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Lohnt sich ein eigenes Windrad im Garten?

Photovoltaik hat ein großes Problem. Nachts liefert sie nämlich keinen Strom und bei bewölktem Himmel nimmt die Energieausbeute deutlich ab. Abhilfe kann Windkraft schaffen. Wenn die Sonne nicht scheint, wie etwa bei Schlechtwetter, kann der Sturm die Windräder antreiben. Doch während private Photovoltaikanlagen in Österreich boomen, ist Kleinwindkraft immer noch eine Randerscheinung. 

Beim FH Technikum Wien, das selbst zu Kleinwindkraftanlagen berät, sind allein im vergangenen Jahr um die 70 Anfragen dazu eingegangen. Darunter finden sich Privatleute, vor allem aus dem ländlichen Bereich, aber auch Unternehmen oder Großunternehmen, die etwa ihren Fuhrpark auf erneuerbare Energie umstellen wollen.

Kleine Windkraft profitiert von der Energiekrise

Die Energiekrise trieb zwar das Interesse an der kleinen Windkraft spürbar an, insgesamt ist sie im Alpenland aber immer noch eine Randerscheinung. Ende 2015 wurden in Österreich gut 300 Kleinwindkraftanlagen erfasst. Gut 7 Jahre später ist deren Anzahl kaum angewachsen. Genauere Zahlen gibt es nicht, man arbeite aber an einer neuen Erhebung, die im Frühjahr fertig sein soll, sagt Kleinwindkraftexperte Alexander Hirschl-Schmol. Nicht gemeldete Mikroanlagen mit jeweils wenigen 100 Watt Leistung würden eine genaue Angabe nicht zulassen. Der Experte schätzt jedoch, dass sich in Österreich rund 400 Kleinwindkraftanlagen drehen, dazu dürften 100 bis 150 Mikro-Windkraftanlagen kommen. 

Windkraftexperte Alexander Hirschl-Schmol.

Die “kleine Windkraft” bezeichnet Anlagen, deren Rotorfläche kleiner als 200 Quadratmeter ist. Das ist nicht gerade wenig, der Rotordurchmesser darf nämlich bis zu 16 Meter betragen. Das erreichen private Anlagen aber äußerst selten. Da hilft auch die Förderung nicht, die erstmals seit dem Frühjahr 2022 in Österreich ausgeschüttet wird. Windräder mit einer Leistung von 20 Kilowatt bis hin zu 100 Kilowatt erhalten seitdem bis zu 850 Euro/kW, bei größeren Anlagen sind es bis zu 675 Euro/kW (100-1.000 kW Leistung).

Am Markt vorbeigefördert

“Das war zwar politisch sicher gut gemeint, aber es geht leider an der derzeitigen Marktsituation vorbei”, sagt Hirschl-Schmol, denn nur sehr wenige Kleinwindkraftanlagen leisten derzeit mehr als 10 Kilowatt. Im Schnitt liefern die Anlagen zwischen 1 und 10 Kilowatt, Mikroanlagen leisten sogar nur einige 100 Watt. Die Gesamtleistung der kleinen Windkraft liegt dabei bei rund 2.000 Kilowatt. Zum Vergleich: Das leistungsstärkste Windrad im Burgenland liefert allein 5,5 Megawatt (5.500 Kilowatt) und kann damit zwischen 3.000 und 4.000 Haushalte versorgen.

Windräder mit Rotoren, die sich um eine horizontale Achse drehen, dominieren den Markt. In Österreich sind es etwa 80 Prozent. Der Optik wegen sind auch vertikalachsige Anlagen gefragt, die bekanntesten finden sich wohl auf dem Greenpeace-Gebäude in Hamburg. Die sind zwar deutlich leiser als ihre klassischen Kollegen, haben aber auch eine geringere Energieausbeute.

Geringe Energieausbeute bei alternativen Windkraftanlagen 

Die Energieausbeute ist es auch, womit Hirschl-Schmol bei vielen alternativen Windkraftkonzepten mancher Start-ups zu hadern hat. Viele Anlagen seien ein Kompromiss aus Design und Energiegewinnung, wobei der Wirkungsgrad oft überschaubar ist. Am Energieforschungspark Lichtenegg interessiere man sich dennoch für solche Innovationen. So wurde etwa eine rotorlose  "Vortex Bladeless"-Turbine angefragt, die allein durch die Vibration einer vertikalen Stange Strom erzeugen soll. Da die Anlage noch im Konzeptstadium ist, konnte kein Test durchgeführt werden, bedauert Hirschl-Schmol.

Dass solche Anlagen künftig große Windräder ersetzen könnten, ist nicht wahrscheinlich. Die erzeugte Energie hängt nämlich von der Fläche ab, die den Wind abernten kann. “In einer so kleinen Fläche ist halt nicht viel Energie drin”, gibt Hirschl-Schmol zu bedenken. “Damit kann man vielleicht Kleinstverbraucher versorgen, wie etwa einen Laternenmast.” 

“Am effizientesten ist immer noch der klassische horizontalachsige Rotor", weiß der Experte, "und zwar in Bezug auf Wirkungsgrad als auch beim Materialverbrauch bei der Herstellung.” 

Auch Windkraftanlagen in dicht verbauten Gebieten sind nicht ideal. Nicht umsonst sollten Windräder auf einer möglichst freien Fläche stehen, um effizient Strom zu erzeugen. Verwirbelungen von Häusern oder Bäumen wirken sich nämlich negativ auf die Energieausbeute aus.

Windgeschwindigkeit zählt

Das A und O bei der Windkraft - sowohl bei der großen als auch bei der kleinen - ist die Windgeschwindigkeit. “Erst ab einer durchschnittlichen Windgeschwindigkeit von 3,5 bis 4 m/s (Anmerkung: 12,6-14,4 km/h) produziert ein Windrad im Laufe seines Lebens mehr Strom, als es überhaupt bei seiner Herstellung gekostet hat”, sagt Hirschl-Schmol. Ab einer Windgeschwindigkeit von 10 bis 12 m/s (36-45 km/h) erreicht die Anlage ihre Maximalleistung. Bläst der Wind stärker (ab 54-72 km/h) setzen bei vielen Anlagen die Notbremsen ein, damit das Windrad nicht beschädigt wird. 

Zu viel Wind ist aber nicht das Problem der kleinen Windkraft. “Weil wir in einer niedrigen Luftschicht sind, ist es eher eine Speziallösung. Und in den meisten Fällen macht sich Enttäuschung breit, weil das Windpotential nicht passt.” Im Internet gibt es mehrere Windkarten, die anzeigen, wie schnell der Wind in einer Region durchschnittlich weht. Im Global Wind Atlas sieht man zum Beispiel, dass in 10 Metern Höhe über Wien nur ein laues Lüftchen weht, es auf den Bergen des Alpenhauptkamms aber ganz schön stürmt. 

Je höher, desto mehr Wind

“In 50 Metern Höhe hat es in Österreich etwa Durchschnittswindgeschwindigkeiten von 6 m/s”, sagt Hirschl-Schmol. “Über Wien sind wir nur bei 4,5 oder 5 m/s”. Bei Kleinwindkraftanlagen muss man zudem die niedrigere Höhe mit einberechnen. “In Wien hat man auf 10 Meter nur mehr Windgeschwindigkeiten von 3 Meter pro Sekunde im Jahresmittel. Im Speckgürtel oder in kleineren Orten schaut es schon anders aus, da haben wir 3,5 m/s”.

Das mag zwar nach nicht viel klingen, aber die Leistung eines Windrads steigt mit der Windgeschwindigkeit rapide an. Diese hängt von der Luftdichte (die sich mit Temperatur und Luftdruck ändert), dem Quadrat des Rotordurchmessers und der 3. Potenz der Windgeschwindigkeit (v³) ab.

Bürokratischer Hürdenlauf

Auch die Montage auf Dächern, wie etwa in Großstadtgebieten oft geplant wird, macht so ein Windkraftprojekt deutlich aufwändiger. “Die Dachmontage ist generell so eine Sache, da werden die Vibrationen nämlich über das Dach an das Gebäude weitergeleitet. Da muss das ganze zusätzlich noch schwingungsgedämpft werden. Dann ist diese Option durchaus eine machbare Lösung”, erklärt Hirschl-Schmol.

Zudem ist das Aufstellen einer Kleinwindkraftanlage in Österreich ein bürokratischer Hürdenlauf. Hier kocht jedes Bundesland sein eigenes Süppchen. “In Wien ist zum Beispiel der Eiswurf der Anlagen ein Riesenthema. In manchen Bundesländern ist der Schall ein großes Thema, in anderen Bundesländern wird das gar nicht angeschaut - da wird leichter die Genehmigung erteilt”, sagt der Experte.

In verbauten Gebieten kommt noch der “Disco-Effekt” hinzu. Durch die drehenden Flügel kann bei Sonne nämlich ein Blinkmuster erzeugt werden, das von Anrainer*innen als unangenehm empfunden werden kann. Daher ist ein Mindestabstand zum Nachbargrundstück nötig, der sich wiederum je nach Bundesland unterscheidet.

Hohe Kosten

Sollten alle Voraussetzungen für eine Kleinwindkraftanlage erfüllt sein, stellt sich noch die Frage nach der Wirtschaftlichkeit, denn günstig sind die Anlagen nicht. “Pro Kilowatt liegen wir bei vertrauenswürdigen Anbietern bei etwa 4.500 Euro - plus/minus einer Schwankungsbreite von 2.000 oder 3.000 Euro”, sagt Hirschl-Schmol.

Bei einem guten Standort mit einer Windgeschwindigkeit von 5 m/s und einer 5-Kilowatt-Anlage könne man so 5.000 Kilowattstunden Strom im Jahr erzeugen. Das entspricht in etwa dem Stromverbrauch eines Einfamilienhauses. “In guten Fällen schafft man, dass man in 20 Jahren gerade noch wirtschaftlich ist, oder vielleicht knapp an der Wirtschaftlichkeit vorbeischrammt. Die derzeitige Stromsituation begünstigt aber die Wirtschaftlichkeit der Kleinwindkraft”, sagt Hirschl-Schmol ernüchternd.

Autarkie steht im Vordergrund

Geld zu sparen oder sogar Geld zu verdienen, habe bei den meisten Interessent*innen aber gar keine Priorität. Die größte Motivation hinter der Anschaffung einer Windkraftanlage sei die Erhöhung der Autarkie - oft auch in Kombination mit Solarkraft. Besonders Unternehmen gehe es auch darum, den ökologischen Fußabdruck zu reduzieren und ein entsprechendes Image nach außen zu tragen.

Ansonsten ist Klein- und Mikro-Windkraft bisher in einigen Nischen auch eine sinnvolle Lösung. Schutzhütten, bei denen ein Netzanschluss nicht gegeben ist, könnten durch eine kleine Anlage Strom für Licht und sogar einige Geräte produzieren. Und auch auf Segelbooten sind Mikroanlagen beliebt - man will verhindern, dass auf offenem Meer der Strom ausgeht.

Zielsichere Förderung für Kleinwindkraft nötig

Damit sich die kleine Windkraft an Land weiterverbreitet, müsste der Preis auf die Hälfte sinken, schätzt Hirschl-Schmol. “Das wird nicht möglich sein, wenn es keine Förderung für die Anlagengröße gibt - ohne die wird sich kein wirklicher Markt entwickeln.” Ob sich dann mehr Menschen ein eigenes Windrad anschaffen, wird sich zeigen. 

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Marcel Strobl

marcel_stro

Ich interessiere mich vor allem für Klima- und Wissenschaftsthemen. Aber auch das ein oder andere Gadget kann mich entzücken.

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