Symbolbild: Wolken über dem Meer

Symbolbild: Wolken über dem Meer

© APA/AFP/CHANDAN KHANNA / CHANDAN KHANNA

Science

Maschine für „künstliche Wolken“ erstmals im Freien getestet

Die Erde wird immer heißer und wir tun zu wenig dagegen. Wenn es so weitergeht, reichen die bisherigen Maßnahmen nicht aus, um die menschgemachte Erderwärmung stark genug zu verlangsamen, dass eine Katastrophe verhindert werden kann.

Zusätzlich zur Reduktion der Freisetzung von Treibhausgasen, wird deshalb an aktiven Möglichkeiten geforscht, die Temperatur auf der Erde zu reduzieren. Dazu gehört das Geoengineering. Ein Teil davon befasst sich mit der Erschaffung künstlicher Wolken.

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Dadurch sollen weniger Sonnenstrahlen die Erde erreichen, wodurch diese weniger warm wird. Eine Methode dazu, die von Umweltschützer*innen besonders kritisch gesehen wird, ist das Versprühen von Silberiodid mit Flugzeugen. Eine umweltfreundlichere Methode nennt sich Marine Cloud Brightening. Eine Maschine dafür wurde erstmals außerhalb des Labors getestet, berichtet die New York Times.

Schneekanone am Flugzeugträger

Dazu wurde ein Gerät genutzt, an dem Forscher der Universität Washington jahrelang getüftelt haben. Es sieht in etwa aus wie eine Schneekanone. Für den ersten Test, der jetzt durchgeführt wurde, war das Gerät auf dem Landedeck des Flugzeugträgers USS Hornet (CV-12) aufgestellt. Der ist ausgemustert und dient in der San Francisco Bay als Museumsschiff.

Die Maschine wird mit Salz befüllt. Über einen Tank wird Frischwasser zugeführt. Zukünftig soll gleich Meerwasser genutzt werden. Für diesen Machbarkeitsversuch wurden die Komponenten getrennt zugeführt, weil Meerwasser korrosiv ist und die Maschine beschädigen könnte.

Partikel müssen die richtige Größe haben

Durch Luftdruck wird das Gemisch zu einem Sprühnebel. Das Ziel des Tests war festzustellen, ob diese Salz-Aerosole die richtige Größe haben und ob sie konstant diese Größe beibehalten. Sind sie nämlich zu klein, haben sie keine Auswirkung. Sind sie zu groß, könnten sie sogar einen negativen Effekt haben. Optimal seien Submicron-Partikel, die in etwa 1/700stel der Dicke eines menschlichen Haars haben.

Bisher wurde das Kreieren solcher Partikel mit der Maschine nur im Labor ausprobiert. Im Freien herrschen aber andere Bedingungen, wie Wind und wechselnde Luftfeuchtigkeit. Wenn es nach den Forschenden geht, werden diese Tests ein paar Monate lang regelmäßig durchgeführt und die Ergebnisse laufend analysiert.

Effekt wurde durch Umweltverschmutzung entdeckt

Wenn alles funktioniert, soll im nächsten Schritt eine Maschine gebaut werden, die die Salz-Aerosole Richtung der Wolken schleudert. Dort hellen bzw. verdichten sie bestehende Wolken – sie werden also künstlich aufgepäppelt. Dadurch werfen sie mehr Sonnenlicht zurück ins Weltall.

Ironischerweise wurde dieser Effekt durch Umweltverschmutzung entdeckt. Die Abgase von Schiffen haben die Wolken angereichert. Der Kühleffekt soll dabei zwischen 0,5 und 1,5 Grad Celsius liegen. Diese Schmutzpartikel in der Luft sind natürlich unerwünscht und werden hoffentlich weniger, wenn Schiffe zukünftig mit sparsameren Antrieben fahren oder Diesel- und Schweröl durch Wasserstoff und Akkubetrieb ersetzt werden.

Das heißt aber auch, dass der Kühleffekt wegfällt. Weil besonders die Wolken über dem Meer (maritime Stratocumulus) empfänglich für diesen Effekt sind, kam die Idee auf Salz zu nutzen. Schließlich gibt es davon genug im Meer.

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Große autarke Wolken-Maschinen im Meer

In der Vision der Forschenden könnten künftig solche Maschinen im Meer an ausgewählten Punkten verankert werden. Sie sollen selbstständig das Meerwasser einsaugen, bei Bedarf den Salzgehalt verdichten oder reduzieren und die Aerosole in die Höhe schießen. In Verbindung mit Solarzellen oder der Stromgewinnung durch Gezeiten und Wellen, könnten die Maschinen autark arbeiten.

Bis es soweit ist, dass diese Technologie eingesetzt werden kann, um tatsächlich die Oberflächentemperatur der Erde zu reduzieren, werden mindestens 10 Jahre vergehen, glauben die Forschenden. Selbst wenn sich in den kommenden Tests herausstellen sollte, dass diese Methode nicht funktioniert, würde man wertvolle Forschungsergebnisse dazu erhalten, wie Luftverschmutzung und Aerosole mit Wolken interagieren.

Geoengineering birgt Risiken

Geoengineering hat viele Kritiker*innen. Aus diesem Grund haben die Forschenden auch den Test diese Woche so weit wie möglich geheim gehalten, um Konfrontationen und Sabotageversuche zu vermeiden.

Selbst rationale Wissenschaftler*innen mahnen zur Vorsicht. Mit künstlichen Wolken könnte man Klimamuster verändern, nicht nur über dem Meer, sondern auch über Land. Die Auswirkungen seien derzeit nicht vorhersehbar.

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Auch die Forschenden am aktuellen Projekt räumen Risiken ein. Man müsse die Auswirkungen einer solchen Manipulation gut untersuchen. Temperaturänderungen könnten die Meeresströmungen beeinflussen, was sich auf Fische und andere Meereslebewesen auswirkt und weitere, ungeahnte Folgen haben könnte.

Ein Risiko sei auch, dass sich dadurch Niederschlagsmuster ändern. Regen könnte in einigen Regionen mehr werden und in anderen weniger, was die jeweiligen Ökosysteme gefährdet.

Die Forschenden hoffen, dass solche Wolkenmaschinen nie eingesetzt werden müssen. Falls es aber tatsächlich nötig werden sollte, ist es wichtig zu wissen, wie es funktioniert und wie man bestmöglich ungewollte Nebeneffekte vermeidet.

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