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Meinung

Es muss nicht jedes Jahr ein neues Smartphone sein

Wir sollten uns verstärkt mit unserem Konsumverhalten und den damit verbundenen Folgen für unseren Planeten auseinandersetzen

Mit einem Klick können wir alles kaufen, was wir wollen. Klick, Smartphone. Klick, Notebook. Klick, Auto. Daran haben wir uns gewöhnt und das gefällt uns (zumindest mir) eigentlich ganz gut. 2020 wurden weltweit 1,28 Milliarden Handys verkauft. Das ist ein Rückgang (!) von 6,7 Prozent zum Vorjahr. 

Die Altgeräte landen auf dem enormen Berg an Elektroschrott. 2019 laut Global E-Waste Monitor 2020 waren das gruselige 53,6 Millionen Tonnen. Das ist viel Müll - aber liegt ja nicht bei uns, also kauft man weiter. Dass das nicht so sein müsste, der Berg jedes Jahr größer wird und man mit wehenden Fahnen ins Desaster marschiert, sollte auf der Hand liegen.

Wo ist meine PlayStation?

Dann kam die Pandemie und sorgte dafür, dass bei höherer Nachfrage weniger Chipsätze zur Verfügung stehen, um den Bedarf der Konsument*innen zu decken. Plötzlich klappt das nicht mehr mit dem schnellen Klick: PS5, Xbox Series X und in Zukunft wohl auch SmartphonesWaschmaschinen und Autos sind wenn überhaupt schlechter verfügbar und wahrscheinlich teurer als bisher.

Prognosen zufolge wird sich das auch bis 2023 nicht erholen. Firmen wie Apple, SamsungAudi und Ford arbeiten daran, das mit so wenig Verlust wie möglich zu überstehen. Für Smartphones gibt es derzeit zwar noch ein Chip-Polster. Ob das bei der weiterhin hohen Nachfrage so bleibt, ist fraglich. Währenddessen lauern auch Monate nach dem Konsolenlaunch noch Menschen mit schwitzigen Fingern vor dem Computer, um vielleicht doch noch eine PS5 zu ergattern, während das schon vor Wochen bestellte iPad immer noch nicht da ist.

Neuer, schöner, besser

Das ist nicht nur schlecht. Ja, alle arbeiten gerade auf Hochtouren daran, die Chip-Industrie umzukrempeln und in Zukunft noch mehr produzieren zu können. Woran man aber eigentlich arbeiten sollte, hat IBM-Präsident Jim Whitehurst unlängst gesagt: „Wir müssen uns mit der Wiederverwendung, der Verlängerung der Lebensdauer bestimmter Arten von Computertechnologien […] befassen“. Das ist doch mal ein Vorschlag. 

Natürlich denke auch ich mir 2 Monate nach jedem Neukauf, ich hätte vielleicht doch auf das neue Modell warten sollen. Aber es wird immer ein neues Modell geben. Wenn wir ehrlich sind, braucht niemand jedes Jahr ein semi-inspiriertes neues Smartphone, Tablet oder einen 1 Zoll größeren TV auf dem Markt. Wenn dieses Jahr kein neues iPhone oder Samsung Galaxy kommt, würde das vielleicht gar niemand merken. Es würde auch niemand weinend feststellen, dass das 1.500-Euro-Vorjahresgerät jetzt schon viel zu alt ist, um es zu benutzen.

Weniger Konsum, mehr Umwelt

Mein zugegeben utopischer Wunsch wäre es daher, dass wir alle zusammen die Chipknappheit als Chance sehen, uns mit unserem Konsumverhalten und den damit verbundenen Folgen für unseren Planeten auseinanderzusetzen. Ich erinnere mich gern an die Zeit des unzerstörbaren Nokia 3310 zurück, das auch 3 Tage Festival zwischen 40 Grad im Schatten und Schlammbad in der Menge einfach so weggesteckt hat. Und Batterie war auch vorhanden. 

Wann haben wir denn entschieden, dass uns sowas gar nicht mehr interessiert und wir lieber alle zwei Jahre ein paar 100 Euro bezahlen, weil der Akku vom Smartphone keinen ganzen Tag mehr hält? Oder dass das neue Modell jetzt eine Kamera mehr hat, die wir dann einmal und nie wieder benutzen? Beim Recht auf Reparierbarkeit müssen wir uns auf die EU verlassen. Bei der Frage, ob wir das neue Gerät jetzt wirklich brauchen, nur auf uns selbst. Ich nehme mir vor, sie mir immer häufiger zu stellen, damit der Elektro-Schrotthaufen ein kleines bisschen langsamer wächst.

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Franziska Bechtold

frau_grete

Liebt virtuelle Spielewelten, Gadgets, Wissenschaft und den Weltraum. Solange sie nicht selbst ins Weltall kann, flüchtet sie eben in Science Fiction.

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