Ein Militärfahrzeug vom Typ HQ-29 steht nachts auf einer Straße in China.

HQ-29

© Weibo

Militärtechnik

Es gibt sie wirklich: Chinas Satelliten-Jäger HQ-29 erstmals deutlich zu sehen

Bisher gab es nur Gerüchte über HQ-29. Dabei soll es sich um ein neues Flugabwehrsystem handeln, mit dem auch Satelliten abgeschossen werden können.

Jetzt hat China die Existenz von HQ-29 verfrüht bestätigt. Bei den Vorbereitungen zur großen Militärparade am 3. September, anlässlich des 80. Jahrestags zum Sieg über Japan im Zweiten Weltkrieg, wurde das System auf der Straße gesichtet.

Bei der Übung war das 6-achsige Startfahrzeug so deutlich wie noch nie zu sehen und wurde von Schaulustigen fotografiert. Auch die Aufschrift „HQ-29“ ist darauf gut zu erkennen, was den Namen des Systems bestätigt.

Knapp 2 Wochen zuvor tauchte das HQ-29 zwar auch schon auf, allerdings war die Startvorrichtung für die Raketen noch verhüllt. Das Foto entstand vermutlich, als das System nach Peking transportiert wurde, damit es dort an den Übungen zur Parade teilnehmen kann.

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Ein mit einer Plane verhüllter HQ-29-Flugabwehrraketenwerfer.

Verhülltes HQ-29

China kündigte Jagd auf Starlink-Satelliten an

Anhand der bisherigen Fotos nimmt man an, dass die Behälter der Raketen einen Durchmesser von etwa 1,3 bis 1,5 Meter haben. Diese imposante Größe, gemeinsam mit der Länge der Raketen, dürfte frühere Gerüchte bestätigen, dass HQ-29 ein besonders leistungsstarkes Flugabwehrsystem ist.

Weil 2 dieser Behälter auf dem Startfahrzeug nebeneinander angebracht sind, wurde das HQ-29 von chinesischen Medien als „doppelläufige Schrotflinte zur Jagd von Satelliten“ bezeichnet. Die Reichweite soll mindestens 500 km betragen. Die SpaceX-Satelliten von Starlink halten sich etwa in einer Höhe von 550 km auf. China hat bereits mehrmals angedroht, Jagd auf diese Satelliten zu machen, sollten sie in einer militärischen Auseinandersetzung gegen China eingesetzt werden – etwa für die Steuerung von taiwanischen Drohnen.

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Russlands S-500 kann ebenfalls Satelliten abschießen

Auch andere Kommunikations- und Erdbeobachtungssatelliten halten sich im niedrigen Erdorbit (LEO) auf und könnten Ziele für das HQ-29 darstellen. Primär ist das HQ-29 aber ein weitreichendes Luftabwehrsystem, das auch ballistische Raketen im Weltraum abfangen soll.

Damit ähnelt es dem russischen S-500 Prometheus. Dieses ist laut den russischen Streitkräften ebenso in der Lage, Satelliten zu zerstören, durch seine Reichweite von mindestens 600 km.

Die US-Streitkräfte haben aktuell kein landgestütztes Flugabwehrsystem, das eine Gefahr für aktive Satelliten darstellt. Am ehesten kommt hier THAAD heran, das ballistische Raketen in einer Höhe von bis zu 150 km zerstören kann.

Wie so ein erfolgreiches Abfangmanöver aussieht, konnte kürzlich beobachtet werden. Mit Arrow 3 gibt es ein israelisches Abwehrsystem, mit ähnlichen Spezifikationen. Damit wurden ballistische Raketen in großer Höhe abgefangen.

Satelliten sollen Hyperschallraketen abwehren

Im Rahmen des Golden-Dome-Programms wollen die USA ihre Fähigkeiten ausbauen, Hyperschallraketen und Satelliten im Weltraum zu zerstören. Mit welchen Waffensystemen steht noch nicht fest. Es ist zumindest davon auszugehen, dass weitreichendere Varianten der Standard Missile gebaut werden sollen, die von Kriegsschiffen gestartet werden, sowie ein landgestütztes System, das dem HQ-29 und S-500 nacheifert.

Der US-Rüstungskonzern Lockheed Martin plant zudem einen Satelliten zu bewaffnen, der Hyperschallraketen im Weltraum abfangen kann. Dieser könnte ebenso gegen andere Satelliten eingesetzt werden. Ein Test der Waffe wird für 2028 angestrebt.

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Warnung vor dem Kaskadeneffekt

Weltraumexperten warnen vor den Folgen dieses Wettrüstens. Wird ein Satellit in seiner Umlaufbahn zerstört, bildet er ein Trümmerfeld, das sich in alle Richtungen ausbreiten kann. Werden andere Satelliten auf ihren Umlaufbahnen durch die Trümmer getroffen und zerstört, wächst das Trümmerfeld immer weiter an. Diese Kettenreaktion wird Kaskadeneffekt oder auch Kessler-Syndrom genannt. Dieser könnte so weit gehen, bis nahezu alle Satelliten im LEO zerstört sind.

Das Trümmerfeld könnte die Erde für Jahrzehnte umschließen und so verhindern, dass neue Satelliten positioniert werden oder andere Satelliten ihre höheren Umlaufbahnen (MEO, GEO) erreichen. Können dadurch etwa Kommunikations- und GPS-Satelliten nach dem Ende ihrer Lebensdauer nicht ersetzt werden, könnte das weitreichende Folgen für das Leben auf der Erde haben.

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Gregor Gruber

Testet am liebsten Videospiele und Hardware, vom Kopfhörer über Smartphones und Kameras bis zum 8K-TV.

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Gregor Gruber

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