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Was kommt zuerst: Kernfusion oder Mars-Kolonie?

Was hat die „künstliche Sonne“ mit dem Fiebertraum eines umstrittenen Milliardärs zu tun? Es ist der Showdown der „Heiligen Grale“.

Am Sektor der Energieerzeugung wird Kernfusion als die beste Chance gesehen, sauberen Strom in großen Mengen zu gewinnen, um Kohle-, Gas- und reguläre Atomkraftwerke in Rente zu schicken. In der Raumfahrt ist die Besiedelung des Mars das große Ziel, um zu beweisen, dass wir bereit für die nächste Evolutionsstufe sind: die multiplanetare Menschheit.

Für beide dieser wissenschaftlichen Megaprojekte gibt es laufend Erfolgsmeldungen, weshalb man meinen könnte: „Na lange kann es jetzt aber nicht mehr dauern“, bis der Fusionsreaktor läuft und die ersten mutigen Menschen sich ihren Mars-Bungalow gemütlich einrichten. Ein Blick in die Vergangenheit und auf die Probleme, die beide Vorhaben bewältigen müssen, lassen jedoch Zweifel aufkommen. Anstatt „gleich isses so weit!“ wirkt es eher wie ein „So nah und doch so fern“-Szenario.

Daher haben wir uns bei der futurezone gefragt: Was wird wohl zuerst passieren - die kommerziell nutzbare Kernfusion oder eine funktionale Mars-Kolonie? Nach heftigen Diskussionen in der Redaktion, die die Spaltung in #teamfusion und #teammars mit sich führte, geben wir die Frage an euch weiter. Unten im Artikel könnt ihr abstimmen. Seid ihr euch noch nicht sicher, ist hier eine Zusammenfassung der Megaprojekte.

Fusionsenergie: Kernverschmelzung bei über 100 Millionen Grad

Schon seit den 1960er-Jahren wird an der Energiegewinnung mittels Kernfusion geforscht. Und schon seit Jahrzehnten heißt es immer wieder: In 30 Jahren wird es klappen. Unter Physikern spricht man hier spöttisch von der Fusionskonstante. Denn trotz ständig berichteten Fortschritten in den vergangenen Dekaden sind es immer noch und immer wieder 30 Jahre, die man von der Realisierung entfernt ist.

Dabei klingt es eigentlich gar nicht so kompliziert: Verschmelzen Atome wird dabei Energie freigesetzt. Diese kann in der Form von Hitze genutzt werden, um Wasserdampf zu erzeugen, der wiederum eine Turbine antreibt. Kernenergie nutzt ein ähnliches Prinzip, nur wird dabei die Hitze durch die Spaltung von Atomen freigesetzt. Wenn wir Kerne in Kraftwerken schon seit den 1950er-Jahren spalten: Wie schwer kann es dann sein, Atome zu verschmelzen?

Ziemlich schwer. Damit die Kernfusion in Gang gesetzt wird, braucht es große Hitze. Über 100 Millionen Grad Celsius sind nötig. Je nachdem, welchen Forscher man fragt, bräuchte man sogar 200 Millionen Grad dafür, damit ein Fusionskraftwerk effizient funktionieren kann. Im Kern der Sonne, die ein natürlicher Fusionsreaktor ist, ist es „nur“ 15 Millionen Grad Celsius heiß. Die Kernfusion gelingt dort trotzdem, weil der Druck 250 Milliarden mal größer als in der Erdatmosphäre ist: Ein Zustand, den man auf der Erde bisher nicht reproduzieren kann.

Magnetfeld mit KI-Unterstützung

Bei der Temperatur sieht das anders aus. Plasma mit 100 Millionen Grad Celsius wurde bereits in Experimenten erzeugt. Also steht die Fusionsenergie doch schon in den Startlöchern. Denn sobald die Kernfusion bei dieser Hitze beginnt, tritt eine Kettenreaktion in Kraft – sie hält sich selbst am Laufen. Da wäre nur noch das kleine Problem der Hitze: Kein Material der Erde hält 100 Millionen Grad Celsius stand.

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Deshalb kommen extrem starke Elektromagnete zum Einsatz. Sie halten das Plasma in einem Magnetfeld, damit es nicht mit den Reaktorwänden in Berührung kommt. Und hier beginnt das nächste Problem: Damit das Plasma nicht instabil wird und ausbricht, muss das Magnetfeld ständig angepasst werden.

Das soll KI richten. Zyniker sind skeptisch: Eine Technologie, mit der wir noch nicht richtig umgehen können, soll eine andere Technologie ermöglichen, die noch weit weg von einer marktreifen Umsetzung ist.

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Start-ups, die um Investoren buhlen, sind da freilich optimistischer. Wenn es nach ihnen geht, sollen ihre Fusionsreaktoren schon in den 2030er-Jahren funktionieren. Sie sollen nicht bloß laufen, ohne sich selbst zu zerstören, sondern tatsächlich eine positive Energiebilanz haben – also mehr Strom produzieren, als für die Zündung und Stabilisation des Plasmas nötig ist.

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Auf zum Mars

Auch Elon Musk ist optimistisch, was seine Mars-Eroberungspläne angeht. Bis 2050 will er eine Million Menschen zum Roten Planeten gebracht haben. Sie sind quasi der Grundstock der Kolonie, die kritische Menge, die garantieren soll, dass ein permanentes, autarkes Bewohnen des Mars möglich ist.

Musk hat sich auch schon mit einem Namen für die erste Mars-Stadt angefreundet, in der die Kolonisten leben sollen: Terminus. So heißt nicht nur ein fiktiver Planet im Foundation-Zyklus von Isaac Asimov – es bedeutet auch Endstation, Ende. In der Zombie-Serie The Walking Dead locken Kannibalen Menschen nach Terminus, um sie zu essen.

Ist das ein schlechtes Omen? Wenn es nach Forscherinnen und Forschern geht, wird so oder so ein Massensterben in Terminus stattfinden. Es seien zu viele Probleme ungelöst, etwa, wie Menschen dauerhaft die kosmische Strahlung auf dem Mars überleben sollen. Auf der Erde ist diese 0,33 Millisievert stark, am Mars über 250 Millisievert.

Unter den Bedingungen sei es außerdem ethisch äußerst fragwürdig, Menschen zum Mars zu bringen. Selbst, wenn diese bereit sind für eine Reise ohne Wiederkehr, würde man sie dem Risiko aussetzen, qualvoll an Krebs oder anderen Strahlenerkrankungen zu sterben. Ob am Mars deshalb überhaupt gesunde Babys zur Welt kommen können, ist ebenso fraglich.

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Die lange Reise zum Roten Planeten

Bevor es überhaupt so weit ist, muss man erst mal zum Mars kommen. Bisher hat Starship, das laut Musk regelmäßige Trips zum Mars machen soll, nur Testflüge absolviert. Dass das Raumschiff eine 7- bis 9-monatige Reise zum Mars antreten und dort sicher landen kann, ist noch in weiter Ferne. Dass das Ganze mit Menschen an Bord passiert, statt nur mit Material, ist eine zusätzliche Herausforderung. Schließlich brauchen die Menschen Luft, Nahrung und haben hygienische Bedürfnisse.

Das gilt dann auch für Terminus, oder zumindest eine kleine Mars-Basis. Es müssen Wege gefunden werden, um verlässlich Sauerstoff und Energie zu erzeugen. Denn geht man davon aus, dass man, so wie bisher bei Flügen zum Mars, nur das optimale Startfenster nutzen kann, können alle 2 Jahre und 2 Monate Starships mit Versorgungsgütern losfliegen. Weil man immer damit rechnen muss, dass etwas schiefgeht und deshalb ein Versorgungsflug komplett ausfällt, müsste die Mars-Basis genügend Vorräte haben, um Menschen für zumindest 4 Jahre und 5 Monate am Leben zu erhalten.

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Das wäre schon für eine Handvoll Menschen schwierig. Aber für bis zu einer Million? Forscher sind vorsichtig optimistisch, zumindest zu Lebzeiten einen Menschen am Mars zu sehen. Ähnlich wie bei der Mondlandung könnten 3 oder 4 Personen hinfliegen, ein paar Tage im Sand herumlaufen und dann wieder zur Erde zurückkehren. Dass Menschen dauerhaft am Mars leben und überleben, halten die meisten erst für das nächste Jahrhundert als realistisch.

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Stimmt ab!

Da klingt dann Kernfusion „in den nächsten 30 Jahren“ eigentlich wieder plausibel – oder unterschätzen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Musks finanzielle Möglichkeiten und den Drang der Menschheit, einen neuen Planeten zu besetzen?

Was glaubt ihr, wird zuerst passieren: Kernfusion mit einer positiven Energiebilanz oder eine dauerhafte Mars-Besiedelung? Stimmt ab und lasst uns in den Kommentaren wissen, warum ihr Fusionsenergie oder menschlichen Marsianern mehr Chancen gebt. 

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Gregor Gruber

Testet am liebsten Videospiele und Hardware, vom Kopfhörer über Smartphones und Kameras bis zum 8K-TV.

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