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Neuer Panzer schießt mit Laser, Raketen und Maschinenkanone auf Drohnen

Beim Rüstungsunternehmen Leonardo hat man sich überlegt: Mit welchen Waffen kann man am besten Drohnen abschießen? Anstatt dann  eine oder 2 auszuwählen, wurde einfach alles zusammengepackt.

Auf einem Geländewagen gehen sich Kanone, Laserwaffe, Maschinengewehr und lasergelenkte Raketen nicht mehr aus. Daher wurde als Basis der leichte US-Radpanzer Stryker gewählt. Das Ergebnis ist ein Fahrzeug, das der ultimative Drohnenschreck sein könnte.

Im Moment hört es noch auf den etwas sperrigen Namen Counter-Uncrewed Aerial Systems Directed Energy (C-UAS DE) Stryker. Sollte das Fahrzeug von der US-Armee oder anderen Streitkräften gekauft werden, bekommt es vielleicht eine eingängigere Bezeichnung. Gebaut wurde der Prototyp, zusammen mit 7 Partnerunternehmen, innerhalb von 8 Monaten.

Das Herzstück: Eine ausfahrbare Laserwaffe

Wie schon das „Directed Energy“ im Namen suggeriert, ist das Highlight die Laserwaffe. Die wird von BlueHalo gebaut und heißt LOCUST.

Wie im Video zu sehen ist, ist die Laserwaffe bei Nichtgebrauch im Aufbau gesenkt und damit etwas geschützt. Im Einsatzgebiet wird sie ausgefahren.

C-UAS DE Stryker LOCUST Laser

Mit 26 Kilowatt Leistung ist der Laser deutlich stärker als Modelle andere Hersteller, die für den mobilen Einsatz ausgelegt sind. Üblich sind derzeit 10-kW-Modelle, die etwa auf gepanzerten Geländewagen montiert werden.

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Leonardo geht davon aus, dass LOCUST Drohnen auf „sehr große Distanzen“ zerstören kann. Genaue technische Angaben werden nicht gemacht. Im Video werden Drohnen der Gruppen 1, 2 und 3 als zerstörbar genannt.

Das US-Verteidigungsministerium hat Drohnen in 5 Gruppen eingeteilt. 1 ist die kleinste, mit Drohnen, die bis zu 9kg wiegen. Darunter fallen die meisten handelsüblichen Quadcopter, wie solche, die zu FPV-Drohnen (Kamikaze-Drohnen) umgebaut werden. Die Ukraine nutzt diese sehr effektiv gegen Russland.

Gruppe 5 ist die größte, zu der etwa Drohnen wie die MQ-9 Reaper zählen. Die Gruppe 3, die LOCUST noch zerstören kann, wird mit einem Gewicht von weniger als 600kg, einer Geschwindigkeit von unter 460 km/h und einer maximalen Flughöhe von weniger als 5,5km definiert.

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Eine maximale Reichweite für die LOCUST-Variante des C-UAS DE Strykers ist nicht bekannt. Anhand der Leistung von 26kW sollten 5 bis 7km, bei guten Wetterbedingungen, möglich sein.

Vor- und Nachteile von Laserwaffen

Pro:

  • Ein „Schuss“ kostet nur wenige Cent
  • Kein Nachladen – es wird lediglich Strom benötigt
  • Keine Kollateralschäden, wenn das Ziel verfehlt wird
  • Auch auf sehr kurze Distanzen nutzbar, ohne eigene Truppen zu gefährden

Contra:

  • Technologie noch nicht im echten Einsatz erprobt
  • Weniger Reichweite bei Schlechtwetter (Wolken, starker Regen) oder Rauch
  • Noch keine Daten zur Zuverlässigkeit im Feld

Günstige 70mm-Raketen

Auf der linken Seite des Strykers befindet sich ein 70mm-Raketenwerfer mit 4 Startröhren für das Advanced Precision Kill Weapon System II (APKWS II). Das System kommt schon bei anderen Drohnenabwehr-Fahrzeugen zum Einsatz. Die USA haben es etwa auch der Ukraine zur Verfügung gestellt, in Form des Vampire.

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Die Idee dahinter: Anstatt mit großen teuren Luftabwehrraketen auf billige Drohnen zu schießen, kommen kleine, günstigere 70mm-Raketen zum Zug. Eine 70mm APKWS-II-Rakete hat Stückkosten von etwa 35.000 US-Dollar. Eine Rakete des Flugabwehrsystems Patriot, das die Ukraine ebenfalls von den USA zur Verfügung gestellt bekommen hat, kostet bis zu 4 Millionen US-Dollar.

APKWS II ist so günstig, weil es ein Nachrüstkit für die ungelenkte Hydra 70 ist. Die wurde schon Ende der 40er-Jahre entwickelt. Sie wurde in großen Mengen im Korea- und Vietnam-Krieg genutzt, sowohl von Hubschraubern als auch Flugzeugen.

Sie ist auch heute noch in Verwendung und in großen Stückzahlen in den Arsenalen der USA vorhanden. Dadurch muss also für die Nutzung mit APKWS II nicht extra eine Rakete hergestellt werden.

Mit APKWS II bekommen die Raketen einen Lasersuchkopf. Damit ist nicht der Laserstrahl von LOCUST gemeint, sondern ein Infrarotlaser, mit dem das gewünschte Ziel markiert wird.

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Die Raketen haben eine Reichweite von bis zu 5 Kilometern. Aufgrund ihrer Sprengkraft können sie auch für mittelgroße und große Drohnen eingesetzt werden, sofern diese in Reichweite sind. Bodenziele können bei Bedarf ebenfalls damit bekämpft werden.

Anhand der Erfahrungen, die mit Vampire in der Ukraine gemacht wurden, soll die Entwicklung eines neuen Sprengkopfs für APKWS II optimiert werden. Dieser hat einen Annäherungszünder. Die Rakete explodiert dabei in kurzer Entfernung vor der Drohne anstatt erst beim Einschlag. Durch die Explosion und dabei entstehenden Splitter steigt die Chance, dass die Drohne getroffen und zerstört wird – selbst, wenn sie versucht im letzten Moment auszuweichen.

30mm-Kanone und Maschinengewehr

Trotz Laser und Raketen hat der Stryker auch eine klassische Bewaffnung. Am Dach befindet sich eine Waffenstation EOS R400 mit einer XM914 30mm-Kanone und einem M240B 7.62mm Maschinengewehr.

Die Drohnenabwehr mit dem M240B ist als letztes Mittel anzusehen. Selbst durch die elektronische Zielerfassung und Steuerung der Waffenstation und Feuerrate von etwa 750 Schuss pro Minute, ist es aufgrund der kleinen Projektile schwierig, eine schnell fliegende Drohne zu zerstören.

Bei der XM914 sieht das anders aus. Die effektive Reichweite liegt bei über 2 Kilometer. Die Feuerrate beträgt 200 Schuss pro Minute.

Northrop Grumman hat erst kürzlich ein Upgrade für die XM914 ausgeliefert. Sie hat jetzt ein Dual Feed System

Dadurch kann auf Knopfdruck zwischen 2 Munitionssorten gewechselt werden. Gerade beim C-UAS DE Stryker macht das Sinn: So kann reguläre Munition gegen Bodenziele genutzt werden und Airburst-Munition gegen gegen Drohnen.

XM914 Dual Feed System

Die 30mm-Airburst-Munition für die XM914 hat ebenfalls Annäherungszünder. Das Geschoss explodiert in der Nähe der Drohne, wodurch die Trefferwahrscheinlichkeit durch Druck- und Splitterwirkung steigt. Rheinmetall nutzt dieses Prinzip beim Drohnenabwehr-System Skyranger.

Das österreichische Bundesheer hat im Februar 2024 bekannt gegeben, Skyranger anzuschaffen. 36 Türme werden gekauft, die auf Radpanzern des Typs Pandur Evolution montiert werden. Der Truppentransporter wird so zum Drohnenabwehr-Panzer.

Zielerfassung beim C-UAS DE Stryker

Damit der C-UAS DE Stryker feindliche Drohnen besser aufspüren kann, hat er ein Titan VS. Dieses System scannt nach Funkfrequenzen und kann so Drohnen erkennen und verfolgen.

Weiters hat der Stryker ein Radar des Typs nMHR und Kameras mit 360-Grad-Abdeckung, zur Zielerfassung mittels Bilderkennung. Im Video von Leonardo ist noch eine Antenne an der Rückseite des Panzers mit HMS beschriftet. Um welches System es sich hierbei handelt, ist noch nicht bekannt.

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Weitere Stryker-Varianten zur Drohnenabwehr

Der neue, vollgepackte C-UAS DE Stryker erinnert an den M-Shorad Stryker. Dieser hat ebenfalls eine XM914, setzt aber auf hitzesuchende Stinger-Raketen und radargelenkte Raketen des Typs AGM-114L Hellfire.

Der M-Shorad Stryker wurde vor dem Ukraine-Konflikt entwickelt und angeschafft. Gegen kleinere FPV-Drohnen sind seine Raketen nur bedingt geeignet – und teuer. Die US-Armee überlegt deshalb, die Stinger durch APKWS II zu ersetzen. Die andere Option ist der DE M-Shorad Stryker.

DE M-Shorad Stryker

Dabei handelt es sich um einen Stryker mit einer 50kW-Laserwaffe, den die US-Armee bereits anschafft. Bei Feldtests im Nahen Osten im März 2024 wurden aber potenzielle Probleme mit dem System festgestellt. Da das Fahrzeug ständig in Bewegung ist, sind die Hitzeableitung des Lasers, die Menge an benötigter Elektronik und die Abnutzung problematisch. Ein 50kW-Laser würde sich demnach besser als statisches System eignen, als auf einem Panzer.

Eine weitere Option wäre die Mikrowellenwaffe von Epirus. Ein Prototyp auf einem Stryker wurde 2022 gezeigt. Die Mikrowellen werden wie ein Konus ausgestrahlt. Dadurch können mehrere Drohnen gleichzeitig beschossen werden, weshalb Mikrowellenwaffen zur Bekämpfung von Drohnenschwärmen beworben werden. Der Nachteil: Wird die Elektronik von Drohnen gegen elektromagnetische Strahlung abgeschirmt, wird die Mikrowellenwaffe deutlich abgeschwächt oder sogar nutzlos.

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Mit M-LIDS überlegt die US-Armee eine weitere Drohnenabwehr auf Stryker-Basis einzuführen. M-LIDS ist schon im Einsatz, allerdings aufgeteilt auf 2 gepanzerte Geländewagen.

Zusammen haben sie Radar, Sensoren, Systeme zur elektronischen Kriegsführung, ein M2 Maschinengewehr im Kaliber .50 BMG, XM914 Kanone und M240B Maschinengewehr. Das Kernstück sind die Coyote-Raketen. Dabei handelt es sich um günstige Flugabwehr-Raketen, die speziell zur Bekämpfung von Drohnen entwickelt wurden.

Es gibt bereits einen Prototypen, bei dem M-LIDS zusammengeführt auf einem Stryker montiert ist.

M-LIDS Stryker

Für welche Variante sich die US-Armee entscheiden wird, ist aktuell noch völlig offen. Der C-UAS DE Stryker hat jedenfalls gute Chancen, da er als erstes System eine ausreichend starke Laserwaffe mit gelenkten Raketen und einer Maschinenkanone verbindet.

Der Panzer soll vor allem eigene Truppen auf dem Schlachtfeld gegen Drohnen beschützen - sowohl in Bewegung, etwa in einer Panzer-Kolonne, als auch stationär, um Artillerie zu decken. Durch die 30mm-Kanone und die 70mm-Raketen kann er ebenso offensiv genutzt werden, um Bodenziele bekämpfen. Damit ist er vielseitiger als Panzer und Geländefahrzeuge, die nur mit einer Energiewaffe ausgestattet sind. 

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Gregor Gruber

Testet am liebsten Videospiele und Hardware, vom Kopfhörer über Smartphones und Kameras bis zum 8K-TV.

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