M1 Abrams feuert seine 120mm-Kanone ab

M1 Abrams feuert seine 120mm-Kanone ab

© US Army

Militärtechnik

120mm AMP: Neue 4-in-1-Munition für Kampfpanzer M1 Abrams

Ein M1A2 Abrams Kampfpanzer hat für sein 120mm-Hauptgeschütz bis zu 4 verschiedene Munitionssorten an Bord. Jede ist für eine spezifische Aufgabe gedacht, die nicht ausreichend von einer anderen übernommen werden kann.

Jetzt hat der M1A2 aber nur Platz für 42 Schuss, die entsprechend auf 4 Sorten aufgeteilt werden müssen. Das heißt, wenn von einer im Vorfeld zu wenig mitgenommen wurde, muss das entsprechende Ziel mit einer Munition beschossen werden, die womöglich weit weniger effektiv ist.

Zudem erschwert es die Logistik, die Kommunikation und erhöht die Fehleranfälligkeit. Der Ladeschütze könnte etwa in der Hitze des Gefechts eine falsche Munitionssorte erwischen und sie statt jener laden, die der Panzer-Kommandant befohlen hat.

Das soll jetzt alles mit der M1147 gelöst werden. Die US Army hat bekannt gegeben, dass die 120mm AMP (Advanced Multi-Purpose) jetzt in die volle Produktion gehen wird. Zuvor wurden nur wenige Stück zu Erprobung hergestellt.

3 Zündmodi

Die AMP soll dabei gleich 4 Munitionssorten ersetzen, die aktuell im Einsatz und im Inventar der US-Armee sind. Möglich wird das durch programmierbare Zündmodi. Wenn die AMP in die 120mm-Kanone geladen wird, erhält sie elektronisch die Anweisung, mit welchem Modi sie zünden soll.

Diese Modi sind:

  • Airburst
  • Aufschlag
  • Aufschlag mit Verzögerung

Airburst

Bei Airburst explodiert das Projektil in der Luft, wenn die gewünschte Distanz erreicht ist. Neben dem Sprengstoff befindet sich Wolfram im Projektil. Bei der Airburst-Explosion entstehen Wolfram-Splitter, wodurch der tödliche Radius erhöht wird.

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Der Airburst-Modus soll gegen Infanterie eingesetzt werden. Speziell nennt die US Army Soldaten mit Panzerabwehrwaffen, die damit bekämpft werden sollen. Auch langsam fliegende Luftziele können mit dem Airburst-Modus bekämpft werden.

Aufschlag

Der Aufschlag-Zünder funktioniert ganz klassisch. Das Geschoß explodiert, wenn es auf ein Ziel trifft. Dieser Modus wird etwa gegen ungepanzerte und leicht gepanzerte Fahrzeuge eingesetzt. Die Wolfram-Komponente des Projektils soll hierbei für die nötige Durchschlagskraft sorgen.

Im Notfall könnten damit auch Kampfpanzer beschossen werden, indem etwa Schwachpunkte, wie das Zielsystem, die Ketten oder dem Motor im Heck, anvisiert werden, um einen „technischen Kill“ zu erreichen. Dabei ist der feindliche Panzer zwar nicht komplett zerstört, aber so weit in seinen Funktionen eingeschränkt, dass er nicht mehr als kampffähig angesehen wird.

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Aufschlag mit Verzögerung

Dieser Modus ist gedacht, um Befestigungen und Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Das Projektil dringt durch die bloße Wucht ins Ziel ein und explodiert erst danach. Das erhöht die zerstörerische Wirkung. Die Eindringtiefe soll durch die Wolfram-Komponente des M1147 verbessert sein.

Mit diesem Modus sollen etwa improvisierte Straßensperren oder Mauern weggesprengt werden. Der Modus kann auch genutzt werden, um befestige Stellungen zu bekämpfen, etwa ein Maschinengewehr-Nest in einem Betongebäude oder kleinere Bunker.

Diese Munitionssorten werden ersetzt

Durch die Zündmodi soll die M1147 folgende Munitionssorten ersetzen:

  • M830 High Explosive Anti-Tank
  • M830A1 Multi-Purpose Anti-Tank
  • M1028 Canister
  • M908 Obstacle Reduction

Die M830 gibt es seit Anfang der 80er-Jahre. Sie ist als auch HEAT MP-T bekannt, wird von der Besatzung der Panzer M1A1 und M1A2 aber meistens nur HEAT genannt. Auch sie ist als Universalmunition gedacht und hat einen Aufschlagzünder. Durch die Sprengwirkung soll sie gegen Infanterie eingesetzt werden können. Mit ihrer Hohlladung kann sie aber auch bis zu 600mm Stahlpanzerung durchschlagen.

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Die M830 wurde u.a. erfolgreich im Golfkrieg 90/91 eingesetzt. Die USA haben immer noch etliche Stück in ihren Lagern. Die Produktion wurde aber zugunsten der M830A1 eingestellt.

M830A1

Die M830A1 wurde 1994 bei der US Army eingeführt. Sie ist etwas leichter als die M830 und hat dadurch eine höhere Fluggeschwindigkeit. Das sorgt für mehr Durchschlagskraft. Laut der US-Armee hat sie eine 30 Prozent bessere Leistung gegen leicht gepanzerte Fahrzeuge.

Neben dem Aufschlagzünder hat sie einen Annäherungszünder, zu dem vor dem Abfeuern umgeschaltet werden kann. Damit soll der Abrams in der Lage sein, Hubschrauber zu bekämpfen. Durch den Aufschlag- und Airburstzünder kann die M1147 die Funktionen der M830 und M830A1 übernehmen.

M830A1: Test des Annäherungszünders gegen einen Hubschrauber

M830A1: Test des Annäherungszünders gegen einen Hubschrauber

M1028

Die M1028 wurde 1999 entwickelt und Ende 2004 in Dienst gestellt. Sie enthält 1.098 Wolfram-Kugeln, die einen Durchmesser von je 9,5mm haben. Wird die M1028 abgefeuert, hat sie die Wirkung einer riesigen Schrotladung. Die Kugeln sollen bis zu 600 Meter tödlich sein. Die beste Entfernung, damit die Streuung effektiv ein größeres Gebiet abdeckt, beträgt 200 bis 500 Meter.

Gedacht ist die M1028 zur „Selbstverteidigung“. Der M1 Abrams sollte damit große Gruppen anstürmender Soldaten bekämpfen und Infanterie-Hinterhalte auflösen – etwa, wenn die Soldaten sich in schlecht einsehbarem Gelände verschanzt haben. Die Funktion der M1028 erledigt die M1147 durch den Airburst-Modus, gepaart mit den dabei entstehenden Wolfram-Splittern.

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Als Nebeneffekt können mit M1028 Öffnungen für verbündete Soldaten geschaffen werden. Mit ihr soll es möglich sein, ein Mann-großes Loch in eine Ziegelmauer zu sprengen, die bis zu 75 Meter entfernt ist – ohne den Rest des Gebäudes einzureißen.

M908

Die M908 wurde 1996 entwickelt. Es war die Reaktion darauf, dass die US Army die 165mm M123 aus ihrem Inventar entfernte. Diese Munition wurde vom Pionierpanzer M728 genutzt, um Hindernisse aus sicherer Entfernung zu zerstören und so verbündeten Truppen den Weg freizuräumen.

Im Prinzip handelt es sich dabei um eine modifizierte M830A1. Der Annäherungszünder wurde entfernt und stattdessen eine Nase aus Stahl angebracht. Dadurch kann das Projektil der M908 ins Hindernis eindringen, bevor der Sprengstoff explodiert. Diese Funktion übernimmt die M1147 mit ihrem verzögerten Aufschlagszünder.

M908

M908

Kein Panzerkiller

Eine Munitionsart wird die M1147 aber nicht ersetzen: APFSDS - Armour-piercing fin-stabilized discarding sabot. Diese wird gegen Kampfpanzer und andere stark gepanzerte Fahrzeuge eingesetzt. Dabei wird ein Pfeil mit hoher Geschwindigkeit verschossen, der im Idealfall nicht nur die reguläre Panzerung durchschlägt, sondern sich auch nicht durch Reaktivpanzerung aufhalten lässt.

Reaktivpanzerung sind gerichtete Sprengpakete, die an der eigentlichen Panzerung montiert werden. Werden sie getroffen, explodieren sie nach außen hin. So sollen panzerbrechende Geschosse und Hohlladung zerstört oder zumindest abgebremst werden, bevor sie die eigentliche Panzerung des Fahrzeugs treffen.

Die USA nutzen als APFSDS aktuell die M829A4. Die Daten davon stehen Großteils unter Geheimhaltung. Im Grunde ist sie aber eine verbesserte Variante der M829A3, zu der etwas mehr bekannt ist. Bei der M829A3 beschleunigen 8,1 kg Treibmittel einen 10 kg schweren Pfeil mit 25mm Durchmesser. Die ersten 100mm davon bestehen aus Stahl, danach folgen 630mm aus abgereichertem Uran.

M829A3

M829A3

Der Pfeil fliegt bis zu 1.555 m/s (5.598 km/h) schnell, also 4,5-fache Schallgeschwindigkeit. Die Stahlspitze „opfert“ sich quasi, um die Sprengladung der Reaktivpanzerung auszulösen. Dadurch wird der Uranpfeil nur wenig in Mitleidenschaft gezogen und kann die eigentliche Panzerung durchschlagen.

Die Durchschlagskraft ist, aufgrund der Geheimhaltung, offiziell nicht bekannt. Sie soll jedoch ausreichen, um jeden Kampfpanzer der Welt, der bei der Einführung der M829A3 im Dienst war, zu knacken. Das Nachfolgemodell M829A4 wurde nicht etwa entwickelt, weil Russland oder China neue Panzer eingeführt haben, sondern verbesserte Reaktivpanzerung für bestehende Panzer.

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Die M829A4 ist optimiert, um Reaktivpanzerung der dritten Generation zu überwinden, wie etwa die russische 4S23 Relikt. Diese soll angeblich eine Schutzwirkung haben, die dem Äquivalent von 600mm Stahlpanzerung entspricht. Falls das stimmt, könnte sie etwa eine M830 vollständig neutralisieren, sodass keinerlei Beschädigung direkt am Panzer entsteht.

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Gregor Gruber

Testet am liebsten Videospiele und Hardware, vom Kopfhörer über Smartphones und Kameras bis zum 8K-TV.

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