Symbolbild: Die chinesische Hyperschallrakete DF-17.

Symbolbild: Die chinesische Hyperschallrakete DF-17.

© EPA / ROMAN PILIPEY

Militärtechnik

Hyperschallrakete aus Stahl: China will „Unmögliches“ geschafft haben

Zu den vielen, technischen Herausforderungen bei Hyperschallwaffen, kommen noch wirtschaftliche Faktoren. Wie teuer sind sie, wie schnell und wie viele davon kann man bauen?

Hier spielen wiederum die benötigten Rohstoffe eine Rolle. Üblicherweise bestehen die Nasen der Hyperschallraketen, in denen sich der Gefechtskopf befindet, aus Wolfram. Das ist aber schwer, selten und damit teuer. Chinesische Forschende wollen jetzt eine Alternative haben: Stahl.

Wolfram schmilzt später, ist aber schwerer

Man muss kein Metallurg sein, um hier mit der Nase zu rümpfen. Je nach Sorte beginnt Stahl bei 1.100 bis 1.500 Grad Celsius zu schmelzen. Durch die hohen Temperaturen kann sich die Nase einer Hyperschallwaffe aber auf bis zu 3.000 Grad erhitzen. Die Nase würde also schmelzen und das heiße Stahl vermutlich den Sprengkopf, den die Nase eigentlich schützen soll, beschädigen oder gar zerstören.

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Daher wird bisher oft Wolfram eingesetzt, ua. bei experimentellen Hyperschallraketen der USA. Wolfram hat einen Schmelzpunkt von 3.422 Grad Celsius. Zwar beherrscht China mit 85 Prozent des weltweiten Abbaus den globalen Wolfram-Markt, dennoch soll das Metall, aufgrund seiner Seltenheit, sparsam genützt werden.

Außerdem ist es 2,4-mal dichter als Stahl und dadurch sehr schwer. Mehr Gewicht heißt weniger Reichweite für die Rakete, bzw. weniger Zerstörungskraft, weil weniger Sprengstoff und dafür mehr Treibstoff an Bord wird.

Rakete wäre nach 18 Sekunden Flugzeit defekt

Chinesische Forschende am Beijing Institute of Technology haben jetzt ein Design für eine Hyperschallwaffe vorgestellt, die ohne Wolfram auskommt, berichtet SCMP. Bei der Waffe handelt es sich um einen Hyperschallgleiter, der gegen Schiffe eingesetzt werden soll.

Die Rakete soll Mach 8 erreichen, also die 8-fache Schallgeschwindigkeit. Das sind in etwa 9.878 km/h. Nach dem Start soll die Rakete in mehr als 100 Kilometer aufsteigen. Danach sinkt sie in eine Höhe zwischen 20 bis 30 Kilometer, um dort Richtung Ziel zu gleiten.

Schon nach 18 Sekunden bei Mach 8 wäre mit einer Stahlnase Schluss. Es würde zwar noch nicht das Material schmelzen, allerdings könnte der Gefechtskopf darunter 300 Grad Celsius erreichen. Laut den Forschenden ist das genug, um den Sprengstoff darin zu zünden.

Auch Wolfram soll laut den Forschenden ein ähnliches Problem haben. Das Material speichert die hohe Hitze und leitet sie nach innen, zum Gefechtskopf, weiter. Die Forscher vermuten, dass deshalb mehrere US-Hyperschallraketentests fehlgeschlagen sind.

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Keramik und Aerogel

Für ihrer Rakete schlagen die Forscher folgende Lösung vor: Der Stahl wird mit einer zusätzlichen Schicht bedeckt, die Schutz vor Hitze bietet. Eine 4mm dünne Schicht auf Keramikbasis könnte die Widerstandstemperatur der Stahlnase auf über 3.000 Grad Celsius erhöhen. Eine weitere 5mm dünne Schicht Aerogel, die mit der Stahlhülle verbunden ist, soll die Temperatur des Sprengstoffs bei etwa 40 Grad Celsius halten.

Keramik wird auch in der Raumfahrt genutzt, aufgrund der guten Wärmeisolation. Allerdings ist sie brüchig, was dem Einsatz bei Kriegsgerät erschwert. Aber auch daran arbeiten chinesische Forscher. Schon Anfang des Jahres wurde ein neues Keramikmaterial vorgestellt, das stabiler sein soll.

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Außerdem wurde eine neue Methode gefunden, um Aerogel schneller und günstiger zu produzieren. Ein Liter soll so nur noch 70 US-Cent kosten, statt wie bisher mehrere Hundert US-Dollar für Hochleistungs-Aerogel.

Aerogel spielt auch bei einem Kühlsystem für Hyperschallraketen, das in China entwickelt wird, eine Rolle. Dies soll aber nur gemeinsam mit anderen Hitzeisolationen genutzt werden können.

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Hohe Kosten als limitierender Faktor

Fast wie Puzzlesteine scheinen die unterschiedlichen Forschungsprojekte jetzt für eine Hyperschallwaffe zusammenzukommen. Wenn diese wirklich verlässlich und günstig ist, wäre China den USA weit voraus.

Günstig ist dabei Ansichtssache: Die Forschenden haben keine Angabe gemacht, wie teuer ihr Antischiffs-Hyperschallgleiter ist. Im Vorjahr gingen die USA davon aus, dass ihre Hyperschallgleitwaffe LRHW 41 Millionen US-Dollar pro Stück kosten wird. Diese soll eine Reichweite von mehr als 3.000 Kilometer haben. Zum Vergleich: Die Unterschall-Cruise-Missile Tomahawk hat in der Block-V-Variante zwar nur über 1.700 Kilometer Reichweite, ist mit einem Stückpreis von 2 bis 2,5 Millionen US-Dollar aber deutlich günstiger.

Sollte China schaffen, dass der Hyperschall-Marschflugkörper „nur“ das 2- bis 4-fache einer vergleichbaren Unterschallrakete kostet, wäre das ein großer Erfolg – und eine große Bedrohung. China hat den USA schon mehrfach gedroht, Schiffe und Stützpunkte im Pazifik anzugreifen, sollten die US-Streitkräfte Taiwan bei einer chinesischen Invasion beistehen. Günstigere Raketen heißt mehr Raketen und mehr Raketen heißt eine höhere Chance die Luftabwehr der Schiffe und Flugzeugträger zu überwinden und diese zu zerstören.

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Gregor Gruber

Testet am liebsten Videospiele und Hardware, vom Kopfhörer über Smartphones und Kameras bis zum 8K-TV.

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Gregor Gruber

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