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HarmonyOS: Was bedeutet der Start von Huaweis Android-Alternative?

Zwei Jahre ist es her, dass die USA unter Präsident Donald Trump den chinesischen Technologie-Konzern Huawei sanktionierten. Seither fehlen auf den neuen Smartphones des Herstellers sämtliche Google-Dienste - also Apps wie Gmail, Google Maps sowie der entsprechende App-Store für Android. Mit einem eigenen Betriebssystem will Huawei nun überzeugen. Was das für Nutzer*innen in Österreich bedeutet, fassen wir euch hier zusammen.

Warum braucht Huawei ein eigenes Betriebssystem?

US-Firmen dürfen nicht mit Huawei zusammenarbeiten (futurezone berichtete). Grund ist u.a. der Verdacht, Huawei gebe Daten an die chinesische Regierung weiter. Auch der aktuelle Präsiden Joe Biden wird in absehbarer Zeit nicht von diesem Kurs abrücken. Er setzte unlängst weitere chinesische Firmen auf die Schwarze Liste.  

Das bedeutet, Nutzer*innen müssen auf Google-Apps - dazu zählt z.B. auch YouTube - verzichten. Auch andere Apps, die im Hintergrund die Google Mobile Services (GMS) benötigen, funktionieren nicht korrekt. Außerdem fehlt der Zugriff auf Googles App-Store mit Millionen Apps. Damit wird ein Huawei-Handy für viele Nutzer*innen unbrauchbar und das Unternehmen musste eine Alternative schaffen.

Was ist HarmonyOS? 

Huawei hat in relativ kurzer Zeit ein eigenes Betriebssystem für zukünftige Smartphones entwickelt. Die erste Testversion offenbarte, dass HarmonyOS wohl nur eine Android-Variante ohne Google-Apps ist. So wurden laut ersten Angaben teilweise nur Begriffe ausgetauscht, im direkten Vergleich ähneln sich HarmonyOS und die derzeit verwendete Android-Oberfläche EMUI stark. Am 2. Juni wird das neue Betriebssystem nun offiziell präsentiert, bestätigte Huawei gegenüber der futurezone. 

Aber es gibt auch eine Strategieänderung, weg von Handys hin zu anderen vernetzten Geräten: "HarmonyOS wurde entwickelt, um die Funktionen der neuen Vielfalt intelligenter Geräte zu nutzen und sich an alle Szenarien anzupassen, die in einer vollständig vernetzten Welt auftreten werden", sagt ein Huawei-Sprecher der futurezone. Es biete die grundlegende Technologie für die Zusammenarbeit mehrerer Geräte, die früher nur eigenständig funktioniert hätten. 

Gibt es alle populären Apps auch für HarmonyOS?

Wichtige Apps für den Alltag haben es inzwischen in Huaweis AppGallery geschafft. Darunter sind auch Dienste der österreichischen Banken, Spotify und die ORF TV-Thek. WhatsApp und Facebook sind noch nicht vertreten, über Umwege kann man sie jedoch dennoch installieren. Die in der AppGallery integrierte hauseigene "Petal Search" liefert in der App direkt einen Link zur offiziellen Download-Seite der jeweiligen App. 

Laut eigenen Angaben können alle Apps, die noch nicht in der AppGallery verfügbar sind, heruntergeladen und installiert werden - dann müssen Updates aber auch zumeist händisch installiert werden. Laut Huawei ist man mit 530 Millionen monatlich aktiven Nutzer*innen bereits der drittgrößte App Store weltweit.

Die AppGallery bietet viele Spiele und eine bekannte Apps an. Über die Suche gelangt man zur Download-Seite anderer Apps wie WhatsApp.

Sollte man sich jetzt ein Huawei-Gerät kaufen?

Rein technisch konnten Huaweis Spitzen- und Mittelklassemodelle bisher immer überzeugen. Insbesondere die Kameras konnten die Konkurrenz weit hinter sich lassen (zB. das Huawei P40 Pro - hier im futurezone-Test). Allerdings scheint man sich, wenn man auch in Zukunft zu einem Huawei-Gerät greifen möchte, mit den massiven Einschränkungen zufrieden geben zu müssen. Google hat sich über die Jahre im Smartphone-Markt festgebissen und lässt neben sich wenig Platz für die Konkurrenz. Wenn App-Entwickler*innen neben iOS und Android nicht auch noch HarmonyOS bedienen wollen, fällt die chinesische Alternative unter den Tisch.

Derzeit ist alles, was man über die Zukunft von HarmonyOS sagen kann, Spekulation. Vielleicht schafft es Huawei, ein Gegengewicht zu Android und iOS zu etablieren, wenn andere Hersteller wie etwa Xiaomi mitziehen und das chinesische Betriebssystem ebenfalls adaptieren. Vielleicht verliert Huawei in Europa aber weiter an Relevanz, weil sich User*innen an Android oder iOS soweit gewöhnt haben, dass ein neues Betriebssystem daran nichts ändern wird.

Wird man so den schlechten Verkaufszahlen entgegenwirken?

Nach dem ohnehin schon schlechten Vorjahr brachen die Verkäufe in Europa im 1. Quartal 2021 um 77 Prozent ein. Damit rutscht der Marktanteil auf 2 Prozent. In China liegt er laut Counterpoint Research noch bei 16 Prozent. Nach der Abspaltung der Tochtermarke Honor konnten die Konkurrenten Oppo und Xiaomi dort erstmals an Huawei vorbeiziehen. 

Finanziell scheint das Huawei momentan noch nicht zu schaden. Das Unternehmen konzentriert sich inzwischen auf höherpreisige Geräte mit einer größeren Gewinnmarge. Zudem setzt man verstärkt auf andere Einnahmequellen wie Fernsehgeräte: "Neben der aktuell herausfordernden Smartphone-Industrie entwickeln sich andere Produktkategorien von Huawei, wie etwa Smart Home, Audio, Wearables und PCs mit enormem Wachstum", so das Unternehmen zur futurezone. 

Das zeigt sich in den Zahlen: Das Geschäftsjahr 2020 konnte trotz der Sanktionen mit einem globalen Umsatz von 115,8 Milliarden Euro abgeschlossen werden – 4 Prozent mehr als im Jahr davor. Vor dem Aus steht das Unternehmen also trotz der Rückschläge noch lange nicht.

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Franziska Bechtold

frau_grete

Liebt virtuelle Spielewelten, Gadgets, Wissenschaft und den Weltraum. Solange sie nicht selbst ins Weltall kann, flüchtet sie eben in Science Fiction.

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