Das Schiff ist bereits allein auf See unterwegs.

Das Schiff ist bereits allein auf See unterwegs.

© Screenshot

Militärtechnik

Chinas mysteriöser Flugzeugträger sticht erstmals in See

Innerhalb weniger Monate hat China ein 200 Meter langes Schiff mit einem durchgehenden Flugdeck aus dem Boden gestampft (die futurezone berichtete). Nun ist das Schiff zum ersten Mal in See gestochen.

➤ Mehr lesen: China stampft mysteriösen Flugzeugträger aus dem Boden

In einem Posting auf X wird das Schiff als "Mehrzweck-Testplattform" beschrieben. Der Verfasser des Postings nennt das 200 Meter lange und etwa 40 Meter breite Schiff scherzhaft "zivile Version der Type 075". Das ist eine Anspielung daran, dass es sich bei dem Schiff theoretisch (oder zumindest auf dem Papier) um eine ziviles Forschungsschiff handeln könnte.

Kleiner als die Type 075

Das Schiff ist jedenfalls deutlich kürzer als die Type 075, ein chinesisches amphibisches Angriffsschiff mit durchgehendem Flugdeck. Das erste Exemplar der Type 075 ist seit Anfang 2021 in Dienst, 4 Exemplare wurden insgesamt gebaut.

Die Type 075 ist 237 Meter lang, 36 Meter breit und verdrängt bis zu 40.000 Tonnen. Das Angriffsschiff, das auch als Hainan-Klasse bezeichnet wird, kann bis zu 28 Hubschrauber, 3 Luftkissenlandungsboote, 60 Fahrzeuge und eine 800 Mann starke Truppe aufnehmen.

Während die Type 075 nur eine langgezogene "Insel" auf dem Flugdeck aufweist, sind auf dem neuen Schiff 3 Inseln erkennbar, berichtet The War Zone.

➤ Mehr lesen: Größtes Kriegsschiff der Welt: China protzt mit Super-Flugzeugträger

Am Bug befindet sich eine kleinere Insel mit einer Brücke und scheinbar Radargeräten und anderen Sensoren auf dem Dach. Auf der mehrstöckigen mittleren Insel befindet sich eine weitere, nach hinten ausgerichtete Brücke.

Dieses Layout ist typisch für Flugzeugträger mit mehreren Inseln. Mehrere Inseln werden eingesetzt, um die Mannschaften des Flugbetriebs und die Mannschaften des Schiffbetriebs organisatorisch und auch räumlich zu trennen.

Auf dem Schiffsdeck befinden sich 3 Inseln.

Auf dem Schiffsdeck befinden sich 3 Inseln.

An der Vorderseite der mittleren Insel ist zudem eine Art Mast mit einer Antennenkuppel angebracht. Die kleinere Insel am Heck ist laut TWZ mit einer Reihe von Abgasrohren ausgestattet. 

➤ Mehr lesen: China führte historische Mission mit 2 Flugzeugträgern durch

Welldeck und Hangardeck

In dem Posting ist ein offener Raum am Heck des Schiffes zu erkennen. Dabei könnte es sich um ein Welldeck handeln, aus dem Boote und Luftkissenfahrzeuge gestartet werden können. Wird das Welldeck nicht gebraucht, kann es mit einer Luke geschlossen werden.

Eine Aussparung an der Seite des Schiffs könnte darauf hinweisen, dass sich unter dem Flugdeck noch ein Hangardeck befindet. Drohnen oder Hubschrauber könnten von dort über einen Aufzug auf das Hauptdeck gebracht werden, wo sie dann starten. Auf einem früheren Foto ist darin eine Art Rettungsboot verstaut.

Das Rettungsboot in einer Art Hangardeck.

Das Rettungsboot in einer Art Hangardeck.

Auf dem Schiff ist außerdem ein Kran zu erkennen. Dieser könnte dazu verwendet werden, kleinere Boote oder Verpflegung und Ausrüstung auf das Schiff zu heben oder vom Schiff aus ins Wasser zu lassen.

Keine militärischen Markierungen

Markierungen, die auf eine militärische Nutzung des Schiffs hinweisen, wie etwa eine Hüllennummer, gibt es nicht. Stattdessen ist auf einer Insel lediglich das Logo der China State Shipbuilding Corporation (CSSC) zu sehen. Der Name des Schiffes, Zhong Chuan Yi Hao, wurde in lateinischen Buchstaben angebracht.

Der Name des Schiffs dürfte Zhoing Chuan Yi Hao sein.

Der Name des Schiffs dürfte Zhong Chuan Yi Hao sein.

Extrem schneller Baufortschritt

Die neuen Aufnahmen des Schiffes zeigen, wie schnell China Schiffe bauen kann. Am 10. September 2024 befand sich das Schiff noch im Trockendock, Satellitenaufnahmen vom 9. Oktober zeigten, dass es bereits zu Wasser gelassen wurde. Auf Satellitenaufnahmen vom Mai 2024 war allerdings noch keine Spur von dem Schiff im Trockendock zu erkennen.

Für welchen Zweck das Schiff wirklich gebaut wurde, wird sich erst zeigen. Die Werft Guangzhou Shipyard International (GSI), in der das Schiff gebaut wurde, weist eher auf einen zivilen Einsatzzweck hin. Dort werden üblicherweise keine großen chinesischen Kriegsschiffe gebaut.

➤ Mehr lesen: MPSS: Neue Schiffsklasse für die Kriegsführung mit Drohnen

Ziviles Schiff für militärische Zwecke?

Es könnte allerdings auch sein, dass das neue Schiff nach zivilen Maßstäben gebaut wird, was deutlich schneller und günstiger wäre als eine militärische Fertigung. Das würde erklären, wieso das Schiff so schnell Baufortschritte gemacht hat. Später könnte das Schiff für militärische Zwecke umgebaut werden.

Unvorstellbar ist so ein Vorhaben nicht. So hat zum Beispiel der Iran ein ziviles Containerschiff zum Drohnenträger namens Shahid Mahdavi umgebaut.

➤ Mehr lesen: Iran baut Containerschiff zu Drohnen-Flugzeugträger um

Möglich ist auch, dass es sich bei dem Schiff um eine reine Schulungs-, Test- und Demonstrationsplattform von CSSC handelt. Die Erkenntnisse daraus könnte der Schiffsbauer in zukünftige Designs einfließen lassen.

Weiters besteht noch die Möglichkeit, dass die Zhong Chuan Yi Hao als ziviles Schiff gemeldet wird, aber militärische Aufklärungsarbeiten übernimmt. Ähnlich wie es etwa Russland mit seinen "Forschungsschiffen" macht, die wohl dazu eingesetzt werden, westliche Unterseekabel zu kartografieren und U-Booten zu folgen.

➤ Mehr lesen: Russische Marine verfolgt geheimes israelisches U-Boot

Schließlich könnte das Schiff noch als ziviles Gefährt gebaut worden sein, um Exportbeschränkungen zu umgehen. Die Zhong Chuan Yi Hao könnte so leichter an andere Länder verkaufen werden, gegen die internationale Embargos für Rüstungsgüter auferlegt worden. Wenn der Käufer dann dieses "zivile Schiff" zum Kriegsschiff umbaut, kann China nichts dafür und die Hände in Unschuld waschen.

Hat dir der Artikel gefallen? Jetzt teilen!

Marcel Strobl

marcel_stro

Ich interessiere mich vor allem für Klima- und Wissenschaftsthemen. Aber auch das ein oder andere Gadget kann mich entzücken.

mehr lesen
Marcel Strobl

Kommentare