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Xbox Wireless Headset im Test: Sie werden Microsoft hassen

Sam Fisher hat beim Gaming immer ein Pokerface.

Das Xbox Wireless Headset ist Microsofts neues offizielles Headset für die Xbox Series X|S und Xbox One. Es verspricht Surround Sound mit Dolby Atmos und DTS.X und 2 Bluetooth-Verbindungen gleichzeitig – bei einem Preis von nur 99 Euro. Ich habe getestet, was dran ist an dem vermeintlichen Gaming-Kopfhörer-Schnäppchen.

Wer hat Grün bestellt?

Für ein Gaming-Headset ist dieses hier fast schon dezent. Es ist schwarz. Allerdings hat es giftgrüne Ränder als Akzentfarbe. Warum weiß wohl nur Microsoft – denn bei der Xbox Series X kommt das Xbox-Grün lediglich innen beim Lüfter vor. Beim Controller ist es als Akzentfarbe gar nicht zu sehen. Es wäre es schön gewesen, wenn Microsoft seiner eigenen Designlinie treu geblieben wäre und das Grün etwas mehr versteckt hätte.

Das Grün hat aber auch tatsächlich eine Funktion – also eigentlich das grüne Teil. Es ist ein dünner Gummistreifen, der die Griffigkeit erhöht. Denn die großen runden Teile an den Ohren sind nicht das Resultat eines Teletubbies-Fans im Hardware-Team von Microsoft, sondern Drehregler.

Rechts wird die Lautstärke eingestellt, mit einem taktilen und akustischen Feedback beim Erreichen der Minimal- und Maximallautstärke. Auf der linken Seite wird die Balance zwischen Spiellautstärke und Chat-Lautstärke eingestellt. Das ist clever und ein sehr willkommenes Feature für ein Gaming-Headset. Plärrt sich mal wieder eine Gruppe übermotivierter Spieler*innen im Chat an, kann man sie on-the-fly leiser drehen, ohne dazu in die Einstellungen der Xbox Series X gehen zu müssen.

Komfort

Bei der Bauweise des Headsets sieht man, wo Microsoft gespart hat, um den Preis zu drücken. Die Ohrteile haben nur sehr wenig Spielraum in der Y-Achse, ansonsten sind sie starr. Die Polsterung des Bügels ist nicht unter dem gesamten Kunstlederbezug, sondern nur in der Mitte.

Die dicken Kunstlederpolster der Ohrmuscheln sorgen aber trotzdem dafür, dass das Headset angenehm zu tragen ist, auch mit Brillen. Durch die kaum flexible Aufhängung der Ohrteile liegen sie nicht so gut an als andere, meist teurere Modelle. Dadurch dichten sie weniger gut Umgebungsgeräusche ab. Warm wird es im Sommer unter der dicken Polsterung aber dennoch.

Der Sitz am Kopf ist in Ordnung – keine Kopfpresse, aber auch kein Bombenhalt in jeder Situation. Vermutlich wird man das Headset ohnehin nicht beim Sport oder Fahrradfahren tragen, sondern auf der Couch oder beim Arbeiten im Homeoffice. Wer damit spekuliert, dass Headset zumindest für lange Zugfahrten oder Flüge nutzen zu können (wenn es mal wieder geht): Prinzipiell möglich, aber da das Headset nicht kompakt zusammengelegt werden kann und keine aktive Geräuschunterdrückung hat, ist es nur bedingt als Reisekopfhörer geeignet.

Wurm mit Licht

Statt eines üblichen Mikrofonarms mit automatischer Stummschaltung, wenn man das Mikrofon hochklappt, gibt es ein Wurmmikrofon. Dieses biegt man sich so hin, wie man es gerade braucht. Bei Nichtnutzung wird es nach oben hin zum Ohrteil gebogen, hat dort aber keine eigene Bucht, um anzudocken oder einzurasten.

Stummgeschaltet wird es mit der gut erfühlbaren Taste an der linken Seite des Headsets. Ist das Mikro stumm, leuchtet das LED-Licht des Mikrofons. Die Helligkeit des Lichts kann in der „Xbox Zubehör“-App auf Windows-10-PCs und der Xbox Series X|S und Xbox One konfiguriert werden. Dort gibt es auch die praktische Auto-Stummschalt-Funktion. Diese kann in verschiedenen Stärken aktiviert werden und sorgt dafür, dass nur die Stimme übertragen wird und keine unerwünschten Hintergrundgeräusche.

Die Funktion erfüllt ihren Zweck gut, ohne Teile des Gesprochenen abzuschneiden, wie es manchmal bei ähnlichen Funktionen anderer Hersteller der Fall ist. Die Tonqualität der Stimmübertragung ist ausgezeichnet. Wenn man hier meckern will, dann darüber, dass die Stimme fast schon zu klar übertragen wird: Verständlichkeit vor Natürlichkeit.

Bluetooth und Kabel

Das Headset hat 2 Bluetooth-Kanäle. Einer ist nur für die Verbindung mit der der Xbox Series X|S oder Xbox One. Der andere ist für normale Bluetooth-Geräte, wie Notebook, Smartphone oder Tablet. Für die PS5/PS4 und Nintendo Switch kann das Headset nicht verwendet werden. Denn wie Microsoft auch, nutzen Sony und Nintendo einen eigenen Bluetooth-Kanal. Einen USB-C-Dongle, um das Headset mit diesen Konsolen zu nutzen, gibt es nicht.

Das Headset kann gleichzeitig mit der Xbox und einem Bluetooth-Gerät verbunden sein. So kann man beim Gaming auf der Konsole trotzdem am Smartphone für Anrufe erreichbar sein. Wird man angerufen, wird automatisch die Gaming-Lautstärke reduziert, damit man den/die Gesprächspartner*in besser hört. Um aber diese Tonquelle lauter zu drehen, muss man das Smartphone in die Hand nehmen. Das Drehen am Headset regelt nur die Gesamtlautstärke, macht also auch den Gaming-Sound lauter, anstatt nur den/die Gesprächspartner*in.

Mit einem USB-C-Kabel kann das Headset auch als kabelgebundener Kopfhörer mit Windows-10-PCs und -Notebooks genutzt werden. Primär ist der USB-C-Port aber fürs Laden des Akkus gedacht. Der Akku hält gut 15 Stunden. In 3 Stunden ist er vollgeladen. Man kann das Headset mit der kabellosen Verbindung weiternutzen, während es geladen wird.

Sound

Das Headset unterstützt die Standards Dolby Atmos und DTS: X, für einen erweiterten Rundum-Klang. Allerdings erfordern beide auf der Xbox Series X|S kostenpflichtige Apps. Dolby Atmos für Kopfhörer kostet einmalig 18 Euro, DTS:X 20 Euro. Immerhin kann Dolby Atmos mit dem Xbox Wireless Headset bis Ende September kostenlos genutzt werden. Danach heißt es aber zahlen oder Microsofts hauseigenen 3D-Klang Windows Sonic nutzen – der aber Töne weniger differenziert erklingen lässt.

Das ist gerade bei diesem Headset nicht optimal, da das normale Klangprofil es ohnehin schon schwer macht, einzelne Töne herauszuhören. Es ist brachial basslastig. Das ist ein klassischer Trick, um über Schwächen in der Klangwiedergabe hinwegzutäuschen: Einfach dem/der User*in Vollgas auf die Ohren geben.

Für die meisten actiongeladenen Games geht das Konzept auch auf. Wenn überall alles explodiert und kracht, erzeugt das eine sehr dichte Klangkulisse, in der man mittendrin ist. Auch bei Rennspielen in der Cockpit-Ansicht passt das ganz gut. Will man aber klar hören, woher etwa beim Multiplayer-Shooter die Schritte kommen oder wo die auf einen zugeworfene Handgranate gelandet ist, wird das mit dem Headset schwierig. Darunter leidet auch die Dolby-Atmos-Unterstützung. Simulierte Töne von oben sind nur sehr schwer wahrnehmbar, selbst wenn rundherum nicht virtuell geschossen wird.

In der „Xbox Zubehör“-App gibt es einen Equalizer mit mehreren Klangprofilen zum Auswählen, sowie 2 Profile, bei denen man die Frequenzen selbst anpassen kann. Wenn man sich die Zeit nimmt und damit etwas herumspielt, kann man den Bass reduzieren und andere Klänge besser hörbar machen.

Fazit

Mit dem Xbox Wireless Headset macht sich Microsoft nicht besonders beliebt – bei den Herstellern, die bisher Xbox-spezifische Kopfhörer gemacht haben. Am ehesten lässt es sich vom Funktionsumfang mit dem Razer Kaira Pro und SteelSeries 9X vergleichen, die 170 Euro und 200 Euro kosten.

Es ist ein Preisbrecher, aufgrund der Dolby-Atmos-Unterstützung und des normalen Bluetooth-Protokolls, mit dem es auch für Computer und Smartphones genutzt werden kann. Die einfache Bedienung mit 2 Rädern und 2 Tasten ist ein Bonus.

Ein Wunderwuzzi-Kopfhörer ist das Headset aber nicht. Es kann mehr als andere Headsets in der 100-Euro-Preisklasse. Aber will man einen klareren, differenzierten Klang mit mehr räumlicher Tiefe, muss man sich bei kabellosen Headsets in der Preisklasse 200+ Euro umhören.

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Gregor Gruber

Testet am liebsten Videospiele und Hardware, vom Kopfhörer über Smartphones und Kameras bis zum 8K-TV.

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