US-Embargo aufgehoben: Warum Huawei nie wieder so wird wie zuvor
Am Samstag überraschte US-Präsident Donald Trump mit einer Ankündigung: „US-Firmen dürfen ihre Produkte wieder an Huawei verkaufen.“ Er habe keinerlei Bedenken, solange dabei nicht die nationale Sicherheit in Gefahr gebracht werde. Am Dienstag soll das Handelsministerium darüber beraten, dann könnte Huawei offiziell von der sogenannten „Entities List“ gestrichen werden.
Auf dieser steht der chinesischen Konzern seit Mitte Mai. US-Unternehmen dürfen mit Firmen, die auf dieser Liste stehen, keine Geschäfte machen. Dadurch verlor Huawei mit einem Schlag viele überlebenswichtige Handelspartner, unter anderem Google, das das Betriebssystem Android bereitstellt, sowie die Chip-Hersteller Qualcomm und Broadcom. Verunsicherte Kunden, schwere Umsatzeinbrüche und eine Produktion auf wackeligen Beinen waren unter anderem die Folgen.
Obwohl all das nun scheinbar ein Ende findet, kann von „alles beim alten“ bei weitem keine Rede sein. Das Vorgehen der US-Regierung hat mehrere Prozesse beim chinesischen Konzern in Gang gesetzt, die nur schwer wieder zu stoppen sind. Insbesondere das Vertrauen zwischen China und den USA hat trotz der wiederaufgenommenen Gespräche über ein neues Handelsabkommen erheblichen Schaden genommen.
Betriebssystem: Vorerst Android
Doch was heißt das für Konsumenten? Kurzfristig dürfte Huawei wohl bestehenden Kunden Entwarnung geben, die sich um Android-Updates Sorgen gemacht haben. Sowohl Google als auch Huawei haben sich noch nicht öffentlich zu Trumps Versprechen geäußert, das dürfte sich aber in den nächsten Tagen ändern. Bereits zuvor sickerte durch, dass die meisten Geräte der vergangenen Jahre, unter anderem das P20, P20 Pro, Mate 20 und die aktuelle P30-Reihe, ein Update auf Android Q erhalten werden. Und auch die anderen für dieses Jahr geplanten Modelle hätten - ob mit oder ohne Einigung - noch Android erhalten sollen.
Unklar ist, wie Huawei mit seinem intern entwickelten Betriebssystem Ark OS verfahren wird. Bereits in den vergangenen Wochen umwarb man intensiv Entwickler, die ihre Apps in Huaweis App Gallery anbieten sollen. Mit einer hauseigenen Alternative zu Googles Play Store könnte sich Huawei unabhängiger von der US-Konkurrenz machen. Obwohl Huawei stets öffentlich betonte, dass man mit der Google-Partnerschaft zufrieden sei, dürfte die Situation ein Weckruf für Huawei und andere chinesische Unternehmen gewesen sein. Eine mögliche Allianz unter chinesischen Herstellern wäre fatal für Google: Allein die größten vier chinesischen Smartphone-Hersteller hatten im ersten Quartal 2019 kumuliert 40 Prozent Marktanteil (Counterpoint Research). Bereits die nächsten Präsentationen - im September präsentiert Huawei traditionell seine neuen Kirin-Chipsätze auf der IFA in Berlin - dürften den Weg weisen, ob Huawei langfristig auf Google setzen oder sein eigenes Software-Ökosystem aufbauen wird.
Hardware: So wenig USA wie möglich
Auch bei den Zuliefer-Unternehmen dürfte sich einiges ändern. Bereits kurz nachdem die Trump-Maßnahme bekannt wurde, befragte Huawei alle Zuliefer-Betriebe, ob diese US-Bezug hätten - sei es nur eine Außenstelle mit einem Mitarbeiter dort. Wie der Fall des britischen Chip-Designers ARM zeigt, kann auch das offenbar Probleme mit dem US-Handelsministerium verursachen. Und auch US-Konzerne haben mittlerweile damit begonnen, ihre Produktion aus China in andere Staaten zu verlagern, um möglichen Gegenmaßnahmen der chinesischen Regierung im Handelskrieg auszuweichen.
Ungelöst bleiben auch andere Konflikte: Die US-Regierung übt weltweit politischen Druck auf Regierungen von verbündeten Staaten aus, um zu verhindern, dass chinesische Konzerne am Aufbau der 5G-Netze beteiligt werden. Grund dafür seien Sicherheitsbedenken. Auch in Österreich versuchte Berichten zufolge der US-Botschafter Einfluss auszuüben. Zudem befindet sich Meng Wanzhou, CFO von Huawei und Tochter des Huawei-Gründers Ren Zhengfei, weiterhin in Haft in Kanada. Die USA hatten einen Haftbefehl gegen sie verhängt, weil ein Huawei-Tochterunternehmen trotz Sanktionen gegen den Iran den Staat mit Hardware versorgt haben soll.
Gründer gibt sich transparenter
Der als öffentlichkeitsscheue Ren Zhengfei wagte sich nach der Inhaftierung seiner Tochter des öfteren an die Medien. Zuletzt legte er auch offen, dass Huawei durch den Handelskrieg wohl allein in den kommenden zwei Jahren Umsätze von 30 Milliarden US-Dollar oder mehr entgehen dürften. Das Ziel, dieses Jahr zum größten Smartphone-Hersteller der Welt aufzusteigen, wird man wohl ebenso verpassen. Zugleich gab er sich aber auch versöhnlich: Man solle Produkte wie Smartphones nicht politisieren und diese nach ihrem Nutzen beurteilen. Zudem bot er Apple an, das Unternehmen mit 5G-Modems für ihre Smartphones zu beliefern.
Mit dem Gründer öffnete sich auch das Unternehmen zuletzt deutlich stärker und versucht damit das Argument der USA, man sei nicht transparent genug, zu entkräften. Ob das Wirkung zeigen wird, werden die nächsten Monate zeigen.