FC-31, bei einer Flugshow im Jahr 2014

FC-31, bei einer Flugshow im Jahr 2014

© Danny Yu/Wikimedia Commons

Militärtechnik

Warum China jetzt doch den Stealth-Fighter J-31 baut

Im Internet ist ein Foto von Chinas neuem Kampfjet aufgetaucht. Dieses liefert die bisher besten Hinweise darauf, in welche Richtung die Entwicklung des Stealth-Fighters geht.

Bisher wurde die J-35 für den Einsatz auf Flugzeugträgern entwickelt. Neue Prototypen zeigen aber Optimierungen für den landbasierten Einsatz. Damit könnte China der amerikanischen F-35 noch mehr nacheifern, von der es mit der F-35A ebenfalls eine Version für Land und mit der F-35C eine für Flugzeugträger gibt.

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KC-31, J-31, J-35: Wie heißt der Kampfjet?

Der Kampfjet wird von Shenyang entwickelt, einer Tochterfirma des chinesischen Staatskonzerns AVIC. Bisher gibt es weder offizielle Daten noch einen offiziellen Namen für den Stealth-Fighter.

Zu Beginn wurde die Maschine F60 genannt, weil diese Beschriftung auf einem Modell zu sehen war. 2014 war ein Modell bei einer Flugshow mit dem Namen FC-31 Gyrfalcon beschriftet.

Sollte der Flieger von der chinesischen Armee in Dienst gestellt werden, wird er eine J-Bezeichnung erhalten. Daher wurde er fortan in chinesischen und westlichen Medien oft J-31 genannt. Als klar wurde, dass das Flugzeug für den Einsatz auf Flugzeugträgern entwickelt wird, bekam es den Namen J-35 von Militärexpert*innen verpasst, der auch häufig in den Medien genutzt wird.

Zur einfacheren Unterscheidung der Modelle wird in diesem Artikel die landbasierte Version J-31 genannt und die Flugzeugträger-Variante J-35.

Für Flugzeugträger: Die FC-31 wurde zur J-35

Die FC-31 wurde ursprünglich als ein mittelgroßer Stealth-Fighter der 5. Generation für den Landeinsatz entwickelt. Nachdem sie 2011 erstmals aufgetaucht ist, gab es mehrere Designänderungen. Ende Oktober 2021 hob ein Prototyp zum Erstflug ab, der für den Flugzeugträger-Einsatz gedacht ist: die J-35.

Das macht aus der Sicht von China durchaus Sinn. Das Prunkstück der chinesischen Luftstreifkräfte ist die J-20. Der Stealth-Fighter ist aber zu groß für den praktischen Einsatz auf Flugzeugträgern.

Damit sie aus dem neuen Super-Flugzeugträger Fujian eingesetzt werden könnte, müsste sie umgebaut werden. Da bietet es sich an, stattdessen die J-31 zur J-35 zu machen.

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Ansonsten hätte die Fujian nur die J-15 Flying Shark zur Verfügung. Diese wurde 2013 in Dienst gestellt. Für ein Kampfflugzeug ist sie damit relativ jung. Allerdings ist sie kein Stealth-Fighter und gehört zur 4. Generation der Kampfjets, deren Designs auf die 80er-Jahre zurückzuführen sind.

Variante für Land: Die J-31 lebt wieder

Seitdem gingen die meisten Rüstungsexpert*innen davon aus, dass sich das Thema J-31 erledigt hatte. Die landgestützte Version schien zu Gunsten der J-35-Entwicklung aufgegeben worden zu sein.

Im Herbst 2023 flog aber ein neuer Prototyp des Stealth-Fighters. Die wenige Fotos davon waren sehr klein – allerdings groß genug, dass man vermeintliche Unterschiede zu den bisherigen J-35-Prototypen erkennen konnte. Daher wurde gemutmaßt, dass doch an der J-31 weitergearbeitet wird.

Im Jänner 2024 verkündete Pakistan, die J-31 kaufen zu wollen. Eine Namensverwechslung mit der J-35 liegt hier wohl nicht vor, da Pakistan derzeit weder einen Flugzeugträger besitzt noch einen plant.

Vor Kurzem ist ein neues Foto der J-31 aufgetaucht. Es ist gut möglich, dass es sich dabei um eines handelt, das ebenfalls im Herbst 2023 aufgenommen aber erst jetzt veröffentlicht wurde. Dieses ist höher auflösend und scheint zu bestätigen, dass es tatsächlich eine J-31 ist.

Indiz 1: Die Größe der Flügel

Das Hauptindiz sind die Flügel. Diese sind bei der J-35 größer als bei der J-31. Am besten sichtbar ist das, wenn man die Spalte zwischen Höhenleitwerk und Flügel vergleicht. Bei der J-35 ist hier nur wenig Abstand, bei der J-31 ist merkbar mehr.

Das scheint nicht intuitiv zu sein, denn: Am Flugzeugträger ist Platz knapp, warum dort also größere Flügel? Größere Flügel ermöglichen, das Flugzeug bei niedrigeren Geschwindigkeiten stabil zu halten. Das ist speziell bei Landungen auf Flugzeugträgern wichtig.

Dies kann man auch beim amerikanischen Stealth-Fighter F-35 sehen. Die Landversion F-35A hat kleinere Flügel als die Flugzeugträger-Version F-35C.

Indiz 2: Das Fahrwerk

Auf dem Foto ist auch zu sehen, dass die J-31 ein anderes Fahrwerk hat. Vorne hat sie nur ein Rad, während die bisherigen J-35-Prototypen 2 haben.

Die doppelte Bereifung ist aufgrund der höheren Belastung auf Flugzeugträgern nötig. Die Flugzeuge starten dort per Katapult, also mit der möglichst höchsten Beschleunigung aus dem Stand heraus. Bei der Landung kommt ein Fangseil zum Einsatz, um die Jets schnellstmöglich abzubremsen. Bei beiden Aktionen werden die Reifen stark beansprucht.

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Außerdem ist bei der J-31 das Gestänge für den Katapultstart nicht zu sehen. Das gilt aber noch nicht als eindeutiges Indiz, da dieses aufgrund des kleinen Fotos womöglich nur nicht richtig zu sehen ist. Dennoch ist es ebenfalls ein Hinweis, dass hier tatsächlich eine J-31 für den Landeinsatz geflogen ist.

J-31 als möglicher Exportschlager

Die Rückkehr zur Landversion dürfte kommerzielle Gründe haben. Neben Pakistan könnte es weitere potenzielle Kunden für die J-31 geben. Denn die Auswahl an Stealth-Fightern der 5. Generation ist derzeit stark eingeschränkt.

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Man kann sie reduzieren auf die chinesische J-20, russische Su-57 und amerikanische F-35. Die J-20 war den meisten interessierten Ländern bisher zu groß und zu teuer.

Russland hat selbst aktuell angeblich weniger als 30 Stück Su-57 im Einsatz – die Produktion für den Export scheint also noch in weiter Ferne. Zudem gibt es nicht viele Länder, die sich aufgrund der aktuellen Lage von Russland abhängig machen möchten. Selbst wenn Su-57s geliefert werden könnten, kommt es bei den Ersatzteilen dann möglicherweise zu Engpässen.

Die USA sind mit der F-35 restriktiv. Viele Länder sind vom Kauf ausgeschlossen oder müssten sehr strikte Bedingungen erfüllen. So wurde etwa vor ein paar Jahren die Türkei aus einem laufenden F-35-Programm ausgeschlossen, weil sie das russische Flugabwehrsystem S-400 angeschafft hatte.

Alternativen aus Südkorea und der Türkei

Eine mögliche Alternative wäre die südkoreanische KF-21, die sich derzeit in Entwicklung befindet. Sie gilt aber eher als 4.5 Generation, weil sie geringere Stealth-Eigenschaften hat. So fehlen ihr etwa interne Waffenschächte. Zudem ist Südkorea mit den USA verbündet, was potenzielle Kunden abschrecken könnte.

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Die Türkei arbeitet mit TF Kaan an einem 5. Generation Stealth-Fighter. Ein Prototyp hatte am 21. Februar 2024 den Erstflug. Die Türkei hat bereits angekündigt, die TF Kaan auch exportieren zu wollen. Mit einer Einführung in die eigenen Streitkräfte wird aber frühestens in den 2030er-Jahren gerechnet.

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Ein Dorn im Auge der USA

Anhand der zunehmenden internationalen Spannungen, wollen aber einige Länder nicht so lange warten, um ihre alternden 4. Generation Kampfjets zu ersetzen. Kommt die J-31 vor der TF Kaan, könnte China also der einzige Anbieter eines mittelgroßen 5. Generation Stealth-Fighters sein - für alle Länder, die von der USA keine F-35 bekommen.

Und das wiederum macht diese Länder zum Teil auch von China abhängig. Die USA betrachten China derzeit nicht nur als wirtschaftliche Bedrohung, sondern als möglichen Kriegsgegner, sollte China seine Drohungen wahrmachen und Taiwan angreifen. Umso mehr Verbündete oder zumindest befreundete Länder China bis zu diesem potenziellen Konflikt gemacht hat, umso schwieriger wird es für die USA einzugreifen, ohne eine Eskalation zu riskieren.

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J-31 für die eigene Luftwaffe

Für den Einsatz bei den chinesischen Streitkräften ist die J-31 aber auch denkbar. Durch die Exportaufträge könnte man quasi die Entwicklung der J-31 finanzieren, die man dann selbst auch nutzen kann. Gleichzeitig würde das weitere potenzielle Kunden anlocken. Diese haben vermutlich mehr Vertrauen in einen Flieger, den das Erzeugerland für gut genug hält, um ihn selbst nutzen.

Da die J-31 von Beginn an als günstigere Alternative zur J-20 konzipiert wurde, könnte das noch weiter die Kosten senken. Geringere Kosten bedeuten meistens eine schnellere Produktion und höhere Stückzahlen. Das passt zur aktuellen Ausrichtung der chinesischen Rüstungsindustrie, die momentan einen extrem hohen Output hat.

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Neben der J-20 wird in China derzeit vor allem die J-16 produziert. Dieser Kampfjet der 4.Generation wurde zwar erst 2015 eingeführt, basiert aber auf der J-11, die wiederum eine Lizenzproduktion der russischen Su-27 ist. Die Su-27 wurde in Russland 1985 in Dienst gestellt.

Strategisch würde die J-31 damit Sinn machen, denn derzeit ist die J-20 der einzige aktive Stealth-Fighter im Arsenal von China. Die günstigere und kleinere J-31 könnte etwa den Begleitschutz für J-20s übernehmen, sowie Patrouillenflüge und die Luftraumsicherung.

Außerdem werden bald die alternden J-10 und J-11 ersetzt werden müssen. Die J-10 wurde 2005 eingeführt, die J-11 1998.

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Gregor Gruber

Testet am liebsten Videospiele und Hardware, vom Kopfhörer über Smartphones und Kameras bis zum 8K-TV.

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