Videospiele in der Hollywood-Falle
In Los Angeles ist nicht nur die Filmbranche zuhause. Über die vergangenen Jahrzehnte hat auch die Videospielbranche die Großstadt für sich entdeckt. Das jährliche Highlight: Die Branchenkonferenz Electronic Entertainment Expo (E3), die von Montag bis Mittwoch bereits zum 25. Mal stattfand. Die Fachmesse gilt seit Jahren als Taktgeber für die rund 140 Milliarden Dollar schwere Videospielbranche.
Auch dieses Jahr gab es einen Ausblick darauf, worauf man sich in den nächsten 18 Monaten freuen darf. Doch zugleich zeigte sich auch, dass der Branche eine schleichende Revolution bevorsteht – und dadurch Events wie der E3 und der Kölner Gamescom das Aus drohen könnte.
Neuauflage statt Neues
Wie die Filmbranche, die seit vielen Jahren mehr oder weniger erfolgreich Klassiker neu verfilmt, haben auch Spielekonzerne Nostalgie als Erfolgsfaktor erkannt. Statt Neuankündigungen sorgten dieses Jahr Neuauflagen für Schlagzeilen. Spiele wie Link’s Awakening (ab 20. September), eine für die Nintendo Switch entwickelte Version des gleichnamigen Zelda-Titels von 1993, oder Final Fantasy VII (März 2020) sorgten für deutlich mehr Aufsehen als so manche Neuentwicklung.
Dabei würde es keineswegs an frischen Ideen mangeln: George R.R. Martin, Schöpfer von Game of Thrones, arbeitet mit dem japanischen Studio From Software am Fantasy-Titel Elden Ring und Ubisoft zeigte mit Gods & Monsters (Februar 2020) ein Action-Rollenspiel, das optisch einem Gemälde entsprungen sein könnte.
Mit Hollywood-Stars
Da sich auch die Spielebranche der Faszination von Hollywood nicht entziehen kann,überraschte es kaum, dass Keanu Reeves am Sonntagabend plötzlich bei Microsoft auf der Bühne stand.
Der aus Matrix und John Wick bekannte Darsteller (der seit kurzem auch in Fortnite vertreten ist) spielt einen Charakter im Science-Fiction-Rollenspiel Cyberpunk 2077, das am 16. April 2020 erscheinen wird. Reeves Auftritt war in einer Flut an Pressekonferenzen, in denen meist nur vom Teleprompter abgelesen wurde, erfrischend authentisch.
Auch Ubisoft holte sich mit dem aus der Zombie-Serie The Walking Dead bekannten Jon Bernthal prominente Unterstützung. Während dieser den Taktik-Shooter Ghost Recon Breakpoint (4. Oktober) präsentierte, lag sein Pitbull „Bam Bam“ seelenruhig neben ihm.
Ikumi Nakamura stahl jedoch allen die Show. Sie musste als verantwortliche Creative Director das Horrorspiel Ghostwire Tokyo vorstellen, machte dabei aber aus ihrer Nervosität keinen Hehl, lachte verlegen und tanzte auf der Bühne. Fans fanden das derart liebenswürdig, dass sie ihr Videos und Zeichnungen widmeten.
Ohne Sony
Erstmals in der 25-jährigen Geschichte der E3 verzichtete Sony auf eine Teilnahme an der E3. Der Event sei im Internet-Zeitalter nicht mehr zeitgemäß, für Fachbesucher wolle man einen eigenen Event veranstalten. Auch wenn Microsoft und Nintendo vorerst an der E3 festhalten wollen, gehen diese in eine ähnliche Richtung. Nintendo ist zwar auf der Messe vertreten, hält seine Pressekonferenzen aber schon seit Jahren nur mehr online ab.
Microsoft verriet auf der E3 zwar erste Details zu seiner für Weihnachten 2020 geplanten neuen Xbox. Das Gerät selbst wird man wohl mitsamt wesentlicher Informationen auf einem eigenen Event präsentieren. Es könnte das letzte Mal sein: Langfristig bereiten sich alle Konzerne auf eine Zukunft ohne Spielkonsolen vor. Durch das sogenannte Cloud-Gaming sollen Spiele künftig über Datenzentren per Streaming auf das Gerät, sei es nun Smartphone oder Flat-TV, übertragen werden.