Dem Kaufhaus Österreich wurde am 1. Juli der Stecker gezogen.

Dem Kaufhaus Österreich wurde am 1. Juli der Stecker gezogen.

© Kaufhaus Österreich

Produkte

Diese Tech-Produkte sind 2022 gestorben

Nicht jede Idee, jedes Gerät und jede Software lebt ewig - ganz im Gegenteil. In der schnelllebigen Techbranche werden jedes Jahr unzählige Produkte beerdigt. Auch 2022 war dabei keine Ausnahme. Hier gibt es einen Überblick über die wichtigsten Produkteinstellungen. 

Google als Totengräber

Einer der größten Totengräber in der Branche ist Google selbst. Der Internetriese hat im vergangenen Sommer die Videotelefonie-App Google Duo still und heimlich mit Google Meet verschmolzen. Duo war dabei nicht die einzige Google-App, die eingestellt wurde. Im November wurde etwa der Messaging-Dienst Google Hangouts abgedreht. Der Dienst lag bereits länger im Sterben und hätte bereits 2016 vom Dienst Allo abgelöst werden sollen. Google Allo floppte selbst und wurde 2019 eingestellt. 

Nicht überraschend kam das Ende von Google Stadia. Der Cloud-Gaming-Dienst konnte seit seiner Einführung im Jahr 2019 nicht genügend Nutzer*innen von sich überzeugen, Ende September wurde das Aus verkündet. Die Server werden schließlich am 18. Jänner 2023 abgedreht, bis dahin sollte der Großteil der Rückerstattungen abgeschlossen sein.

Ähnlich unbeliebt dürften auch die YouTube Originals gewesen sein. Die von YouTube produzierten Filme und Serien waren Teil des YouTube-Premium-Pakets, das auch YouTube Music und werbefreie Videos umfasst. Die “Karate Kid”-Fortsetzung und Hitserie “Cobra Kai” lebt jedoch auf Netflix weiter und ist dort mittlerweile in der 5. Staffel.

Hart dürfte YouTube-Fans auch das Aus der App Vanced getroffen haben. Mit der App konnten User*innen YouTube auch ohne Premium-Abo werbefrei konsumieren. Google dürfte dagegen rechtlich vorgegangen sein und soll mit Klagen gedroht haben, sollte Vanced noch weiter angeboten werden.

Letztes Stündlein für den Internet Explorer

Ein Stückchen Internetgeschichte ist Mitte Juni gestorben. Vor 27 Jahren brachte Microsoft den Internet Explorer auf den Markt - zu einem Zeitpunkt, an dem nur 0,4 Prozent der Weltbevölkerung das Internet nutzen. Der in die Jahre gekommene Browser hatte in den vergangenen Jahren keinen guten Stand, überlegene Konkurrenz und Sicherheitslücken machten sein Leben schwer. 

Nicht einmal Microsoft setzte weiter auf seinen Explorer und führte 2015 Microsoft Edge als Standardbrowser ein. Wer sich offiziell vom Internet Explorer verabschieden will, kann das auch am “Grab” in der südkoreanischen Stadt Gyeongju machen. Dort steht ein Grabstein mit der Inschrift: “17.8.1995-15.6.2022. Er war ein gutes Werkzeug, um andere Browser herunterzuladen”.

Apple stellte iPod ein

Sogar das “wertvollste Unternehmen der Welt” Apple ist ebenfalls nicht davon ausgenommen, nicht mehr wirtschaftliche Produkte einzustellen. Nach mehr als 20 Jahren traf es ausgerechnet den iPod. Das letzte verbliebene iPod Touch-Modell werde nur noch erhältlich sein, “so lange der Vorrat reicht”, gab das Unternehmen im Mai bekannt. Und auch das iPhone Mini ist ein Ladenhüter, weshalb heuer kein neues Modell vorgestellt wurde. Möglich ist es, dass auch künftig keine Mini-Modelle mehr angeboten werden.

Auch einigen Tech-Zombies - also Produkte, die mehr tot als lebendig sind - wurde 2022 der Garaus gemacht. Dazu zählt das Betriebssystem BlackBerry OS, dessen Support am 4. Jänner 2022 für immer eingestellt wurde. Die letzte Version des eigenen Betriebssystems wurde im April 2016 veröffentlicht, danach stieg man auf Android um. Die Geräte selbst konnte das nicht retten, 2020 kamen die letzten BlackBerry-Smartphones in den Verkauf.

StudiVZ zählt zu den Zombies unter den Social-Media-Plattformen. Das 2005 gegründete Studierendennetzwerk galt als deutsche Internet-Erfolgsgeschichte und hatte in seiner Hochzeit rund 16 Millionen Nutzer*innen. Doch Facebook erwies sich als übermächtiger Konkurrent, der Betreiber Poolworks meldete bereits 2017 Insolvenz an. Als im März auch noch der “russische Markt” wegbrach, war endgültig Schluss.

Gnadenstoß für das Kaufhaus Österreich

Mehr tot als lebendig war auch das Pannenprojekt Kaufhaus Österreich bei seiner Auflösung. Das Onlinehändler-Verzeichnis sollte eigentlich kleinen Online-Händlern während des Corona-Lockdowns Kund*innen bringen und folgte laut Wirtschaftsminister Martin Kocher immerhin einer “sehr guten Intention”. Diese reichte jedoch nicht, die Plattform schloss mit 1. Juli 2022. Damit ersparte man sich immerhin 2.200 Euro Instandhaltungskosten pro Monat, insgesamt soll die Seite 946.000 Euro gekostet haben. 

Digitalministerin Margarete Schramböck, die die Seite ins Leben gerufen hat, blieb übrigens erspart, das Kaufhaus Österreich selbst zu Grabe zu tragen. Die Tirolerin trat bereits im Mai als Ministerin zurück. Wie es sich für eine Digitalministerin gehört, verkündete sie ihren Rücktritt per Facebook-Video.

Ein weiteres Projekt “Made in Austria” hat das Jahr 2022 ebenfalls nicht überlebt: die Stopp-Corona-App. Die App wurde im März 2020 ins Leben gerufen und sollte ihre Nutzer*innen vor Kontakten mit Corona-positiven Menschen warnen.

Insgesamt wurde die App 1,6 Millionen Mal heruntergeladen, jedoch nur 17.000 Warnmeldungen verschickt - in Zeiten, als man mehr als 10.000 Neuinfektionen pro Tag zählte. Außerdem war die Entwicklung der App nicht billig, die Gesamtkosten beliefen sich auf 4 Millionen Euro. Umgerechnet ergibt das 235 Euro pro Warnung. Wohl auch ein Grund, wieso das Gesundheitsministerium keine Zuschüsse mehr bezahlen wollte.

Keine Tarife mit "Gratis-Streaming"

Ebenfalls auf Österreich bezog sich das Aus der Free-Streaming-Angebote von A1, Magenta und Drei. Damit ließen sich Streaming-Angebote nutzen, ohne das eigentliche Datenvolumen zu belasten. Das verstößt allerdings gegen die Netzneutralität, wie der Europäische Gerichtshof entschieden hat. Alle Internetdienste müssen demnach gleich behandelt, niemand dürfe bevorzugt werden. Streaming-Tarife werden demnach mit 31.12.2022 eingestellt.

Ein hartes Jahr war 2022 auch für Krypto- und NFT-Unternehmen. In die größte Pleite schlitterte wohl die Kryptobörse FTX, 10 Milliarden Dollar Schulden sollen sich dort angesammelt haben. Doch auch ganze Kryptowährungen sind 2022 eingegangen, wie etwa beim Terra-Crash im Mai. 30 Milliarden Dollar soll das gesamte Ökosystem rund um den Krypto-Token schwer gewesen sein. So ist es keine Überraschung, dass regelmäßig Meldungen von bankrotten Krypto-Minern mit Schulden in Millionen- und sogar Milliardenhöhe eintrudeln.

Eine einer Ära in Luft- und Raumfahrt

Ein außergewöhnliches Stück Technik ging außerdem kürzlich in den Ruhestand: der Mars-Lander “Insight”. Fast genau 3 Jahre nach seiner Landung auf dem Roten Planeten übermittelte er am 19. Dezember sein letztes Foto unseres galaktischen Nachbarn. Am 21. Dezember erklärte man die Mission für beendet. Die Solarzellen, die den stationären Lander mit Strom versorgen, seien zu stark verschmutzt.

Von Ende einer Ära spricht man auch bei Flugzeugbauer Boeing, denn im Dezember lief die letzte Boeing 747 vom Band. In mehr als 50 Jahren wurden mehr als 1.500 Stück des Jumbojets hergestellt. Für Boeing hat das Flugzeug keine große Bedeutung mehr: Es wurde zuletzt praktisch nur noch als Frachtmaschine gebaut. Als Ausnahme gilt die Sonderversion Air Force One - der US-Regierungsjet ist ebenfalls eine 747.

Wiederauferstehung des Jahres

2022 mussten wir allerdings nicht nur Abgänge beklagen, auch eine prominente Wiederauferstehung durften wir erleben. Eigentlich im Jahr 2013 eingestellt, wurde im Juli eine neue Version des kultigen Media-Players Winamp veröffentlicht. Die Oberfläche sieht dabei gleich aus wie vor 20 Jahren, der Player unterstützt aber neue Audio- und sogar Podcast-Formate

 

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Marcel Strobl

marcel_stro

Ich interessiere mich vor allem für Klima- und Wissenschaftsthemen. Aber auch das ein oder andere Gadget kann mich entzücken.

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