Amazonas-Demo - Die europäische Handschrift der Regenwaldbrände
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Der Amazonas-Regenwald ist ein bedeutender Kohlenstoffspeicher, Heimat größter Artenvielfalt und mit seinem komplexen Verdunstungs-Kreislauf so etwas wie die natürliche Klimaanlage der Erde. Das Gleichgewicht dieses Ökosystems spielt eine so wichtige Rolle für die Stabilisierung des globalen Klimas, dass die Austrocknung des Regenwaldes als einer jener Kipppunkte gilt, die eine unaufhaltsame Beschleunigung der menschgemachten Klimakrise zur Folge haben.
Kipp-Punkt Austrocknung
2019 brannte sich die dramatische Situation der „Lungen der Erde“ buchstäblich in unser Bewusstsein: Die heftigen Feuer, vor allem verursacht durch massiv angestiegene illegale Brandrodung, machten weltweit Schlagzeilen. Klimaforscher*innen alarmierten, dass man mit großer Wahrscheinlichkeit kurz vor jenem Punkt stand, an dem ein so großer Teil des Regenwaldes unumkehrbar zerstört ist, dass das System von Niederschlag und Verdunstung den irreparablen Kipp-Punkt erreicht und die Austrocknung beginnt.
Dass die illegal gelegten Brände im Amazonas-Regenwald zu genau jenem Zeitpunkt in so drastischem Ausmaß zugenommen haben, war kein Zufall: Mit der kurz davor verkündeten Einigung auf ein EU-Mercosur Handelsabkommen lockte die Aussicht auf den europäischen Markt für Soja und Rindfleisch. Und dieser neue Markt braucht Anbau- und Weideflächen.
Verhängnisvolle Handelspolitik
Leider sind wir von fairer, nachhaltiger Handelspolitik weit entfernt. Die vorherrschenden Strukturen fördern stattdessen umweltschädigende Produktionsarten, die auf der Ausbeutung von Mensch und Natur fußen. Natur- und Klimaschutz sind in Handelsabkommen – wenn überhaupt – nur als lauwarme Bekenntnisse enthalten, ohne jegliche Verbindlichkeit oder Durchsetzungsmechanismen. Im Gegenteil, während Klima- und Umweltzerstörung sowie Menschenrechtsverletzungen so gut wie nicht sanktionierbar sind, räumen etliche Abkommen Konzernen sogar Sonderklagsrechte ein, die dann unter dem Mäntelchen „Investitionsschutz“ verhindern, dass Staaten ihre Klimaschutzgesetze verbessern. So haben beispielsweise Energiekonzerne die Möglichkeit, Staaten zu verklagen, die Gesetze für einen Kohleausstieg erlassen.
„Kettensäge Corona“
Durch die Corona-Krise rückte die Aufmerksamkeit für den brennenden Regenwald in der öffentlichen Wahrnehmung in den Hintergrund. Die Regierung des rechtsextremen Präsidenten Bolsonaro nutzte die Gesundheitskrise, die sich in Brasilien besonders tragisch auswirkt, sogar schamlos für ihre Pläne aus, die Rechte für Indigene und Gesetze zum Schutz der Wälder weiter zu schwächen. Da die Presse sich ausschließlich mit Corona beschäftige, so der Umweltminister in einer Kabinettssitzung im April, habe man jetzt die Möglichkeit, „sich das Amazonas-Thema vorzunehmen“.
Kein Wunder also, dass durch den Rückenwind einer so agierenden Regierung illegale Holzfäller und Goldgräber sich ermutigt fühlten, noch aggressiver in die geschützten Gebiete einzudringen. Das Ergebnis: Die Zahl der Brände stieg in jenen brasilianischen Bundesstaaten mit Anteil am Amazonas-Becken im Juli 2020 verglichen zum selben Zeitraum im Katastrophenjahr 2019 sogar noch weiter an, und das um mehr als 20 Prozent. Ein bedrohlicher Rekord jagt den nächsten.
Europa ist mitverantwortlich
Die Lage im Regenwald des Amazonasgebietes ist ernst, und sie trägt eine europäische Handschrift. Auf die wollen Fridays for Future gemeinsam mit anderen Umweltschutz- und Menschenrechtsorganisationen am kommenden Freitag, dem 28.8. aufmerksam machen und rufen weltweit zur Amazonas Demo für den Regenwald und gegen das EU-Mercosur-Abkommen auf. Wir dürfen gegenüber der andauernden Tragödie nicht gleichgültig sein und sollten zahlreich ihrem Ruf folgen und uns – mit Abstand – gemeinsam für eine neue Handelspolitik einsetzen, die internationale Abkommen als Mittel zur Regenwald-Rettung und Klimagerechtigkeit zur tragenden Säule erklärt.
Über die Autorin
Tina Wirnsberger ist Trainerin für nachhaltige Wirtschaft & Politik und Sozialpädagogin. Sie war bis Jänner 2019 Grüne Stadträtin für Umwelt und Frauen in Graz.
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