Asteroiden als militärische Geschosse einsetzen - ist das realistisch?

Asteroiden als militärische Geschosse einsetzen - ist das realistisch?

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Science

Wilde Theorie: USA will Russland mit Asteroiden aus dem All beschießen

Ein russischer Experte warnt vor den Vereinigten Staaten. Die USA könnten künftig Asteroiden als Waffen einsetzen, so Anatoly Zaitsev, der Geschäftsführer des gemeinnützigen Planetary Protection Center, gegenüber der russischen, staatlich kontrollierten Nachrichtenagentur TASS.

Konkret könnten die USA laut Zaitsev an einer Methode arbeiten, gefährliche Himmelskörper frühzeitig zu erkennen, sodass sie die Existenz der Asteroiden verheimlichen können und sie zur Gefahr für feindliche Staaten werden. Für realistisch hält Zaitsev auch, dass die USA aktuell daran forschen, die Flugbahn eines Asteroiden zu verändern, um ihn dann mutwillig auf gegnerisches Territorium stürzen zu lassen.

Die Einschätzungen des Experten sind mit Vorsicht zu genießen. Immerhin handelt es sich bei dem TASS-Bericht aller Wahrscheinlichkeit nach um russische Propaganda. Trotzdem stellt sich die Frage: Wären diese Szenarien überhaupt realistisch?

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Massentreiber als Asteroiden-Antrieb

Von der Motivation der USA mal abgesehen: Asteroiden als Waffe einsetzen klingt zwar verrückt, ist aber gar nicht so weit hergeholt. Insbesondere wenn es um das Steuern der Flugbahn eines Himmelskörpers geht.

Einige US-Experten halten dies für möglich. Thomas Bania, Astronom an der Boston University, schilderte 2021 gegenüber The Debrief etwa folgendes Szenario: Um einen Asteroiden erfolgreich als Geschoss einzusetzen, müsste ein sogenannter Massentreiber auf dessen Oberfläche installiert werden.

Ein Massentreiber ist eine Art elektromagnetischer Beschleuniger. Der könnte zu einer Art Raketenmotor umfunktioniert werden, der Asteroidenmaterial als Treibstoff nutzt. Das Konzept des Massentreibers wurde schon in den 70er-Jahren entwickelt, existiert in einer solchen Größenordnung aktuell aber nur in der Theorie. 

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DART soll nur Tarnung gewesen sein

Die NASA konnte außerdem zuletzt im Zuge der DART-Mission unter Beweis stellen, dass sie in der Lage ist, einen Asteroiden von seinem Kurs abzubringen. Im Zuge der Mission wurde eine kleine Sonde absichtlich in einen Asteroiden gesteuert. Dieser konnte auf diese Weise tatsächlich um einige Grad vom ursprünglichen Kurs abgelenkt werden.

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Laut Zaitsev könnte DART aber nur eine Tarnung gewesen sein. In Wirklichkeit sollte damit nicht die Abwehr eines Asteroiden erprobt werden, der auf die Erde zufliegt - sondern eben das gezielte Umlenken, um Russland oder andere Staaten mit Himmelskörpern zu bombadieren.

Auch wenn dieses absurde Szenario zumindest denkbar wäre: Selbst minimale Fehler in der Berechnung oder unvorhergesehene Ereignisse könnten dazu führen, dass der Asteroid das falsche Ziel auf der Erde trifft oder womöglich die USA selbst. Risiko und der damit verbundene Aufwand stehen in keinem Verhältnis zueinander. 

Konzept einer Mondbasis mit Massentreiber. Dort soll er allerdings nicht die Flugbahn des Mondes ändern, sondern zum Start von Weltraumfahrzeugen dienen

Verheimlichen von tödlichem Asteroiden wenig realistisch

Auch laut einem ehemaligen Wissenschaftler der Indian Space Research Organisation, ist die Nutzung eines Asteroiden als Waffe "reine Science-Fiction". Die beträchtlichen Investitionen, die für derartige Unternehmungen erforderlich sind, seien zu umfangreich, so der Experte gegenüber der Eurasian Times. Außerdem seien Länder in der Lage, Abwehrsysteme zu entwickeln.

Wenig realistisch ist außerdem der Vorwurf, die USA könnten die Existenz eines gefährlichen Asteroiden verheimlichen. Denn die Entdeckungsrate von Asteroiden ist ohnehin nicht besonders gut. Jedes Jahr wird nur ein Bruchteil der Himmelskörper, die sich der Erde nähern, tatsächlich identifiziert. Auch der von russischen Staatsmedien zitierte Astronom Zaitsev hält diese Methode daher für unwahrscheinlich. 

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