nanggala. In den kommenden Tagen wurde festgestellt, dass das U-Boot in 3 Teile zerbrochen und alle 53 Besatzungsmitglieder verstorben waren.

Unfallursache und -hergang sind bis heute ungeklärt. Immer wieder wurde in den darauffolgenden Monaten die mangelhafte Wartung der Nanggala bekrittelt. Ihr Wrack konnte bis heute nicht aus 838 Metern Tiefe geborgen werden, weitere Versuche für eine Bergung sind nicht geplant.

5. HMS Thetis: Gestrandet in 49 Metern Tiefe

Die HMS Thetis (T-Klasse, 1.590 Tonnen) war ein U-Boot der britischen Royal Navy und gilt als eines der ersten großen U-Boot-Unglücke der Geschichte. Das U-Boot lief im Juni 1938 vom Stapel und führte im Juni 1939 finale Tauchtests vor der Küste von Liverpool durch. Dabei kam es zu einem Wassereinbruch, bei dem die Torpedorohre sowie der Bugbereich fluteten. Die Thetis neigte sich durch das eingedrungene Wasser im Bug nach vorne, wodurch es unkontrolliert abzusinken begann und schließlich in 49 Metern Tiefe auf Grund lief.

Zwar wäre in einer solchen Tiefe ein Ausstieg ohne Dekompressionskrankheit zu erleiden möglich, die Überlebenschance in den kalten Gewässern allerdings gering. Daher verharrte die Besatzung auf der Thetis in Hoffnung auf Rettung. 4 der 99 Seeleute konnten schließlich nach mehreren Stunden mithilfe einer eingetroffenen Rettungscrew geborgen werden. Die restliche Besatzung ertrank bei einem missglückten Ausstiegsversuch. Es wird gemutmaßt, dass die hohe Kohlendioxidkonzentration in der Luft zu Kopfschmerzen und damit zu Konzentrationsschwächen bei der Besatzung geführt hatte. Die Thetis wurde geborgen und stach unter dem Namen Thunderbolt im 2. Weltkrieg erneut in See.

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6. USS Squalus: Erste erfolgreiche Unterwasser-Rettungsaktion

Die USS Squalus (Sargo-Klasse, 2.350 Tonnen) sank im Mai 1939 wegen einer Ventilfehlfunktion auf 75 Meter Tiefe ab. 33 Besatzungsmitglieder überlebten, indem sie das Ventil schlossen und so die vollkommene Flutung des U-Bootes verhinderten. 24 starben.

Für die Hinterbliebenen begann eine spektakuläre Rettungsaktion. Damals galt der Untergang eines U-Boots als sicheres Todesurteil. Wer nicht ertrank, erstickte innerhalb weniger Tage. Doch die Marine verfügte seit kurzem über eine Tauchglocke, die an das U-Boot angedockt werden konnte. Obwohl die Glocke noch nie zuvor eingesetzt wurde, gelang es den Rettungskräften, alle 33 Überlebenden aus dem U-Boot zu bergen. Die Squalus zog später unter neuem Namen, USS Sailfish, für die USA in den 2. Weltkrieg.

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7. San Juan: Verdacht auf Korruption

Auch das Verschwinden des argentinischen U-Bootes San Juan (TR 1700, 2.350 Tonnen) ist ein Beispiel aus der jüngeren Geschichte. Die San Juan verschwand am oder nach dem 15. November 2017 unter ungeklärten Umständen vor der argentinischen Küste auf dem Weg zu ihrem Heimathafen Mar del Plata. Der Kapitän des U-Boots meldete zunächst, dass eindringendes Wasser einen Kurzschluss im Batterietank verursacht habe und es zu einem Schwelbrand gekommen war. Wenige Stunden später verzeichneten internationale Sensoren eine Detonation auf der mutmaßlichen Position des U-Bootes.

Die argentinische Marine suchte mehrere Wochen vergebens nach den 44 Besatzungsmitgliedern. Im November 2018 konnte das Wrack schließlich von einer privaten Firma geborgen werden. Rund um die Modernisierung der San Juan, die erstmals in den 80er-Jahren in See stach, ranken sich Korruptionsgerüchte. Angeblich sollen Verträge ohne Ausschreibungen vergeben worden sein, darunter etwa an den deutschen Batteriehersteller Hawker. Dieser wurde dann mit der Lieferung der Batteriezellen für das U-Boot beauftragt. Es gab Hinweise darauf, dass diese Batterien nicht der erforderlichen Qualität entsprachen.

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