Anflug in den Mondorbit: Auf einem Himmelskörper ohne Atmosphäre aufzusetzen, ist nicht so leicht. Zahlreiche Versuche sind gescheitert

Anflug in den Mondorbit: Auf einem Himmelskörper ohne Atmosphäre aufzusetzen, ist nicht so leicht. Zahlreiche Versuche sind gescheitert

© NASA

Science

Wieso ist es so schwer, am Mond zu landen?

Am Sonntag sollte die russische Raumsonde Luna-25 am Mond aufsetzen. Es wäre wohl ein großer Propagandaerfolg für ein Regime gewesen, das Krieg führt und dennoch im Weltraum aktiv ist. Die Sonde ist allerdings am Mond zerschellt.

Man könnte es als Sinnbild des Niedergangs einer einst großen Weltraumnation sehen, allerdings ist Luna-25 nur einer von vielen Fehlschlägen in den vergangenen Jahren. Warum scheitern Missionen aus aller Welt so oft dabei, am Mond zu landen? Was ist so schwierig daran?

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Der jüngste Fehlschlag am Mond: Die russische Sonde Luna-25

Steuern und Bremsen

"Auf dem Mond zu landen, ist ein großer technischer Aufwand. Es sind unterschiedliche Probleme dabei zu beachten", sagt Planetenphysiker Manuel Scherf von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW). Die Liste reiche von der fehlenden Atmosphäre, über Staub und gefährlichen Steinen bis hin zu extrem kurzen Reaktionszeiten und Mangel an Know-how.

Die am Mond fehlende Atmosphäre macht es für Raumsonden extrem schwierig abzubremsen. "Auf der Erde, am Mars oder am Saturnmond Titan kann man Fallschirme verwenden", erklärt Scherf. "Am Mond muss man den Fall mit Raketen abbremsen. Das ist nicht so einfach." Denn Raketen benötigen Treibstoff. Je mehr man davon mitnimmt, desto schwerer wird die Sonde und desto höher ist der Verbrauch. Man müsse deshalb versuchen, möglichst wenig Treibstoff mitzuführen. Dann darf man sich aber keine Fehler erlauben. Denn bei Mondlandungen benötige man für jedes Manöver Treibstoff. Die Flugbahn aerodynamisch zu korrigieren, etwa mit Steuerflügeln, funktioniert ohne Atmosphäre nicht.

Geht der Treibstoff zu früh aus, ist die Sonde verloren. So ist es etwa im April geschehen, als die japanische Raumsonde Hakuto-R wegen eines Softwarefehlers schon in 5 Kilometer Höhe über der Mondoberfläche stark abbremste und anschließend wie ein Stein herunterfiel.

Japanese lunar landing mission Hakuto-R Mission1 (Hakuto-R M1)

Auch gescheitert: Die japanische Raumsonde Hakuto-R vom Unternehmen iSpace

Verstaubte Sensoren und schlechte Sicht

Neben viel Staub, der aufgewirbelt wird und Sensoren beeinträchtigt, gibt es am Mond auch viele Steine und Felsen. Trotz hochauflösender Kameras kann man nicht alle davon aus dem Orbit erkennen. Auf ihr Vorhandensein am auserkorenen Landeplatz muss blitzschnell reagiert werden. Das können bei Sonden nur Bordcomputer erledigen, weil die Funksignalverzögerung zur Erde für eine Fernsteuerung zu groß ist.

"Felsbrocken waren schon bei Apollo 11 ein Problem. Die Mondlandefähre hätte eigentlich automatisch landen sollen. Im letzten Moment übernahm Neil Armstrong das Steuer und landete manuell", schildert Scherf. Menschen hätten bei solchen Manövern einen Vorteil gegenüber Computern.

Das Problem der mangelnden Sichtbarkeit von Felsen betraf die russische Sonde Luna-25 besonders, meint Scherf. Sie sollte nahe dem Südpol des Mondes aufsetzen, wo das Licht sehr flach auftreffe. In den langen Schatten von Erhebungen verstecken sich kleinere, gefährliche Unebenheiten.

Geheimes Wissen

Am Mond zu landen, erfordere laut dem Experten viel Know-how. Von der Blütezeit der Apollo-Mondmissionen in den 60er- und 70er-Jahren sei "leider nicht so viel Wissen erhalten geblieben, wie man es sich wünschen würde". Erfahrungen würden auch nicht weltweit mit Mitbewerbern geteilt.

Am Mond zuletzt am erfolgreichsten sei China gewesen: "Die Chinesen sind die einzigen, die es auf Anhieb geschafft haben, am Mond zu landen." In das chinesische Weltraumprogramm werde viel Geld gesteckt. Chinesische Wissenschafter wurden aus dem Ausland zurückgeholt und auch ausländische Forscher hinzugezogen.

Das benachbarte Indien kann davon nicht profitieren, stattdessen musste es eigene Erfahrungen machen. 2019 stürzte die Sonde Chandrayaan-2 beim Landeversuch, wegen eines Softwarefehlers, auf den Mond ab. Auf die Behebung der Probleme wurde viel Wert gelegt. Am Mittwoch, 23. August 2023, soll mit Chandrayaan-3 der nächste indische Mondlandeversuch stattfinden.

➤ Mehr lesen: Wettrennen zum Mond: "Was ist mit Europa los?"

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David Kotrba

Ich beschäftige mich großteils mit den Themen Mobilität, Klimawandel, Energie, Raumfahrt und Astronomie. Hie und da geht es aber auch in eine ganz andere Richtung.

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