T-90M mit Arena-M

T-90M mit Arena-M

© Uralwagonsawod

Militärtechnik

Russischer Panzer T-90M zerstört Raketen mit 400 Wolframsplitter

Uralwagonsawod hat zum ersten Mal den T-90M mit Arena-M gezeigt. Das staatliche Rüstungsunternehmen hat ein kurzes Promo-Video veröffentlicht, in dem der Panzer in einer winterlichen Landschaft zu sehen ist.

Die Fähigkeiten von Arena-M werden darin nicht vorgeführt. Dass das System installiert ist, ist anhand der zusätzlichen Kästen zu erkennen, die der T90-M am Turm hat. Insgesamt gibt es 12 Stück davon. Links und rechts sind je 2 vorne, 2 mittig und 2 hinten.

Arena-M: Eingeringelt sind die Radarmodule

Arena-M: Eingeringelt sind die Radarmodule

Diese Kästchen sind die Radarsender- und Radarempfängermodule. Damit wird konstant die Umgebung des Panzers nach Bedrohungen gescannt. Wird eine anfliegende Rakete, Granate oder Kamikaze-Drohne erkannt, wird automatisch die Abwehr in weniger als 0,07 Sekunden ausgelöst. Das System hat eine Falschalarm-Erkennung und löst etwa nicht aus, wenn mit Handfeuerwaffen auf den Panzer geschossen wird oder ein Vogel zu nahe vorbeifliegt.

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Anfliegende Raketen werden durch Splitterladung zerstört

Die Abwehr erfolgt mittels Sprengladungen, die im Turm untergebracht sind. Normalerweise hat das Vorgängermodell Arena 2x 16 Sprengladungen. Es ist wahrscheinlich, dass Arena-M beim T-90M dieselbe Menge an Sprengladungen hat, aber offiziell gibt es keine Bestätigung dafür.

Einzigartig am Arena-System ist, dass die Sprengladungen erst mittels Gasdruck nach oben geschleudert werden. Das geschieht, wenn sich das Ziel in etwa 10 Meter vom Panzer entfernt befindet. Die Sprengladung ist mit einem Draht mit dem Panzer verbunden und bekommt vom Arena-Computer das Signal zur Sprengung, wenn das Ziel 4 Meter entfernt ist.

Dabei wird die Wolframplatte in der Sprengladung in 400 Splitter zerlegt, die durch die Explosion dem Ziel mit einer Geschwindigkeit von bis zu 2.000 m/s entgegenfliegen, um es zu zerstören. Weil die gerichtete Sprengladung in Entfernung zum Panzer explodiert, besteht eine geringere Gefahr, dass dabei der Panzer selbst, bzw. wichtige Instrumente, wie Sensoren oder das Kamerasystem, beschädigt werden. Und weil die Ladung von schräg oben zündet, landen die Wolframsplitter im Boden. Das wiederum reduziert die Gefahr, dass Verbündete in der Nähe von den Splittern getroffen werden.

Beim israelischen Abwehrsystem Trophy ist das anders. Dort wird die Richtladung direkt am Panzer gezündet und die Splitter fliegen dem Ziel frontal entgegen.

Top Attacks als Schwachstelle

Sowohl Trophy als auch Arena haben eine Schwäche: Angriffe von oben (Top Attack). Dabei ist gerade die Oberseite von Panzern schwach geschützt. Das wird nicht erst seit dem Angriffskrieg gegen die Ukraine von Drohnenpiloten ausgenutzt. Viele aktuelle Panzerabwehrwaffen steigen vor dem Ziel auf, um es dann von oben zu treffen, wie etwa die FGM-148 Javelin.

Der israelische Rüstungskonzern Rafael hat vor etwa 3 Monaten verkündet, dass Trophy verbessert wird, um auch gegen Top Attacks wirkungsvoll zu sein. In einem Video wird gezeigt, dass damit Kamikaze-Drohnen zerstört werden:

Aktuell haben mehrere westliche Länder angekündigt, Trophy nutzen zu wollen. Dazu gehören die USA, Großbritannien und Deutschland. Deutschland hat kürzlich seinen ersten Leopard 2 A7A1 mit Trophy bekommen, das die Bundeswehr als einen „unsichtbaren Schutzschild“ beschreibt. Allerdings ist das noch die ältere Version. Das neue Trophy, das Top Attacks abwehren kann, soll erst beim Leopard 2 A8 Einzug halten.

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Leopard 2 A7A1

Leopard 2 A7A1

Noch keine Kampferfahrung mit Arena-M

Gerüchten zufolge soll Arena-M ebenfalls gegen Top Attacks schützen, was aber von Rüstungsexperten bezweifelt wird. Zu den Verbesserungen gegenüber Arena gehören die Radarsensoren statt ein Radarturm, das Erfassen und Bekämpfen mehrerer Ziele gleichzeitig, eine geringe Störungsanfälligkeit und schnellere Reaktionszeit.

Generell ist weder Arena noch Arena-M derzeit kampferprobt. Arena wurde nur in geringer Stückzahl zu Testzwecken produziert. Arena-M wurde bisher noch nicht offiziell eingeführt. Der T-90M ist der erste russische Panzer, der in großer Stückzahl damit ausgestattet werden soll und vermutlich im Krieg gegen die Ukraine eingesetzt wird.

Weitere Schutzmaßnahmen des T-90M

Auch wenn solche APS (Active Protection System) als „Schutzschild“ bezeichnet und von Rüstungskonzernen als „hoch effektiv gegen Bedrohungen“ gelobt werden, sind sie nicht unüberwindbar. Je nach System wird die Chance auf eine erfolgreiche Abwehr eines Projektils mit 55 bis über 90 Prozent angegeben.

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Mehrere schnelle oder konstante Angriffe, elektronische Kriegsführung um Sensoren zu blockieren und moderne, mehrstufige Munition können APS überwinden. Daher haben moderne Kampfpanzer einen zusätzlichen Schutz: Reaktivpanzerung (ERA). Auch beim T-90M im Video ist die am Turm und der Wanne zu sehen. Diese Sprengladungen explodieren, wenn ein Geschoss auf sie trifft. Dadurch soll deren Wucht reduziert werden, damit die eigentliche Panzerung hinter der Reaktivpanzerung nicht durchschlagen wird.

Auffällig ist beim T-90M noch, dass er einen Kettenschutz rund um den Turm hat. Dieser soll verhindern, dass Projektile und Drohnen zwischen Turm und Wanne fliegen und dort explodieren. Hier gibt es nämlich keine Reaktivpanzerung und eine Beschädigung könnte den Turm bewegungsunfähig machen, was die Kampfkraft des Panzers stark einschränkt.

Israel nutzt einen ähnlichen Schutz bei seinen Merkava-Kampfpanzern seit Jahren, allerdings nur auf der Rückseite des Turms und nicht rundherum.

Merkava tanks near the Israel-Gaza border, during a temporary truce between Hamas and Israel

Kettenschutz an der Rückseite des Turms eines Merkava

Spannend wird noch zu sehen, ob der T-90M mit Arena-M einen Cope Cage bekommen wird, so wie andere T-90M in der Ukraine. Solche Gitteraufbauten sollen Drohnenangriffe abschwächen, bzw. verhindern, dass die von oben Sprengkörper auf den Turm oder gar in eine offene Luke werfen. Der Cope Cage müsste sehr präzise angepasst sein, damit er nicht das Ausstoßen der Sprengladungen von Arena-M blockiert.

Russlands modernster Kampfpanzer

Der T-90M braucht jedenfalls aus russischer Sicht jeden Schutz, den er bekommen kann. Laut der Organisation Oryx wurde bisher der Verlust von 124 Stück im Angriffskrieg gegen die Ukraine visuell bestätigt – die Dunkelziffer dürfte weit größer sein.

Der T-90M ist aktuell Russlands modernster Kampfpanzer im Einsatz. Er wird seit 2019 genutzt und ist eine Weiterentwicklung des T-90 (seit 1992), der wiederum auf dem T-72 (1973) basiert. Der T-90M hat gegenüber dem T-90 eine verbesserte Turmpanzerung und ein neues Feuerleitsystem. Am Turm befindet sich ein ferngesteuertes Maschinengewehr 12,7mm Kord – das heißt es muss niemand von der Besatzung die Luke öffnen und das MG händisch bedienen, wenn es nötig ist.

Er nutzt die aktuelle Reaktivpanzerung Relikt und hat generell eine verstärkte Panzerung vorne und hinten. Der neue Motor hat 1.130 PS. Der Autolader im Turm für die 125mm-Kanone wurde angepasst, um mit moderner, stärkerer Munition umgehen zu können, die etwas länger als die bisher genutzte Munition ist.

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Munition, die nicht im Autolader ist, wurde in den hinteren Teil des Turms verlegt. Dort gibt es Blowout-Ventile. Sollte die Munition zünden, nachdem der Panzer getroffen wird, kann das explosionsartige Abbrennen so nach außen geleitet werden und gibt der Besatzung eine Chance zu flüchten.

T-14 Armata soll T-90M ablösen

Der Nachfolger des T-90M soll der T-14 Armata werden. Dieser wird derzeit in geringer Stückzahl produziert uns soll laut Insidern bei der russischen Armee noch etliche technische Probleme haben. Angeblich wurde er in der Ukraine eingesetzt und wieder abgezogen.

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Beweise dafür gibt es aber nicht. Derzeit geht man davon aus, dass der T-14 nie in der Ukraine war, weil das Risiko einer Zerstörung viel zu hoch ist. Das würde nämlich so gar nicht in die russische Propaganda passen, die den T-14 als modernsten Panzer der Welt feiert, der allen westlichen Kampfpanzern überlegen ist.

Tatsächlich ist der T-14, sofern er wirklich in Dienst gestellt wurde, der erste bei einer Armee eingeführte Kampfpanzer mit einem unbemannten Turm. Dabei sitzt die komplette Besatzung in der Wanne. Das erhöht den Schutz für die Soldaten und ermöglicht den Turm kompakter zu bauen.

Das erfordert aber einen hohen Grad der Technologisierung, was wiederum die Fehleranfälligkeit erhöht, falls die entsprechende Technologie nicht zur Verfügung steht oder nicht korrekt eingesetzt wird. Unbemannte Türme gelten jedenfalls als die Zukunft der Kampfpanzer. Die USA erwägen diese Bauart für den nächsten Abrams, in Europa gibt es mit dem KF51-U Panther und Leopard 2 A-RC 3.0 entsprechende Konzepte.

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Afganit als Nachfolger für Arena-M

Abgesehen vom unbemannten Turm soll der T-14 mit APS Afganit ein weiteres Feature haben, das so bei westlichen Panzern noch nicht zur Standardausrüstung gehört. Dieses soll der Nachfolger von Arena-M sein. Es nutzt ein AESA-Radar, was das Aufspüren von Projektilen verbessert. Außerdem soll es wirklich Top Attacks abwehren können – was aber bisher nicht öffentlich präsentiert wurde.

Afganit soll zudem automatisch Soft-Kill-Maßnahmen einsetzen. Dazu gehört das Blenden von Infratot- und Lasersuchköpfen und das Abfeuern von Nebelkartuschen und Täuschkörpern. Durch die Kombination aus Soft-Kill-Maßnahmen und dem tatsächlichen Zerstören von heranfliegenden Geschossen, soll die Überlebensfähigkeit des T-14 gesteigert werden.

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Gregor Gruber

Testet am liebsten Videospiele und Hardware, vom Kopfhörer über Smartphones und Kameras bis zum 8K-TV.

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