
Boeing-Konzept der F/A-XX mit Wingman-Drohne
Superflieger F-47 schießt das F/A-XX-Projekt der Navy ab
Die F-47 dürfte eines der Lieblings-Projekte des US-Präsidenten Donald Trump sein. Schließlich ist sie ja auch nach ihm benannt – weil er der 47. Präsident der USA ist.

Bisher wurde die F-47 nur als verhülltes Renderbild gezeigt
© US Air Force
Diese Liebe dürfte so weit gehen, dass deshalb jetzt andere Rüstungsprojekte zurückstecken müssen, berichtet twz. Aktuell ist vorgesehen, dass die F-47, die von Trump als bester und tödlichster Kampfjet der Welt vorgestellt wurde, 500 Millionen US-Dollar extra bekommt, die eigentlich für die F/A-XX gedacht sind.
NGAD ist nicht gleich NGAD
Die Air Force und die Navy haben beide ein eigenes NGAD-Programm, um einen Kampfjet der 6. Generation zu entwickeln. Für die Air-Force-Ausschreibung hat Boeing den Zuschlag bekommen, die jetzt die F-47 zur Serienreife bringen und dann in großen Stückzahlen produzieren soll.
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Beim NGAD-Projekt der Navy, besser bekannt als F/A-XX, läuft die Ausschreibung noch. Lockheed Martin hat sich angeblich aus dem Projekt zurückgezogen. Sollte das stimmen, sind noch Boeing und Northrop Grumman im Rennen um die F/A-XX. Beide haben schon Flugzeuge für die Navy gebaut, die von Flugzeugträgern starten: Boeing die F/A-18 Hornet (nach der Übernahme von McDonnell Douglas) und Northrop die legendäre F-14 Tomcat, die damals noch von Grumman Aerospace hergestellt wurde.
Die zukünftige F/A-XX soll zuerst die alternden F/A-18E/F Super Hornets ersetzen, die ab 1999 in Dienst gestellt wurden. Die Navy hätte dann, mit der F/A-XX und der F-335C, 2 Stealth-Fighter im Einsatz, die von Flugzeugträgern aus operieren können.
Geld soll zur F-47 fließen
Dieser Plan kommt jetzt ins Wanken – nachdem die F/A-XX ohnehin schon taumelt. Denn erst kürzlich sagte die Navy, dass man das gesamte Programm nochmal evaluieren würde. Insidern zufolge könnte dies eine Verzögerung von weiteren 3 Jahren bedeuten, was die Navy aber dementierte. Wenn jetzt auch noch das Budget drastisch gekürzt wird, könnte das weitere Verzögerungen oder sogar das Ende des Projekts bedeuten.
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Das US-Verteidigungsministerium hat beim US-Kongress beantragt, dass 500 Millionen US-Dollar von der F/A-XX zur F-47 verschoben werden. Diese Summe wurde vorher dem F/A-XX-Programm für „Accelerated Development“ zugeschrieben – also zur beschleunigten Entwicklung, damit zumindest mal die Erprobungsphase der Stealth-Fighter-Konzepte abgeschlossen werden und ein Sieger für die Ausschreibung gekürt werden kann.

F/A-XX-Konzeptgrafik von Boeing
© Boeing
Ausschuss will Schwächung von F/A-XX verhindern
Das Pentagon begründet diesen Schritt so: „Wenn wir 2 Kampfjets der 6. Generation gleichzeitig entwickeln wollen, laufen wir Gefahr, dass beide unter den Erwartungen zurückbleiben. Aufgrund der Verzögerungen und der steigenden Kosten, empfiehlt das Verteidigungsministerium den Fokus auf die F-47 zu legen. Dies gibt dem F/A-XX-Programm Zeit für technische Reife und Entwicklung. Die F/A-XX hinter die Einführung der F-47 zu schieben, räumt zudem Bedenken über Produktionskapazitäten aus. Die F-47 hat die volle Unterstützung des US-Präsidenten.“
Was bedeutet Kampfjet der 6. Generation?
Kampfjets werden in Generationen eingeteilt. Die aktuellste, die im Einsatz ist, ist die 5. Generation, die sich durch vor allem durch Tarnkappeneigenschaften auszeichnet. Dazu gehören etwa die F-22, F-35, Su-57, J-20 und J-35.
Zu den derzeit noch lose definierten Fähigkeiten eines Kampfjets der 6. Generation gehören:
- Tarnkappeneigenschaften und interner Waffenschacht
- Für Luftkämpfe und Bodenangriffe geeignet
- Geeignet für elektronische Kriegsführung
- Erweiterte Datenübertragungsfähigkeiten für das vernetzte Schlachtfeld und Datenübertragung direkt zu Satelliten
- Kann optional ferngesteuert und mindestens teilautonom mittels KI agieren
- Helm-Display ist mit Außenkameras verbunden, damit der Pilot „durch das Flugzeug“ durchschauen kann und so eine 360-Grad-Rundumsicht hat
- Adaptives Triebwerk
- Erweiterte Gegenmaßnahmen, wie Jammer, Infrarot-Blender und optional Energiewaffen – etwa um anfliegende Raketen per Laser zu zerstören
Das House Armed Services Committee, ein ständiger Ausschuss des Repräsentantenhauses der USA, will die Verschiebung der 500 Millionen US-Dollar verhindern. Laut ihm habe das Pentagon keine angemessenen Gründe dafür vorlegen können.
Tatsächlich sind die Aussagen des Pentagon nicht sehr aussagekräftig. Die F/A-XX kann die „technische Reife und Entwicklung“ nicht erreichen, wenn kein Geld da ist, um dafür zu bezahlen. Und Bedenken bei Produktionskapazitäten könnte es eigentlich nur geben, wenn Boeing den Auftrag bekommt – weil das Unternehmen eben auch die F-47 bauen wird. In diesem Fall müsste man hinterfragen, wie fair die laufende Ausschreibung ist, wenn das Pentagon anscheinend schon Boeing als Sieger sieht.

F-47 Renderbild
© US Air Force
Wettrüsten mit China
Für die US Navy wäre eine weitere Verzögerung der F/A-XX problematisch. Die gesamte US-Militärstrategie richtet sich nämlich derzeit auf einen bewaffneten Konflikt mit China im Indo-Pazifik aus. Und die US Navy würde bei so einem Konflikt mit ihren Schiffen, Flugzeugträgern und Flugzeugen an vorderster Front stehen, während die Air Force vorrangig mit Langstreckenbombern beteiligt wäre, wie etwa mit der B-2 und der kommenden B-21.
Ob die F-47 in Japan und Südkorea stationiert wird und dort im Fall eines Kriegs offensiv gegen China eingesetzt wird, anstatt nur den Luftraum zu schützen, ist noch völlig offen. Rüstungsexperten sehen das als wenig plausibel, zumindest innerhalb der nächsten 10 bis 15 Jahre. Das wäre aber der Zeitraum, den sich China selbst für die Modernisierung seiner Streitkräfte gesetzt hat, um Taiwan erfolgreich zu erobern und gegen „ausländische Mächte“ zu verteidigen.
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China scheint einen Vorsprung zu haben
Admiral James Kilby, Chief of Naval Operations, sagte kürzlich: „Wir brauchen die Fähigkeiten eines Generation-6-Kampfjets, um die chinesischen Streitkräfte zu kontern. Bei den Fähigkeiten geht es um die Stealth-Eigenschaften, die Reichweite und die Triebwerke. Das sind alles Dinge, die die Überlebensfähigkeit des Kampfjets erhöhen.“ Dass nur die Air Force von solchen Fähigkeiten profitieren soll, findet Kilby nicht gut: „Die Air Force und die Navy haben zwar andere Missionen, aber wir treten gegen dieselbe Bedrohung an.“
China scheint bei seinen Rüstungsvorhaben den Jets der USA derzeit voraus zu sein. Immer wieder gibt es Forschungsprojekte, die die Stealth-Eigenschaften der US-Flugzeuge aushebeln. Luft-Luft-Raketen, wie die PL-15, haben eine höhere Reichweite als aktuelle US-Raketen.
Während die F-47 bisher nur als teilweise verhüllte Grafik zu sehen war, zeigt China seine geheimen Kampfjets der 6. Generation, die voraussichtlich J-36 und J-50 heißen werden, bei Testflügen.
Zudem dürfte die J-35 kurz vor ihrer Indienststellung sein. Das ist ein kleinerer und günstigerer Stealth-Fighter der 5. Generation, der den Tarnkappen-Jet J-20 ergänzen soll.
Ablöse für die alternde Super Hornet
Die F/A-XX, deren Einführung aktuell für die 2030er-Jahre geplant ist, soll all dem Paroli bieten. Laut der Navy soll sie eine verbesserte Reichweite, höhere Geschwindigkeit und bessere Sensoren gegenüber der F/A-18E/F und F-35C haben. Außerdem soll sie im Verbund mit Drohnen und unbemannten Kampfjets agieren, um die Kampfkraft und Fähigkeiten der elektronischen Kriegsführung zu steigern.
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Wenn sich abzeichnet, dass die F/A-XX zugunsten der F-47 noch weiter verschoben wird, muss sich die Navy was einfallen lassen. Denn viele der F/A-18E/F werden bis Mitte der 30er-Jahre das Ende ihrer Lebenszeit erreicht haben und müssen aus dem Dienst ausscheiden. Eine Möglichkeit wäre, neue F/A-18E/Fs zu kaufen. Erst im März 2024 gab es einen Auftrag über 17 neue Flieger an Boeing, obwohl der Hersteller die Produktionslinien für die Super Hornet eigentlich 2025 schließen wollte.
Ferrari-F-35
Eine Alternative wäre, die F-35C aufzurüsten. Damit scheint Lockheed Martin zu spekulieren. Das Unternehmen stellt die F-35 her und ist beim NGAD-Projekt der Air Force Boeing unterlegen.
Statt gegen die Entscheidung zu klagen, wie es bei solchen großen Rüstungsaufträgen üblich ist, hat Lockheed eine „Ferrari-F35“ angekündigt. Diese soll ein Kampfjet Generation 5+ sein, der von Technologien, die Lockheed eigentlich für NGAD entwickelt hat, profitieren soll. Für die Hälfte des Preises einer F-47, soll die Ferrari-F-35 80 Prozent derer Fähigkeiten haben.
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